Es ist verflucht kalt. Das Gesicht fällt einem vom Kopf, den Rest erledigt der Wind. Heute war schulfrei und dementsprechend entspannt geht es abends in Richtung Karoviertel und ins Knust. Zwei große Helden der Hamburger Szene geben sich dort heute abend bereits zum zweiten Mal in Folge das Mikro in die Hand. GISBERT ZU KNYPHAUSEN und NILS KOPPRUCH in einem Atemzug mit Band zu nennen. Man mache aus alten Singer/Songwritern Bands und das Knust ist zwei Abende hintereinander ausverkauft. Ginge wohl auch ohne Band, wäre aber wohl bei Weitem nicht so spektakulär.
Einlass also heute in der Passage am Heizpilz. Kurz vor Beginn des Konzerts steht man hinten wie in der Sardinenbüchse, direkt vor der Bühne ist aber noch Luft. NILS KOPPRUCH hat sich -gott sei dank- den Countrysound weitestgehend entledigt und geht nun mit Band Rhabarber pflanzen. Das knallt ganz gut in den Ohren am Anfang, doch zumindest ich werde mit dieser Stimmlage nicht warm. Die Band wechselt sich großartigst an den Intrumenten ab und man fühlt sich ein bisschen wie bei DEATH CAB FOR CUTIE. Irgendwie reicht es aber nicht für weitere großartige Vergleiche. Mir tut das ein bisschen leid, denn NILS hat bestimmt die ein oder andere spannende Geschichte zu erzählen, lullt die Aufmerksamkeit mit seinem etwas tranigen Gesang zu sehr ein... Anekdoten oder erläuternde Worte zu den Songs misst mensch.
GISBERT ZU KNYPHAUSEN lässt sich Zeit. Ein großartiger Changeover tut im Grunde nicht Not, da die Band zu großen Teilen die gleiche bleiben wird, aber vielleicht dient ja die ein oder andere Künstlerattitüde der Erhöhung der Spannung. Schulssendlich lässt es sich der Herr Knustbetreiber nicht nehmen, das Konzert mit ein paar netten Anekdötchen zu eröffnen und diesen großartigen Künstler zu preisen. Und so geht es dann auch weiter. GISBERT und seine Band bewegen sich zwischen flüchtigen, kaum greifbaren, leichten Sphären und lautem, voluminösen Krachen. Auf der Bühne ist noch einiges an Mehr möglich als auf einem Silberling. Offensichtlich hat man Spaß auf der Bühne. Das Zusammenspiel auf der Bühne soll nicht nur den Hörer, sondern alle Beteiligten erfreuen und das merkt man auch vor eben jener, wenn man zwischenzeitlich am liebsten die Ohren abschrauben möchte, damit sich die Mundwinkel am Hinterkopf die Hand geben können. Gespielt werden alte und neue Songs und auch noch so neue, dass sie noch nicht einmal offiziell veröffentlicht sind. Im April geht es ins Studio. Soviel zu den Geschichten zwischen den Songs. Und die anderen Geschichten schreiben die Songs. Hamburg ist heute gut erzogen, nimmt Musik und tanzt verhalten- es ist ja immer noch zu kalt zum rausgehen. Doch Sympathie braucht vielleicht auch einfach nicht immer die großartigsten Ausschweifungen. Es wird wirklich lang und wirklich spät, doch nicht müde. Hier zaubert jemand mit Band einen dieser guten Abende aus der Hosentasche und davon könnte man gerne mehr vertragen. Doch irgendwann ist auch der schönste Abend vorbei. GISBERT sagt "Tschüss!" und es ist nach zwei Zugaben zu schnell vorbei.
Draußen vor der Tür friert das Grinsen ein, aber das Gefühl im Bauch wirkt nach. Das ist schon eine knorke Type, dieser GISBERT. Und seine Band und die Musik ja sowiso.