Interview mit Arma Gathas

06.05.2010
 

 



Wenn als Band – in diesem Fall ARMA GATHAS - einer aus den eigenen Reihen – Simon Füllemann - rein zufällig beim eigenen Label – Metal Blade - auf doch recht hohem Posten haust lässt das zunächst Skepsis aufkommen. Völlig unberechtigt, erklärt Füllemann im Interview mit uns. „Mehr DIY geht nicht“, heißt es da beispielsweise. Und ganz nebenbei gibt er Aufschluss darüber was es mit der Vergangenheit der einzelnen Mitglieder bei Bands wie CATARACT oder BORN FROM PAIN auf sich hat.

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Du bist meines Wissens gleichzeitig auch Chef bei Metal Blade – dort, wo ARMA GATHAS unter Vertrag stehen. Inwiefern beeinflusst dies euer Auftreten als Band? Lebt man da von einem gewissen „Bonus“?

Hi Oli, erstmal und danke für das Interview. Dein kritischer Unterton ist willkommen. Als Band zu kritischen Fragen und Diskussionen anzuregen ist genau das was wir wollen. Künstlerische Relevanz ist wichtig. Danke dafür.

Zu Deiner Frage: Erstmal bin ich NICHT der Chef, das ist Brian Slagel weltweit. Ich bin verantwortlich für die Abteilungen Vertrieb und Marketing. Ich habe auch nur am Rande mit A&R zu tun. Ich signe also keine Bands. Somit fällt auch die Frage aus, ob ich mich selbst gesingt habe. Nein, das kam von Herrn Slagel, weil er Arma Gathas gut findet. Zudem hätte ich die CD auch niemals Brian Slagel hingelegt, wenn unsere europäische A&R Abteilung die Band für nicht gut empfunden hätte. Es gibt Regeln, wie man sich bei einem Label bewirbt. Wir sind dieser Regeln ebenfalls unterworfen.

Betreffend Bonus: Ein Vorteil ist es schon mal auf dem Label gewesen zu sein, bei dem man unterschreibt, wenn das Label einem gut behandelt hat. Aber das geht jedem so, der mal bei einem Label war. Und mal ne Frage: Was gibt es besseres, als seine Scheibe quasi mit selbst rauszubringen? Mehr DIY geht nicht. Zudem hilft es, bekannter zu sein, sprich schon länger erfolgreich Musik gemacht zu haben - aber zählt das als Bonus? Das Recht unterliegt doch jedem und jeder kann so ne Band mit wachsender Erfahrung formen. Wer uns kennt weiß dass Che und ich seit über 12 Jahren befreundet sind. Marc kenne ich schon seit über 10 Jahren. Max und Alex auch schon länger. Es ist doch nur natürlich mit Freunden Musik zu machen, die auch denselben Spirit teilen und auch wissen, worum es geht. Weitere Vorteile gibt es nicht. Alles muss man sich erarbeiten, egal, wer man ist. Nichts fällt einem in den Schoss.

Meistens reichen diese Boni jedoch um etwas schneller Zeile zu erreichen, das ist klar. Wäre die Musik total Grotte, würde das aber alles nichts nützen. Am Ende vom Tag zählt das Produkt.
Zum Auftreten: Nein, das hat überhaupt keine Relevanz. Wir wissen, was wir tun, wer wir sind und was wir darstellen wollen. Das hat nichts mit dem Label zu tun. Niemand schreibt uns da was vor oder sagt, was wir zu tun haben, sonst wären wir nicht bei Metal Blade.

Eure Presseinfo nannte als Einflüsse unter anderem neben Vertretern wie HATEBREED und MACHINE HEAD, dessen Nähe ich noch ganz gut verstehen und unterstreichen kann, auch ENTOMBED und NEUROSIS. Gerade bei letzterem musste ich dann doch etwas Aufhorchen, wenn ich ehrlich bin, und auch als das Wort „Einzigartig“ viel entsprach das nicht ganz dessen, wie ich die Musik wahrgenommen habe. Klar: Das Schaffen jeder Band ist Einzigartig, doch für mich klingt „Dead To This World“ viel geradliniger und schnörkeloser als man es hier beschrieben bekommt – auch, wenn diese beiden Prädikate natürlich keine negative Belegung haben. Wie seht ihr das denn? Steht ihr da mehr auf Seiten des Pressetextes und sagt euer Sound sei etwas ganz spezielles, oder würdet ihr mir doch eher zustimmen wenn ich sage „Dead To This World“ ist ein straightes, aber gutes Album irgendwo zwischen Hardcore und Metal? Oder, Hand aufs Herz: mach ich um die ganze Frage mehr Wirbel als eigentlich nötig wäre?

Ich kann das aus Deiner Sicht ein wenig nachvollziehen was du sagst. Aber Einflüsse oder wonach man sich richtet ist ja nicht nur auf die Musik beschränkt. Neurosis haben mich sehr stark beeinflusst um die düstere Stimmung rüberzubringen – musikalisch oder layouttechnisch. Ihr ganzer Wandel von einer reinen Hardcore Band zu einer der einflussreichsten und eigenständigsten Bands auf dem Planeten ist beeindruckend.

Wenn es zur "DIY – fuck you" Attitude geht sind Tragedy oder Integrity ein Einfluss. Kunst die musikalische dargestellt wird, besteht nicht nur aus einer Dimension, sondern mindestens 3: Musik, Layout, Texte. Auch das ist nur sehr banal dargestellt, aber diese 3 Ebenen sollten mindestens jedem bewusst sein.

Wir haben nicht den Anspruch die Welt neu zu erfinden. Wir wollten einfach wieder mehr Rock'n'Roll ohne Grenzen und eine "Leck-mich-am-Arsch"-Attitüde in den Hardcore und Metal bringen. Diese Musikrichtung ist doch arg festgefahren größtenteils. Metal ist nicht mehr gefährlich genug und hat zum Teil falsche Vorbilder und Ideale. Da lob ich mir Bands wie Wolves in the Throne Room , Primordial oder eben Neurosis.

Wir richten uns nur nach uns. Wir lassen uns nicht beeinflussen von Trends oder sonstigem Quatsch. Wir hatten wir noch nie ein Album mit Soli in fast jedem Song oder 3 instrumentals auf einer Platte oder Beats, die man in dieser Musik sonst nicht hört. Mal ganz abgesehen vom konzeptionellen herangehen und der lyrischen Ebene. Da gibt es für uns fast in jedem Song neue Sachen, die wir noch nicht gemacht haben oder die die von Journalisten genannten Bands denen wir am nächsten kommen (Machine Head / Hatebreed) noch nie gemacht haben.

Um es abzuschließen: Der Wirbel um den Presse-Text ist klar und war uns bewusst. Amüsant um es ketzerisch auszudrücken. Viele halten sich zu fest am Presse-/Promotext auf. Beurteile was du hörst und siehst. Du sagst ja selbst "Dead to this World" ist gut. Wie gesagt, Relevanz ist eine Kunstform – somit mach uns jeder, der über uns spricht, egal wie, relevant.



Sagt doch mal selber: Warum sollte man als jemand, der sich sowohl für Metal als auch für Hardcore nicht zu schade ist, euer Debüt „Dead To This World“ sein Eigen nennen?

Wir haben gemacht, was wir wollten, mit wem wir wollten. Es geht fast nur noch um professioneller, schneller, höher, weiter. Wer rifft krasser? Wer hat die meisten bpms? Das ist doch alles quatsch. Metal und Hardcore sind genau darum entstanden: Weg vom massentauglichen - Untergrund, Rebellion und Aufstand. Außenseiter vereinen – so wie wir, sonst würden nicht 4/5 von uns jeden Tag in dieser Branche arbeiten. Bottomline: Das ist ein ehrliches DIY-Album. Das alleine zählt.

ARMA GATHAS ist ja – wenn man von diesem Unwort der letzten Jahre gebrauchen machen wollen – eine Supergroup mit Ex-Mitgliedern von hierzulande doch recht namhaften Bands wie CATARACT, MACHINEMADE GOD oder BORN FROM PAIN. Da sich für mich die stilistischen Veränderungen nur marginal anhören: Wieso ARMA GATHAS? Ließen sich eure Ambitionen nicht in euren alten Bands verwirklichen?

Ich liebe das Wort Supergroup. Es heißt nämlich nichts außer dass die Band unheimlich gut ist. Die Frage ist eigentlich ein Widerspruch in sich selbst. Arma Gathas ist die Band, die wir machen wollen, weil wir das machen, wofür du uns grad interviewst. Uns schert es nicht groß, was wir waren oder welche Bands wir gegründet haben. Wir sind einfach nur dankbar für den Weg bis hierher und stolz, soviel gemacht zu haben.
Es ist aber nicht zu verneinen, dass Arma Gathas existiert weil wir in den alten Bands nicht machen konnten, was wir wollten oder weil wir andere Vorstellungen hatten. Das ist aber eine andere Geschichte und nicht Teil dieses Interviews. Arma Gathas ist die Zukunft.

Marginal Unterschiede für dich – Große für uns. Wie oben schon erwähnt, haben wir noch nie so viele verschiedene Möglichkeiten genutzt wie auf dieser Platte. Man muss nur hinhören.

Ich kann aber nachvollziehen, wenn manche das nicht hören, weil ich z.B. Hauptsongwriter bei Cataract war, Che die Stimme bei Born From Pain. Das ist doch dann auch logisch, dass Arma Gathas wie die Fortsetzung dessen klingt. Warum soll man das auch nicht hören? Ich habe meine Art Gitarre zu spielen, Che ist ein fantastischer Sänger und Schreiber. Man soll seine Stärken und Wurzel nie verneinen.

Wohin wollt ihr ARMA GATHAS in den nächsten Jahren bringen?

Spaß haben, Kunst schaffen, die in irgendeiner Form Relevanz hat und weiterhin vielen Menschen glückliche Momente bescheren, zu Diskussionen anregen – und das wichtigste: uns sein. Es geht nicht darum wohin man geht, sondern der Weg dahin und seine Träume dabei auslebt. Wir haben soviel Spaß auf dem Weg bis jetzt, dass es noch einiges zu hören geben wird von uns. Konzerte werden jetzt grad laufend gebucht von uns. Kommt vorbei.

Danke für das Interview! Das ist ein wichtiger Teil des ganzen!