Es ist Ende Juli, die Festivalsaison ist in vollem Gange und die Arme schon etwas schwerer, von all den Festivalbändchen, die mittlerweile die Handgelenke der meisten Festivalbesucher schmücken. Für die Besucher des TREBUR OPEN AIRS kommt am letzten Juli-Wochenende ein weiteres dazu - auch für die die nur, wie wir, am dritten Tag (Sonntag) vor Ort sind.
Der erste Eindruck, vom Gelände vor Ort, ist durchweg positiv. Eine angrenzende Ackerfläche wurde zum Parkplatz umfunktioniert und bietet ausrechend, kostenlose Parkplätze für Tages-, Wochenend- und Campingbesucher. Der Weg zum Gelände ist kurz, die Ticketpreise fair und der Einlass geht schnell und dass obwohl man das Festival von 12:00 Uhr bis 15:00 Uhr kostenlos besuchen kann.
Das Schwimmbad, welches direkt neben den 2 Hauptbühnen- und dem Campinggelände liegt, gehört mit zum erweiterten Festivalgelände und kann von den Campern kostenlos mitgenutzt werden. Es gibt eine große Auswahl an vegetarischen, veganen, aber auch fleischigen Speisen, auch wenn diese, wie auf den meisten Festivals leider üblich, leicht überteuert sind.
Alles in Allem jedoch eine runde Sache, gut durchdacht und mit sehr viel Liebe zum Detail umgesetzt.
Doch nicht nur kulinarisch, auch musikalisch, gibt es am Sonntag einiges zu erleben. Während der Freitag und Samstag schon mit Bands wie THE SUBWAYS, FJORT oder JUPITER JONES zu bestechen wusste, stehen heute DIE ANTILOPEN GANG und BONAPARTE ganz oben auf dem Programm.
Los geht es allerdings mit den kleineren, unbekannteren, aber nicht unbedingt schlechteren Bands. Den Tag eröffnen darf ABSTRACT ARTIMUS aus Brooklyn, der dem kleinen TREBUR gleich etwas internationalen Flair einhaucht.
BAZOUKA GROOVE CLUB, die im Anschluss den Platz auf der gegenüberliegenden RADIO BOB!-Bühne einnehmen, kommen dagegen aus Deutschland (Marburg), singen auf Deutsch und setzen auf die gerade (in Deutschland) so angesagte Mischung aus Rap, Alternative, Rock, Pop und Indie. Rap trifft auf Gitarrensounds - KRAFTKLUB lassen grüßen. Für ihren ersten Festivalauftritt machen es die 5 Jungs allerdings überraschend gut und sorgen in der prallenden Mittagssonne sogar schon, erstaunlich früh, für die erste „Wall of Death“ des Tages. Respekt.
BOOTLECAP aus Schweden setzen weniger auf „Musik-für-die-breite-Masse“, sondern auf eine extrem wilde Mischung aus Rock’n’Roll, völliger Extase und Lärm, Lärm, Lärm und Lärm. Durchdrehen ist beinahe kein Ausdruck mehr für die dermaßen energiegeladene Live-Show der, komplett in Gelb gekleideten, Schweden. Zwischen Vollgas und Vollgas bleibt eben nur Vollgas. Krank, verrückt, voller Emotionen. Da wird es beinahe zur Nebensache wenn das Mikro in den Graben fällt, sich das Gitarrenkabel von der Gitarre löst oder der Gitarrengurt reist. Ist halt so. Normal. Hauptsache Lärm, Lärm, Lärm und eine fette Show. Alles dabei.
Einen grünen Faden gibt es an diesem Sonntag, musikalisch gesehen, nicht. Rap, Punk und Rock’n’Roll standen bis 16:00 Uhr schon auf dem Zeitplan und mit MAKIA kommen nun auch noch Reggea, Latin, Funk und Soul dazu. Klingt nach Urlaub und Strand, ist textlich jedoch (teilweise) etwas ernster. Dennoch,… die Leute bewegen sich, die Sonne scheint und das Urlaubsfeeling, was am nächsten Tag, vom lästigsten aller Tage, dem Montag, unterbrochen wird, hält Einzug.
RISING ANGER aus Wiesbaden begegnen dem zu Ende gehenden Wochenende dagegen mit Wut im Bauch. Denn welches Genre könnte besser auf Reggea, Funk und Soul folgen? Richtig, METALCOOORE! Schluss mit „Barfuß vor der Mainstage tanzen“, jetzt wird gepogt, gebrüllt und mit gefühlt. RISING ANGER geben von Anfang an die Marchrichtung vor und die heißt volle Fahrt voraus! Der Sänger macht es sich ab Mitte des Sets lieber im Publikum bequem und sucht den direkten Kontakt zum Publikum, während seine 4 Mitstreiter auf der Bühne alles geben. RISING ANGER reisen, zwischen all den Gute-Laune-Genres, einmal kurz die Bühne ab und bauen selbige wieder auf. Abrissparty.
Direkt im Anschluss betreten MASSENDEFEKT die Bühne. Deutschsprachiger Punkrock. Punkt. Seit 15 Jahren besteht die Band von Alexander Wolfart, Mike Duda, Claus Puetz und Sebastian Beyer mittlerweile und genau so viel, wie es die Zahl vermuten lässt, sind MASSENDEFEKT auch schon rumgekommen. Die Männer spielen ihr Set, welches mit einigen Covern gespickt ist, locker, unaufgeregt und ohne große Schwankungen, weder nach oben oder nach unten, souverän herunter. Passt alles.
Welches Genre fehlt jetzt noch, auf dem TREBUR OPEN AIR? Indie! Dafür sorgen Ex-„BLIND FREDDY“, jetzt KYTES mit jeder Menge Schmuse-Pop-Indie-Songs. Kommen aus Deutschland, klingen allerdings viel mehr nach Groß Britannien, England oder sonstigem Internationalem Gewässer. Gut so!
Im Anschluss geht es mit der ANTILOPEN GANG langsam aber sicher schon in Richtung Zielgerade. DIE ANTILOPEN GANG, die wahrscheinlich punkigste Rap-Kombo in Deutschland, diesmal mit TURBOSTAAT (Danger Dan) und MANN KACKT SICH IN DIE HOSE (Panik Panzer) T-Shirts, gibt sich gewohnt gut gelaunt und selbstironisch und sorgt mit flapsigen Ansprachen für den nötigen Humor zwischen den Liedern. Die Setlist an sich ist eine bunte Mixtur aus 7 Jahren Bandgeschichte. Neben neuen Liedern, des zuletzt veröffentlichten „Abwasser“ Mixtapes, finden sich auch viele alte Songs u.a. vom „Aschenbecher“-Album, welches DANGER DAN zusammen mit NMZS 2012 veröffentlichte, auf selbiger wieder. Im direkten Vergleich mit der Setlist des VOLCANO FESTIVALs (zu Beginn des Monats) wurde die Setlist komplett überarbeitet und statt zu viel neuem Kram, einiges mehr an alten Songs mit aufgenommen. Mit „Fick die Uni“ und einer, sich über das gesamte Festivalgeände erstreckenden, nicht mit der vom Morgen zu vergleichenden, Wall of Death endet das wirklich gute Set der 3 Düsseldorfer.
Auf der gegenüberliegenden Bühne haben es ELFMORGEN, die Headliner der Herzen, (wieder einmal) nicht schwer. Das Publikum liegt der Haus und Hof Band des TREBUR OPEN AIRS von Lied Nummer 1 an zu Füßen. Es gibt eine „Schuppkarren“-Wall of Death, die Securitys werden zum stagediven geschickt und das harte Leben ohne Oberlippenbart besungen. ELFMORGEN gehören einfach zum TREBUR OPEN AIR, wie das TREBUR OPEN AIR zu ELFMORGEN und verteilen bei ihrem Auftritt nicht nur jede Menge Spaß, sondern auch jede Menge Haselnussschnaps. Prost.
Und den kann man bei der, immer etwas zwischen Genie und Wahnsinn schwankenden, Show von BONAPARTE sehr gut gebrauchen. Tobias Jundt hat (mal wieder) seine komplette Band ausgetaucht und geht mit 2 Schlagzeugern, dafür ohne zweiten Gitarristen bzw. überhaupt einem Bassisten an den Start. Und dennoch liefern BONAPARTE wieder eine fulminante Show mitjeder Menge Hits und viel, viel nackter Haut. Irgendwo zwischen Zirkus, Theater, Anarchie und Live-Konzert. Wie immer und doch immer wieder neu, überraschend und aufregend. Auf der Bühne, neben der Bühne, vor der Bühne – alle stehen Kopf und sorgen somit für einen passenden Festival-Abschluss.
Das TREBUR OPEN AIR ist ein schönes, kleines Festival mit einem tollen, musikalischen Stilmix, guter Organisationen und einigen schönen Extras, wie dem angrenzenden Schwimmbad. Familiär, herzlichen und bis oben hin vollgepackt mit Liebe. Genau solche Festivals braucht man!