Depressiv - Hip - Beides - oder einfach beliebig?

17.05.2010
 

 

Also Kids, ich freue mich ja tierisch für Euch, dass Horizonte erweitert werden. Beispielsweise mit Bands wie JOY DIVISION oder MORRISSEY bzw. THE SMITHS. Sind ja auch beides Bands, die durchaus Kultstatus genießen und vor allem sollte jeder Mensch mal was von jenen gehört haben. Aber – müsst Ihr das direkt so unglaublich plakativ und vordergründig abziehen? Mal ehrlich: Surft man nur mehrere Stunden auf Last.FM, diesem Social Network, welches anzeigt, wer gerade was hört und wie oft und bla bla bla, dann stellt man je nachdem ganz fantastische Dinge fest. Beispielsweise sind jene Kids, die generell angesagte Hardcore-Bands wie RUINER, HAVE HEART, MODERN LIFE IS WAR etc. in die Tausenden scrobbeln, auch die, die gleichzeitig auch einen unfassbar guten HC-Geschmack an den Tag legen. Dabei aber stets bedacht: Der Behalt des eigenen Individuums. So ist es ja derzeit total angesagt, „depressiven“ Hardcore zu hören, oder auch durchgeknallten Brutalo-Punk,wie eben den von TRASH TALK. Hat man nur ein Profil entdeckt, welches beispielsweise TRASH TALK an die 2.000 Mal angehört hat, hat man gleich so ein Nest entdeckt. Marginale Unterschiede von vll. 100-200 Plays lassen sich feststellen, ansonsten identisch. Aber wer so richtig krass sein möchte, der hat zwischen all diesen Bands auch immer mal oben erwähnte JOY DIVISION oder MORRISSEY aufblitzen. Zeigt erstmal, dass der Horizont ganz schon weit aufgerissen ist, zweitens aber auch, dass man die Depression schleichend auch im Post-Punk von einst sucht. Macht man sich dann aber die Mühe und checkt mal, wer von jenen Leuten wirklich einen erweiterten Horizont hat oder nur vorgibt, so ist das schnell ernüchternd. Denn mit jenen drei Bands und Künstlern ist schon der Punkt erreicht, an dem man seinen Horizont erweiterte. Wer Interesse an JOY DIVISION hat, der sollte zumindest mal die frühen Werke von NEW ORDER gescheckt haben, wer Interesse an THE SMITHS bzw. MORRISSEY hat, der sollte auch zumindest mal die Nebenprojekte der Bandmember auschecken. Wer insgesamt interessiert ist an „depressiver“ (Ist Euch eigentlich bewusst, dass das eine furchtbare Krankheit ist und kein ultra-hipper Musikstil??), also dunkler, Musik, der checkt auch gerne mal andere Dinge aus den frühern 80ern aus. Beispielsweise erwähnten Post-Punk. Aber da liegt das Problem – viele bekommen den Kram ja vorgekaut. JOY DIVISION sind sicherlich erst so beliebt, seit der Film „Control“ damals durch die Kinos zog. Natürlich schön, dass die Aufmerksamkeit auf eine so geniale Band fiel und sie nicht in Vergessenheit geriet, aber muss man sie deshalb komplett glorifizieren? Hier hört man „beeinflusst von JOY DIVISION“ und dort „für Freunde von JOY DIVISION“ und im Endeffekt – Keine Spur von JOY DIVISION. Aber diese ultrahippe Depri-Schiene scheint in Curtis und Co. seine Helden gefunden zu haben. So covern CARPATHIAN auf ihrer letzten Tour sogar einen Song, im Publikum kennt ihn natürlich keine Sau, obwohl sie so angesagt ist in der Szene. Eine Band wie MORE THAN LIFE packt sich Ian Curtis auf ihre T-Shirts und vergisst total zu erläutern warum? Ich sage: Weil Ian Curtis inzwischen ein Idol in der Szene ist und er sich verkauft. Das Ergebnis ist natürlich eingetroffen: Die MTL-Shirts mit Curtis auf dem Front-Druck sind restlos ausverkauft. Während einer Show von POLAR BEAR CLUB steht ein zierliches Mädchen in der ersten Reihe. Eine Feel-Good Show. Ganz eindeutig. Was trägt sie neben ihrer gelangweilten Fresse die sagt: „Mir geht es schlechter als Euch?“? Natürlich – ein gefälschtes JOY DIVISION T-Shirt. Es ist immer wieder auffallend, wie sehr solche Bands gehypt werden, wenn sich ein gewisses Szenario zutrug. Beispielsweise spielten DEFEATER und Co. in der Bochumer Matrix. MORE THAN LIFE (mal wieder) spielen als Intro den Song, der wohl der Namensgeber für ihren Bandnamen herhielt. Er ist von? Klar - MORRISSEY. Und heute? Facebook-Meldungen mit dem Song im Status, Profilbild-Änderungen und spontane Hilfeschreie derer, die wissen wollten, welcher Klassiker das denn nun war.

Na klar, ich gebe Euch Recht. Das liest sich jetzt mal wieder so nach dem Motto, „Ich, ich bin ja viel geiler als ihr weil ich kenne diese und jene Band“. Aber so soll es ja gar nicht gemeint sein. Jemand wie MORRISSEY passt ja sehr gut mit seiner (Bi)Sexualität und dem veganen Lebensstil sehr gut in den Hardcore. Auch Ian Curtis, weil, wie erwähnt, er war ja depressiv.. Aber bevor man Bands aus vergangenen Dekaden blind und ohne einen Blick nach rechts und links so abfeiert, sollte man erstmal schauen was man dort so abfeiert. Ansonsten wirkt der Gestus von „open-minded“ eher wie erzwungen und aufgesetzt, statt ehrlich und wirklich interessiert. Und interessiert wollt ihr doch sein.