An einem verregneten Sonntagabend im November geht es mit vorsichtigen, Pfützen ausweichenden Schritten in die Columbiahalle. ROYAL BLOOD, das senkrechtstartende Stadionrock-Duo aus England sind auf Headliner-Tour für ihr zweites Album „How Did We Get So Dark?“. Als Mitglied einer 2-Mann-Rockcombo bin ich immer besonders daran interessiert zu sehen, wie sich die begrenzten Mittel maximal ausreizen lassen. Als Support stehen BLACK HONEY auf dem Plakat.
Der herzliche Empfang am Einlass taut die sonntägliche Stimmung ein wenig auf. Ein Blick auf die schier unendliche Garderobenschlange lenkt meinen Weg vorerst in Richtung Getränkeausschank. Pünktlich um 20 Uhr stehen BLACK HONEY auf der Bühne. Zunächst entsteht der Eindruck, das Schlagzeug könnte vom Band kommen. Der Aufstieg auf den Rang löst das Mysterium auf, als die Hände des Drummers hinter Verstärker- und Boxentürmen fuchtelnd hervor- und wieder auf und abtauchen. Izzy B. Phillips 50er-Jahre-Stimme erinnert an THE ASTEROIDS GALAXY TOUR und ertönt glasklar durch die förmlich gefüllte Halle. Während die ersten Stücke geradeaus nach einer Kreuzung aus OASIS und THE DURANGO RIOT klingen, nimmt das 30-minütige Set gegen Ende einen geheimnisvollen Lauf mit Westerneinschlag und reichlich Vibrato-Gitarren. Dem Publikum gefällt dies, sodass auch die Klatscheinlage mit Beteiligung der Menge vor der Bühne nahtlos und alles andere als peinlich gelingt.
Ich nutze die halbstündige Umbaupause und die entspannte Garderobensituation, um meine durchnässte Jacke abzugeben. Pünktlich um 21 Uhr gehen die Lichter der Columbiahalle aus und die Bühne wird nicht etwa von zwei, sondern von vier Menschen betreten. ROYAL BLOOD haben sich also Verstärkung in Form von zwei Backgroundsängerinnen geholt, welche auf einem mittig platzierten Podest ihre Position einnehmen. Während die Menge bereits mit dem Einsatz der ersten Töne von „How Did We Get So Dark?“ tobt und alle Musiker_innen eine tadellose und routinierte Performance ablegen, ist die Tonqualität nahezu desaströs. Bedauerlicherweise feuert die Bassgitarre rücksichtlos aus der Anlage und bügelt selbst das brachial gespielte Schlagzeug, geschweige denn den harmonischen Gesang der Sängerinnen nieder. Auch ein Gang durch die Halle kann diesen enttäuschenden Ersteindruck nicht ausmerzen. Glücklicherweise gewöhnen sich meine Ohren nach „Where Are You Now?“ und „Lights Out“ einigermaßen an die Klangcharakteristik und mich tröstet ein Blick in die jubelnde Menge.
Ebenso wird mir klar, wie wichtig es für die zwei an Schlagzeug und Mikrofonständer gebundenen Musiker ist, durch gute Songs und einen fetten Sound zu überzeugen. Verstärkt durch das intensive Geschalte am Pedalboard, bleibt nicht viel Raum für eine ausgiebige und dynamische Bühnenshow. Die Verstärkung an den Vocals hat die Bühne nach dem ersten Song verlassen, obwohl „Where Are You Now?“ diese hätte vertragen können. Da bleibt der Instrumentenwechsel von einem Song zum nächsten möglicherweise die einzige Option.
Nach etwa 15 Minuten ertönt einer der Vorboten des neuen Albums – „I Only Lie When I Love You“ und dieser kommt beim Publikum besonders gut an. Die Werke des aktuellen scheinen frischer in den Ohren des Publikums zu klingen. Mit „She’s Creeping“ überzeugt Sänger Kerr auch mit seinen Kopfstimmen-Skills.
Die im Hintergrund leicht schräg angeordnete Lichtmatrix erstrahlt nun im warmen Orange und Sänger Mike Kerr bedankt sich an diesem Punkt des Abends für die ebenso warme Aufnahme und Unterstützung des Berliner Publikums. Unterstrichen wird diese Wertschätzung durch den Headbanger „Little Monster“ des Erstwerks „Royal Blood“, gefolgt vom ebenso vorwärts pressenden Neuling „Hook, Line & Sinker“. Nach 35 Minuten wird die Bühne verdunkelt, was die Vermutung eines protokollarischen 70-minütigen Sets vermuten lässt. Die Pause wird von den Anwesenden mit andauerndem Applaus überbrückt.
Für „Hole In Your Hearst“ schiebt ein Roadie den Synthesizer und Keyboard hinter der Verstärkerwand hervor. Die stark an QUEENS OF THE STONE AGE erinnernde Nummer geht in die Beine und kommt besonders gut an. Es folgen „Blood Hands”, “Don't Tell”, “Sleep”, “Hole in Your Heart” und ein sehr starkes “Loose Change”. Ein Song auf den nächsten – ohne große Zwischenreden. Bassist und Sänger Kerr sorgt für etwas Rock-Appeal dank einhändigem Bassspiel und nutzt die wenigen Räume ohne Gesang, um auf der Bühne auf und ab zu tänzeln.
Nach 60 Minuten ertönt “Figure It Out” – eines der eingängigsten und prägendsten Stücke des Debütalbums „Royal Blood“. Die Akkordarbeit von Schlagzeug und Bass ist live umso brachialer und durchsetzungskräftig. Mit „Ten Tonne Skeleton“ verabschieden sich ROYAL BLOOD gewohnt wortkarg.
Ihre erste Visitenkarte “Out Of The Black”, die damals auch mich auf sie aufmerksam machte, hebt sich das Duo fürs Ende auf. Der Song ertönt in Antwort auf die jubelnden Zugaberufe und auch in der hintersten Reihe des Rangs werden alle von der Wucht und Stimmigkeit der Engländer in Bann gezogen. „Out Of The Black“ nutzt Bassist Kerr für ein extensives Solo, während Drummer Thatcher sich ein letztes Päuschen gönnt. Es entsteht der Eindruck, dass viele Gäste dieser Extended Version noch den ganzen Abend zuhören könnten. Doch ROYAL BLOOD sind für diesen Abend im Ziel eingetroffen und haben alles gegeben. Sie zeigen, dass gute Songs das wichtigste sind und 2 Musiker auch auf großen Bühnen mächtig und brachial ertönen können.