Den undankbaren Posten des Openers hatten an diesem Abend KYLESA aus Georgia. Die Band, die mit einer Frontfrau, die stimmlich gesehen ein Fass Whisky am Tag saufen muss, und zwei Drummern aufwarten konnte, hatten aber recht leichtes Spiel. Ihr Mix aus Sludge, Stoner-Rock und einem Hauch von Metal kam beim anwesenden Publikum ab der ersten Minute gut an. Bewegung war zwar Mangelware, was man aber bei der recht schleppenden Musik verstehen konnte. Die langsam im Takt nickenden Köpfe und gelegentlich in die Luft fliegenden Arme waren aber nicht zu übersehen. Die Band selber überzeugte nicht unbedingt durch Bewegung auf der Bühne, sondern alleine durch ihre Musik. Als Highlights kann man hier Running Red, Scapegoat und Said And Done ansehen. Letztendlich boten KYLESA eine gute Mixtur aus alten Songs und jenen vom neuen Album namens Static Tensions. Besonders hervorstechend waren die beiden Drummer die oftmals gekonnt synchron auf ihre Schießbuden einschlugen, es sich aber nicht nehmen ließen, ab und an auch versetzt zu spielen, was den Songs einen besonderen Touch verpasste. Knappe 45 Minuten und einige Songs später stieg der Großteil der Band von der Bühne und nur die beiden Drummer blieben noch zu einem eindrucksvollen Solo. Daraufhin folgte gebührender Applaus und die erste Show des Abends war überstanden. KYLESA überzeugten mit druckvollem Sound und auch wenn mir jemand von hinten ins Ohr brüllte, dass man die zwei Drummer absolut nicht raus hört, so kann ich das nicht bestätigen. Die Lautstärke war enorm und der Extradruck, der durch zwei Drumsets erzeugt wurde, sorgte für einige mulmige Momente in der Magengegend. Eine Band, die man auf jeden Fall im Auge behalten sollte.
Nach kurzer Erfrischungspause vor der Tür, sagte ein Kumpel zu mir: Alex, achte bei TORCHE unbedingt auf den, wie soll ich es nennen, braunen Ton! Mit großen Augen schaute ich ihn an und konnte mit dieser Beschreibung so absolut gar nichts anfangen. Egal, ich hatte schon viel von der Performance der Herren aus Atlanta gehört und war nun mehr als gespannt. Ich sollte nicht enttäuscht werden und wie man von Anfang an merkte, erfreuten sich auch TORCHE äußerster Beliebtheit. Bevor es anfing, trank Drummer Rick noch schnell mit ein paar Leuten ein Bierchen vor der Bühne, bevor er seinen Stuhl hinter dem Schlagzeug erklomm. Beachtlich war die positive Energie, die von dieser Band ausging, denn die ganze Zeit hatten die drei Musiker ein Grinsen auf dem Gesicht und interagierten gekonnt mit dem Publikum. Durch Songs des aktuellen Albums Meanderthal wirkte die Show von TORCHE anfangs sehr poppig, erzeugte aber immer genügend Druck durch die enorm tief gestimmten Gitarren. Die Leute waren außer sich vor Freude, tanzten umher und hatten sichtlich Spaß. Songs wie Across The Shields hatten an diesem Abend besonderen Hitfaktor. Die Band selber verausgabte sich auf der Bühne und zeitweise wurde das Geschehen auch auf die Tanzfläche verlegt. Das machte sich besonders bei Tarpit Carnivore bemerkbar, als Ricks Bruder die Band mit einer Tom Drum unterstütze, zuerst wie wild darauf rumschlug und dann mitsamt dem Instrument ins Publikum sprang, um von dort aus weiter zu machen. Und genau hier wurde mir klar, was mein Kumpel mit braunem Ton meinte. Die Gitarren wurden tiefer gestimmt denn je und der Sound wurde immer langsamer, alles verzerrte immer mehr und raus kamen lang gezogene, fast fremdartige Geräusche, die alles zum Beben brachten. Das Publikum verwandelte sich in eine Masse, welche nur noch da stand und schwerfällig mit dem Kopf nickte. Steve und Jonathan schlugen auf ihre Saiteninstrumente ein, während Rick sein gesamtes Drumset zerlegte und sein Bruder sich irgendwo auf dem Boden der Werkstatt räkelte. Ein perfekter Abgang dieser beeindruckenden Band, die hier und heute einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Verschwitzt machte man sich wieder auf, um auf dem Parkplatz ein wenig frische Luft zu schnappen. Vorher wurde aber noch ordentlich applaudiert und die sympathischen TORCHE wurden in den Feierabend entlassen. Ob jemand Ricks anfänglicher Frage nach Gras nachgekommen ist, wird fürs Erste unbeantwortet bleiben.
Und dann brach die Hölle aus. Ich würde behaupten, dass 90% der anwesenden Besucher COALESCE noch nie live gesehen habe, denn meines Wissen waren die Herren in ihrer Karriere noch nicht in Deutschland oder gar Europa unterwegs. Bevor es losgehen konnte, hörte ich noch drei Freunde sagen: Wir hauen ab, ist eh langweilig heute. Dafür hatte ich nicht mehr übrig, als ein müdes Lächeln und macht mich auf ins Getümmel. Man merkte, dass COALESCE heiß erwartet wurden und als die Jungs die Bühne erklommen, ging ein Raunen durch das Publikum. Nach kurzer Ansage legt man mit Comedians und Have Patience los und um die Zuschauer war es geschehen. COALESCE zogen einen sofort in ihren Bann, was vorrangig wohl an der Performance von Jes Steineger an der Gitarre lag. Alex, das erinnert mich an den Exorzismus der Emily Rose. Ich glaube der ist auch besessen! sagte meine Begleitung neben mir und ich konnte nicht mehr als ihr zustimmen. Der Kerl hatte einen Blick drauf, als wäre er in einer anderen Welt und auch seine Bewegungen ließen nichts anderes vermuten. Immer wieder frickelte er auf seinen Saiten herum, schlug teils einfach nur noch auf sein Instrument ein, schaffte es aber immer wieder den richtigen Ton dabei zu treffen eine Kunst für sich. Es folgten Songs, wie In My Wake, For My Own und Disgust For Details, bei denen sich die Band um Frontmann Sean Ingram immer mehr in Ekstase spielte. Es war anstrengend aber zugleich erfüllend COALESCE endlich einmal live auf der Bühne zu sehen. Wenn man glaubt, die Band sei auf Platte schon recht intensiv, so setzen sie auf den Planken mit Sicherheit noch einmal 100 Prozent oben drauf. Die Energie, die von der Band ausging, färbte auch auf das Publikum ab und spätestens bei You Can´t Kill Us All hielt es niemanden mehr auf seinem Platz. Alle strömten nach vorne, grölten den Text mit, Arme wurden in die Luft gejagt und ein armer Mensch sprang von der Bühne ins dunkle Nichts. Passiert ist ihm wohl nichts denn grinsend stand er auf und hüpfte weiter umher. Schön war an diesem Abend, dass ein Miteinander und kein Gegeneinander vorherrschte. Die Freude war allen anzumerken und so war auch das Kölner Publikum nach langer Zeit einmal wieder mehr als sympathisch. Nach vielen, vielen wunderbaren Songs und sehr sympathischen Ansagen nahm dann auch diese Show ein Ende und ganz nebenbei versprach Sean, dass nachdem man Ox aufgenommen hatte, keine Atempause gemacht wurde und schon 7 neue Songs für ein noch dieses Jahr erscheinendes Album geschrieben wurden. Man darf also gespannt sein und hoffen, dass COALESCE spätestens zum Ende des Jahres wieder nach Deutschland kommen. Wer sie dieses Mal verpasst hat, sollte sich dann darum bemühen, diese intensive Band einmal live zu erleben.
Fotos: Chris W.