Um kurz nach acht herrscht im Hafenklang noch gähnende Leere. Vereinzelt trudeln Menschen ein und fliehen vor dem typischen Hamburger Wetter draußen. Auffällig ist die Vielfältigkeit der Besucher: da steht das Punkermädchen neben einem Durchschnittsmann Mitte 50. Den "typischen" CIRCA SURVIVE Fan auszumachen fällt also schwer. Nach und nach füllt sich der Laden sodass bei FROM INDIAN LAKES, die ihr Set pünktlich um 21 Uhr starten rund 80 Leute vor der Bühne stehen. Die Band wurde vom Multiinstrumentalisten und Sänger Joey Vannucchi gegründet. Vorerst als Soloprojekt begann er in seinem Heimatort nahe des Yosemite Nationalparks Songs zu schreiben und holte sich später einige seiner Freunde zur Unterstützung dazu. Ihr aktuelles Album "Absent Sound" wurde Ende 2014 veröffentlicht. FROM INDIAN LAKES nehmen ihre Musik ernst, das wird direkt deutlich. Das erste markante Merkmal ist wohl Vannucchi's Stimme, glasklar und träumerisch. Doch auch seine Bandkollegen zeigen allerhand Können und sorgen dafür, dass ein stimmiges Bild entsteht. Oft passen Vorbands nicht ideal zum Hauptact des Abends, nicht so heute. Musikalisch sind FROM INDIAN LAKES und CIRCA SURVIVE ein perfektes Paket. Indie- und Postrocksounds mischen sich mit dem Gesang, mal kraftvoll dargeboten, mal fast nur gehaucht. Viele Tempowechsel und überraschende Übergänge machen den Auftritt von FROM INDIAN LAKES zu einem schönen Beginn eines hervorragenden Konzertes. Während sowohl Vannucchi als auch seine Bandkollegen während der Songs extrem konzentriert aussehen huscht in den Pausen immer wieder ein Grinsen über ihr Gesicht. Die Spielfreude und das extra auf Deutsch gelernte "Danke" wirken ehrlich und dankbar.
Nach 30 Minuten beendeen FROM INDIAN LAKES ihr Set und es folgt eine Umbaupause. Dafür, dass die komplette Backline umgebaut wurde, ging diese erstaunlich schnell, sodass CIRCA SURVIVE bereits um 21.55 Uhr auf der Bühne stehen. Anthony Green, der lange Zeit Probleme mit Drogen hatte sieht entspannt und zufrieden aus. Er begrüßt das Publikum, erzählt wie sehr sie sich freuen wieder in Deutschland zu sein und starten mit "Child of the Desert" in ihr Set. Und da ist sie, diese unvergleichliche Stimme von Anthony Green, auf die die Fans gerne fünf Jahre gewartet haben. Green singt mit einer solchen Stärke dass seine Halsschlagader manchmal so sehr hervortritt, dass man sich schon Sorgen um seine Gesundheit macht. Mühelos wechselt er in die ruhigeren Passagen. Immer wieder hält er sich in den Pausen zwischen den Texten die Hand vor den Mund, fast so als müsste er versuchen die Worte, die nur so aus ihm rausplatzen, aufzuhalten. "SCHEMA" vom 2014er Album "Descensus" wird genau so gut angenommen wie die älteren Songs "Glass Arrows" von "Blue Sky Noise" oder "Sharp Practice" von "Violent Waves". Für "Nesting Dolls" holen sich CIRCA SURVIVE Unterstützung von Joey Vannucchi und Tohm Ifergang. Zuerst steigt Vannucchi mit im Gesang ein, die Stimmen der beiden Sänger harmonieren extrem gut. Später gesellt sich Ifergan zu Drummer Steve Clifford um mit ihm zu Trommeln und auch Joey Vannucchi schlägt ordentlich auf eine Stand-Tom ein.
Zwischen den Songs bedankt sich Green immer wieder beim Publikum und macht ordentlich Scherze: ob nun die Aussage, wie gutaussehend doch die Jungs von FROM INDIAN LAKES sind, die er ca. 5 Mal wiederholte bis hin zu der Bitte an das Publikum als Applaus nicht zu klatschen sondern Hühnergackern nachzumachen war allerhand lustiges dabei. Während man CIRCA SURVIVE die Spielfreude sofort abnahm, war es bei Greens überschwänglicher Dankbarkeit (nach dem zweiten Song "ihr seid auf jeden Fall die beste Show die wir bisher in unserer Karriere in Deutschland gespielt haben") nicht ganz der Fall. Sollte dies etwa Ironie sein? Oder hatte der Sänger tatsächlich so gute Laune, dass er diese Show als die Beste bezeichnen würde? Solche Floskeln kennt man sonst von den großen Rockbands, dort ist einem klar dass sie jeden Abend sagen, dass das Publikum an diesem Tag das tollste sei. Bei Bands wie CIRCA SURVIVE erwartet man, dass solche Aussagen tatsächlich von Herzen kommen. Ob dies nun an diesem Abend so war, weiß wohl nur Green selbst. Nach genau einer Stunde kündigte Green den letzten Song an. Mit "Get Out" lieferten sie noch einmal gut ab und wurden lautstark vom Publikum unterstützt. Danach verließen die fünf die Bühne, auf eine Zugabe wartete man vergeblich. Doch was soll nach "Get Out" auch noch kommen?
CIRCA SURVIVE haben auch 2015 bewiesen, dass sie zwar aufgrund der sehr speziellen Stimme immer eine "Nischenband" bleiben werden, ihren Platz in der Rockszene jedoch verankert haben und live eine noch bessere, intensivere musikalische Leistung liefern als auf ihren Alben.
Setlist:
1. Child of the Desert
2. Schema
3. Glass Arrows
4. Holding Someone's Hair Back
5. In The Morning And Amazing...
6. Strange Terrain
7. Sharp Practice
8. Only The Sun
9. Greatest Lie
10. In Fear And Faith
11. The Difference Between Medicin And Poison Is The Dose
12. Nesting Dolls
13. Get Out