30.10.2009: Isis, Kylesa - Köln - Essigfabrik

30.10.2009
 

 


ISIS live erleben zu dürfen, ist immer ein Erlebnis. Wenn sie dann noch in meiner Heimatstadt spielen, dann gibt es für mich persönlich eigentlich keinen Grund, da nicht hinzugehen. So geschehen auch am Freitag, den 30. November 2009. Einen Dämpfer hatte das Ganze jedoch von vorne herein: Der Veranstaltungsort. Die Essigfabrik ist hinreichend bekannt für ihren oftmals miesen Sound und so regierte von Anfang an die Angst, dass die auch an diesem Abend wieder so sein könnte. Bevor es aber los ging, traf man draußen einige bekannte Gesichter und auch der Merch-Stand und die daneben stehende belgische Distro luden zum Stöbern und massenweise Geld ausgeben ein.

Es dauerte dann auch nicht lange, bis man die ersten töne von KYLESA vernehmen konnte und dann war sie da, diese Bestätigung des unwohlen Gefühls. Schnell wurden die neu erworbenen Platten bezahlt und dann ging es durch den Vorhang in den Konzertraum. Da standen die Dame und die Herren, die in diesem Jahr mit ihrem Album „Static Tensions“ mächtig auf sich aufmerksam machten und spielten den ersten Songs ihres Sets. Die Musik von KYLESA ist geprägt durch einen ordentlichen Druck, der nicht zuletzt durch die zwei Drummer entsteht und den Wechselgesang von Weiblein und Männlein. Und dann war sie da, diese Bestätigung des vorab schon vorhandenen unwohlen Gefühls. Der Sound war eine Katastrophe, nur in den wenigsten Minuten war etwas von besagtem Druck zu spüren. Der Gesang war selten zu vernehmen und auch die Drums waren soundtechnisch nicht adäquat ausbalanciert. Nichtsdestotrotz legten KYLESA eine sehr gute Show hin, in der natürlich die Hits der neuen Platte wie „Scapegoat“, „Said And Done“ und „Running Red“ nicht fehlen durften. Das Publikum zeigte sich angetan von der Musik der Fünfers und nickte andächtig mit dem Kopf. Besonders hervorheben muss man trotz des traurigen Sounds die beiden Drummer, die sich alle Mühe gaben. Zwischen den Songs wurde man mit diversen Soli beglückt, welche von beachtlicher Qualität waren. Ebenfalls interessant dabei zu beobachten war die unterschiedliche Herangehensweise der beiden Schießbudenbesitzer. Während der eine ruhig auf seinem Stuhl saß, als würde ihn das alles nicht interessieren und sein Set so runter zockte, als würde er nie etwas anderes tun, legte sich sein Gegenüber mächtig ins Zeug. Hier wurden die Arme weit über dem Kopf gekreist, zeitweise im stehen gespielt und man merkte, dass er einfach in der Musik auflebte. Man sah ihm den Spaß an, den sicherlich auch sein Partner hatte und es war eine Freude den beiden zuzuschauen. Viel zu schnell ging die Zeit vorbei und KYLESA verließen unter dem ihnen gebührenden Applaus die Bühne. Zuletzt hatte ich sie im Sommer mit COALESCE in der Kölner Werkstatt gesehen und ich muss leider gestehen, dass sie mir damals wesentlich besser gefielen. Aber auch heute war ihre Show keinesfalls schlecht, viel wird wohl auch an besagtem schlechten Sound gelegen haben.

Die Angst, dass der Sound bei ISIS ebenfalls so miserabel sein würde, wuchs natürlich somit ins Unermessliche. Das stellte sich auch beim Gespräch mit weiteren Konzertbesuchern vor der Tür als allgemeiner Konsens heraus. Doch weit gefehlt. Wieder zurück in der Halle, wurde das Licht abgedunkelt und schimmerte nur noch in violetten, blauen und grünen Tönen. ISIS kündigten sich an und als sie die Bühne betraten, war der Jubel im Publikum groß. Jeder, der ISIS vorher schon einmal gesehen hat, kennt das Prozedere: Die Herren sind keine Freunde von großen Worten und so begann die Show sofort mit „Hall Of The Dead“ los. Die Panik vor dem Sound war von der ersten Sekunde an wie weg geblasen, denn die Band schien den Tonmann auf ihrer Seite zu haben. Die Lautstärke war angemessen und auch der nötige Druck bearbeitet den Magen der Zuhörer. Das hätte man sich auch bei KYLESA gewünscht. Schnell ging es weiter mit „Stone To Wake A Serpent“ und dann folgte das erste richtige Highlight für diesen Abend, wenn es die vorherigen songs nicht schon waren. „Dulcinea“, einer der stärksten Songs der Band, zu finden auf „In The Absence Of Truth“ sorgte auch beim letzten Zweifler im Raum für energisches Wackeln mit dem Fuß oder dem Kopf. Das Publikum erwies sich als recht ISIS-freundlich und sprach relativ wenig bis gar nicht während der Songs. Das machte die Atmosphäre, die die Jungs zu versprühen versuchten perfekt und ließ den Plan der Band aufgehen. Es gibt natürlich immer ein bis zwei Köpfe, die ein wenig aus der Reihe tanzen, diesen soll in diesem Review aber keine Beachtung geschenkt werden.

Die Waage zwischen alten und neuen Songs war gut ausbalanciert und so durfte man sich nach „20 Minutes / 40 Years“ auch schon an einem weiteren Klassiker erfreuen. „Backlit" vom „Panopticon“-Album konnte bei mir völlig zünden und ließ mich für einige Minuten in eine andere Welt entfliehen. Der wuchtige Sound, den ISIS zu der Zeit, als diese Platte erschien, noch innehatten überwältigte mich einmal mehr und ich hoffte, dass es noch mehrere ältere Stücke zu bestaunen geben würde. Meine Hoffnung sollten zuerst nicht erfüllt werden, denn zum Abschluss folgten mit „Ghost Key“ und „Threshold Of Transformation“ noch zwei Songs vom aktuellen Album. Letzterer ist wie gemacht für den Abschluss eines Live-Sets, hat er doch einen unglaublich epischen Endpart, weshalb er auch wohl „Wavering Radiant“ abschließt. Nach einem kurzen „Thank you!“ verließ man dann auch die Bühne. Dem Publikum gefiel, was es bis hierhin gesehen und gehört hat und so wurde lauthals nach einer Zugabe gerufen. Diese sollte es dann auch geben und schon bei den ersten Tönen wurden meine Knie schwach. Als Zugabe dienten an diesem Abend „Carry“ („Oceanic) und „Altered Course“, ein zehn-minütiges rein instrumental gehaltenes Epos. ISIS zelebrierten sich noch einmal selbst und mit ihnen tat es das Publikum. Besser hätten sie den Abend nicht beenden können, obwohl doch und zwar nur genau dadurch, dass sie endlich noch einmal meiner insgeheimen Bitte nachkommen würden und die 20-minütige Version von „Celestial (The Tower)“ spielen. Dazu kam es aber nicht und man konnte sich auch definitiv mit den dargebotenen Stücken zufrieden geben. Es folgte, was folgen muss: Tosender Applaus. Dann war der Abend auch schon wieder gelaufen und der Großteil des Publikums, welches nur in den höchsten tönen von diesem Konzert sprach, wird sich wohl auf die umliegenden Kölner Stadtbezirke verteilt haben um dem freitaglichen Partygenuss zu frönen. Für mich ging es nach Hause und ich kann wieder einmal nur meine eingangs aufgestellte These zitieren: ISIS live erleben zu dürfen, ist immer ein Erlebnis. Auch wenn es das Gerüchten nach in nächster Zeit wohl erst einmal nicht mehr geben wird. Wir dürfen gespannt sein.

Bilder Joe