Interview mit Adrian Reinboth von DISTANCE IN EMBRACE

10.10.2016
 

 

1.    Hallo Adrian. Schön, mal wieder von DISTANCE TO EMBRACE zu hören. Was habt ihr so seit eurem letzten Lebenszeichen „The Best Is Yet To Come!“ getrieben?
Ich würde es mal so bezeichnen: Wir haben ein bürgerliches Leben gelebt. Drei von uns sind mittlerweile verheiratet und zwei von uns sind Väter geworden, Niko sogar bereits zweifacher Vater. Wir haben alle feste Jobs und sind dort alle mehr oder weniger stark eingespannt.

2.    Wie kommt es, dass euer neues Album „The Worst Is Over Now“ nur 6 Songs enthält? Sind euch die Ideen ausgegangen, handelt es sich um eine EP oder liegt die Würze in der Kürze?
Es ist tatsächlich von vornherein als eine EP gedacht gewesen, die an unsere letzte Platte „The Best Is Yet To Come“ – die ja auch schon eine EP war – anknüpft. Nach dem Motto: Lieber etwas weniger Songs, die dafür aber alle knallen.
 
3.    Bevor ich zum neuen Album komme gestatte mir eine Frage zur Bandhistorie: Es gibt euch schon eine gefühlte Ewigkeit. Wie hat sich die „Szene“ in deinen Augen verändert? Was findest du heute besser, was war früher angenehmer?
Schwer zu sagen. Ich glaube das Punk und Hardcore in letzter Zeit wieder etwas politischer geworden ist. Vielleicht als Reaktion auf das aktuelle Weltgeschehen, oder einfach weil viele Bands sich auf ihre Roots zurück besinnen. Das ist auf jeden Fall eine positive Entwicklung.

4.    Der Titel eures neuen Albums ist in Verbindung mit der Artwork eine Antiphrase. Was genau hattet ihr mit dem Titel und dem Cover im Hinterkopf? Ist die Welt eigentlich noch zu retten?
Der Titel knüpft an den Titel unserer letzten Platte „The Best Is Yet To Come“ an. Zum einen soll hier die Geschichte weiter erzählt werden, zum anderen soll er natürlich auch zum Nachdenken anregen. Gerade auch in Verbindung mit dem Cover, welches eine verwüstete Waldlandschaft zeigt, jedoch vor einem strahlendem Sternenhimmel. Wie man das Cover interpretiert hängt stark vom subjektivem Empfinden ab. Ich hatte gerade heute noch eine Diskussion mit meinem Onkel, der mich fragte warum wir eigentlich immer nur so düstere, beklemmende Artworks haben. Ich selber hingegen empfinde das gar nicht so, in Kombination mit dem Sternenhimmel steht es für mich auch für eine Art Neuanfang. Bevor etwas Neues beginnen kann, muss etwas Altes zu Ende gehen. So in der Art. Der Titel „The Worst Is Over Now“ unterstreicht das auch noch einmal.
Aber wenn man das Ganze im Zusammenhang mit den aktuellen Geschehnissen, die gerade auf dem Erdball passieren, sieht, dann bleibt wirklich zu hoffen dass wir das Schlimmste hinter uns haben. Hierzulande finde ich den Aufstieg der politischen Rechten zur Zeit besonders gefährlich.

5.    Musikalisch habt ihr im Vergleich zu euren vorherigen Outputs wieder eine Schippe zulegen können. Ich kenne keine andere Band, die einen so bissigen emotionalen Hardcore spielt. Was genau fasziniert euch an diesem Genre? Die Helden vergangener Tage sind ja schon längst ausgestorben…
Danke danke! Punk und Hardcore war für uns eigentlich immer das ideale Ventil, um Dampf abzulassen. Für mich persönlich ist es einfach die Musik, die am meisten Energie transportiert, gerade live. Ich kann mit Friede-Freude-Eierkuchen-Sing-Sang-Musik nichts anfangen, dafür ist meine Aufmerksamkeitsspanne einfach zu kurz.

6.    Gefühlt seid ihr etwas härter geworden als auf den Vorgängern. Wie seht ihr „The Worst Is Over Now“ im Vergleich zu den Vorgängeralben?
Ich persönlich empfinde die neue Platte gar nicht unbedingt härter. Eher melodischer, weil wieder mehr gesungen wird und dieses Mal auch unser Bassist Sören mehr eigene Gesangsparts hat. Ich finde sie geht eher wieder in Richtung unseres ersten Albums „The Consequence of Illusions“, so gesehen haben wir uns auf alte Stärken zurück besonnen.

7.    Worauf habt ihr beim Songwriting geachtet? Ich könnte darauf wetten, dass ihr ein besonderes Ohrenmerk auf die Homogenität zwischen den gefühlvollen und den aggressiveren Teilen geachtet habt, oder?
Gar nicht so sehr unbedingt. Eigentlich haben wir noch nie beim Songwriting auf irgendwas geachtet, die Songs entstehen irgendwie einfach :D. Ich persönlich habe beim Schreiben der Gesangslinien darauf geachtet, dass es kein belangloser Sing-Sang wird, sondern dass die Melodien im Kopf bleiben und sie im besten Fall alles Ohrwürmer sind ;).

8.    Wenn ich euer Album höre, dann driften meine Gedanken in die melancholische Seite von mir ab. Die Songs machen irgendwie rein musikalisch nachdenklich. Ist das beabsichtigt gewesen?
Hey Mann, das ist das beste Kompliment was wir hätten bekommen können, danke dafür! Wenn man als Hörer eine emotionale Bindung zu einem Song aufbaut, ist das ja genau das worum es dem Interpreten geht. Ich denke jeder Musiker möchte dies mit seiner Musik erreichen. Außer vielleicht Mickey Krause. Obwohl ich über seinen Song „Jan-Pillemann-Otze“ auch ziemlich lange nachdenken musste :D.

9.    Könnt ihr einen kurzen Einblick in die Texte geben? Was genau steckt hinter Titeln wie „Breaking The Deadlock“ oder „It Was The Season Of Light, It Was The Season Of Darkness“? Wenn ich von der Musik auf die Texte schließen würde dann könnte hier auch von einem Konzeptalbum gesprochen werden…
Breaking The Deadlock ist tatsächlich ein etwas gesellschaftskritischer Text, der darum geht, dass viel zu viele Menschen in einer Blase leben und der Meinung sind, dass sie die Probleme in der Welt nichts angehen. Die Ignoranz, wider besseren Wissens und Gewissens trotzdem gar nichts oder genau das Falsche zu tun, ist eine Fähigkeit die der Mensch ganz besonders gut drauf hat.
„It Was The Season Of Light, It Was The Season Of Darkness“ ist ein Re-recording des Songs „It Was The Best Of Times, It Was The Worst Of Times“ von unserem ersten Album „The Consequence Of Illusions“. Beide Songnamen sind dem ersten Satz aus dem Roman „A Tale Of Two Cities“ von Charles Dickens entnommen. Darin opfert sich ein junger Typ, um den Ehemann der Frau zu retten, in die er verliebt ist. Alles sehr Emo-mäßig :D

10.    Mein absoluter Lieblingssong ist gleich der Opener „Breaking The Deadlock“. Hier habt ihr meines Erachtens alles reingesteckt, was euch seit jeher ausgezeichnet hat. Ich hatte beim Hören das Gefühl, ihr wolltet damit gleich zu Beginn ein Statement setzen und die Messlatte sehr hoch legen?
Schön zu hören. Ist auch mein Lieblingssong der Platte. Witzigerweise ist es der letzte Song, den wir für die EP geschrieben haben und das unter großem Zeitdruck. Aber erfahrungsgemäß entstehen bei uns so immer die besten Songs. War für uns der ideale Opener.

11.    Auch die Produktion ist diesmal außerordentlich gut gelungen. Wer ist dafür verantwortlich?
Produziert hat die Platte Seb Monzel von HIS STATUE FALLS. Wir kannten aber auch schon die Produktionen, die er für seine vorherige Band OF SINNERS AND SAINTS gemacht hatte und waren begeistert davon. Wir haben in Eigenregie die Songs vorproduziert und ihm vor der eigentlichen Aufnahmesession zugeschickt. Er hat an einigen Stellen dann neue Impulse und Vorschläge geliefert, von denen wir auch einige übernommen haben. War eine super Zusammenarbeit und wir sind absolut zufrieden mit dem Ergebnis.
 
12.    Als ihr damals die Band gegründet habt hattet ihr sicher eine andere Zielsetzung als heute. Wo seht ihr DISTANCE IN EMBRACE in 10 Jahren und was habt ihr noch mit der Band vor?
Wir lassen es einfach auf uns zukommen. Solange wir Spaß an der Musik haben und es die Zeit zulässt, sind wir nicht totzukriegen. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Tatsache, dass wir schon so viele Jahre zusammen unterwegs sind und soviel zusammen erlebt haben, vieles davon kann man gar nicht erzählen, weil es einem keiner glauben würde. Wir sind einfach vier bzw. fünf Freunde, die zusammen eine gute Zeit verbringen. Was gibt es besseres?

13.    Haben euch bestimmte Alben für dieses Album beeinflusst? Was rotiert so bei euch zu Hause?
Ich wüsste da jetzt kein bestimmtes Album. Niko würde jetzt sagen, dass ihn im letzten Jahr das Musik-Mobile über dem Kinderbett seiner kleinen Tochter am meisten musikalisch beeinflußt hat. Ich lass das jetzt einfach mal so stehen.

14.    Ich bedanke mich bei dir und überlasse dir die letzten Worte:
1000 Dank für das Interview, war uns wie immer eine Ehre. Ansonsten gibt es nur zu sagen: Kauft Euch die Platte für nen schmalen Euro auf www.distanceinembrace.com/shop!