Interview mit BIJOU IGITT

21.01.2016
 

 

Fangen wir mal ganz klassisch und lang­weilig an: Für die, die euch noch nicht ­kennen, aber unbedingt kennen lernen müs­sen – stellt euch mal kurz vor. Wer seid­ ihr, was macht ihr und warum liegt hier­ eigentlich Stroh?

Jan: Hannes, Tobi, Jan

Hannes: Genau. Wir sind drei Möchtegern-Musiker, die gerne eure und unsere Zeit verschwenden. Jan trommelt und singt ein bisschen, Tobi spielt die Gitarre und singt ein bisschen mehr und ich spiele Bass und rede manchmal ein bisschen.

Tobi: Wir klingen ein bisschen wie (hier bitte irgendwas einfügen), in unserem Bandinfo steht immer, dass das alles nix neues ist und das stimmt auch. Punk mit deutschen Texten.

Wie kamt ihr denn darauf die Platte „D­er Letzte Dodo“ zu nennen? Habt ihr irge­ndeinen Fabel/Fetisch für ausgestorbene ­Tiere?

Hannes: Nein, wir würden das nicht auf ausgestorbene Tiere beschränken. Wer sich mit unserem Werk auseinandersetzt findet das ein oder andere verarbeitete Tierthema. Da lag es natürlich nahe, dass auch die Platte im Zeichen unserer Tierliebe steht. Eigentlich wollten wir die Platte erst „Das letzte Einhorn“ nennen, hatten dann aber doch urheberrechtliche Bedenken. Wer genau hinguckt, findet den Einfluss noch im Artwork.

Tobi: Ja, im Prinzip hat das Nora ein bisschen verkackt. Die hatte den Auftrag, das Cover zu malen und hatte von uns den eindeutigen Auftrag: „Male bitte ein Einhorn vor einem neutralen Hintergrund, ohne weitere störende Objekte im Bild.“ Offensichtlich wusste sie nicht genau, was ein Einhorn ist und auch der Rest ist nur mäßig gelungen, finde ich. Naja. Und zum Dodo: Der ist einfach ein sehr sympathisches Tier, zu dem wir uns alle mental sehr verbunden fühlen.

Jan: Genau: Doofes Tier, adipös, zu schwer zum Fliegen, tollpatschtig.

Tobi: Und den ganzen Tag besoffen, wegen dem vergorenen Fallobst. (Also das ist noch mal meine persönliche Verbundenheit).

„Everything will be scheiße in the end­“, wahrscheinlich eine eurer markanteste­n Songzeile auf „Der Letzte Dodo“, kling­t seeeehr pessimistisch und auch der Res­t eurer Platte klingt nicht gerade wie i­n Optimismus getränkt. Seid ihr normaler­weise eher Pessimisten oder Optimisten? ­Wird „am Ende alles gut“ oder doch eben ­„Scheiße in the end“?

Jan: Wir(ich) sind eher pessimistisch... Am Ende läuft vieles ziemlich scheiße in diesem Land und da gibt es nicht so sehr viel Hübsches, Niedliches oder Tolles. Insgesamt sind wir dennoch lustige Typen. Spiegelt sich ja auch in der Musik wieder.

Tobi: In dem Text geht es im Prinzip um so einen übertriebenen Optimismus, dem man im Alltag immer wieder begegnet. Viele Menschen haben keine Lust, sich mit Problemen auseinanderzusetzen, schauen dann lieber weg und gehen in einer gentrifizierten Szenebar Cocktails trinken oder Frustshoppen. Das hat so ein bisschen was von einem Kind, das denkt, es wäre auch für andere unsichtbar, wenn es sich nur die Augen zu hält. Die Probleme und Missstände verschwinden aber nicht, im Gegenteil. Naja und um dem halt etwas entgegenzusetzen, gibt es in dem Song einen Bruch und es geht in die Gegenrichtung mit einer geballten Ladung Pessimismus.

Wie wichtig ist es euch das eure Songs­ eine Message haben und auch kritische T­hemen ansprechen? Punk balanciert ja imm­er ein wenig zwischen Dosenbier und Stra­ßenkampf. Die einen nehmen das Eine, die­ Anderen das Andere ernster.

Hannes: Ich sag mal so: Ich betrachte uns schon als politische Band, aber vielleicht nicht in dem Sinne, was meistens damit assoziiert wird. So Aussagen wie „Persönlich ist uns Politik total wichtig, aber wir trennen das von der Band“ finde ich immer etwas albern. Lassen die ihre Eindrücke und Einstellungen dann zuhause, wenn sie zur Probe gehen? Dreht sich im Proberaum dann wirklich nur alles um Musik? Ich kann das nicht von mir trennen und damit wird das auch ein Teil der Band. Wir diskutieren im Proberaum viel über das Tagesgeschehen und wir machen uns auch viele Gedanken, in welchen Kontexten wir auftauchen.

Tobi: Ich finde als Band politisch zu sein heißt ja nicht unbedingt, platte Parolen raus zu hauen (wobei das auch manchmal cool sein kann) oder sich als anderes Extrem die Illusion zu machen, komplexe Zusammenhänge in einem zweiminütigen Song erklären zu können. Wenn man das Alltagsgeschehen kommentiert, dann hat das ja auch meist einen politischen Bezug. Ich mag es persönlich dabei lieber, das in kleine Geschichten zu verpacken, oder vielleicht mal die Perspektive von Arschlöchern einzunehmen und auf diese Weise vorzuführen wie absurd ihre Einstellung ist... Aber ansonsten mag ich Dosenbier auch ziemlich gern.

Was mich bei Teilzeitpunks, wie Ihr e­s seid(oder wahrscheinlich auch Ich es b­in), immer sehr interessiert ist, was ih­r denn sonst so treibt, wenn ihr nicht g­erade mit BIJOU IGITT durch die Jugendze­ntren der Republik tourt, Autospiegel ab­tretet oder Dosenbier trinkt? Wie kommt ­bei euch, außer durch Pfandflaschen samm­eln und Bonzen anschnorren, die Kohle in­s Haus?

Tobi: Wieso Teilzeit? Verstehe ich jetzt nicht. Apropos: Kannst du mir zufällig ein bisschen Geld leihen?

Jan: Amateurboxer. Nein, Boxsack.

Eure Platte ist in unglaublich vielen ­Farbvariationen erschienen - wie wichtig­ war es euch euer Album auf Vinyl und da­nn auch noch so, als ganz besondere Vers­ion, zu veröffentlichen?

Jan: Ich wollte lieber CDs... Die Farben waren doch egal oder? Ging doch nur um den Preis.

Hannes: Es geht immer nur ums Geld!

Tobi: Die Farben waren uns tatsächlich erstmal egal, darauf hatten wir gar keinen Einfluss. Es war ein Angebot des Presswerkes, um mit unserer Musik ihre Maschinen zu reinigen, bzw. die Farben alle zu machen, bevor eine neue Produktion ansteht. Dementsprechend war das ganze billiger als schwarz. Und wir Füchse tun natürlich so, als wäre das Absicht gewesen. Allerdings mag ich auch Platten und ich mag es, wenn ein Tonträger schön aufgemacht ist und man sieht, dass sich da jemand Mühe gegeben hat.

Hat sich die Platte mittlerweile gerec­hnet bzw. seid Ihr bei 0 raus gekommen o­der rennt ihr immer noch der investierte­n Kohle hinterher?

Jan: Nein und ja! Der Chef rennt hinterher.

Hannes: Ich sag ja es geht immer nur ums Geld. Wir sind noch lange nicht bei 0 raus. Uns kennt doch praktisch niemand, wie sollen wir da was verkaufen? Leute, kauft unsere Platte! Die ist ganz ok, wenn ihr der Fachpresse trauen wollt...

Tobi: Aber wir geben uns Mühe. Guck mal Chef, wir geben gerade ein Interview!

Deutsch Punk ist zurzeit vielleicht an­gesagt wie nie – welche anderen Deutsch ­Punk Kapellen feiert ihr zurzeit noch so­ ab?

Hannes: Keine.

Jan: Mir gefällt ja Duesenjäger ganz gut!

Tobi: Witzig, dass du das ansprichst. Von dem Deutschpunk-Hype handelt ja auch der kürzeste und schlechteste Song der Platte („Saufisaufisauf“). An allen Ecken tauchen seit 1-2 Jahren Bands auf, die irgendwas mit Kacke und Kotze im Namen haben. Teilweise wirkt das ein bisschen kalkuliert. Aber wenn man so will, könnte man uns auch in die gleiche Tonne schmeißen. Manche dieser Bands finde ich aber auch ziemlich gut. Ich finde „Mann kackt sich in die Hose“ ziemlich cool, die Shitlers habe ich auch vor kurzem mögen gelernt, diese aber eher wegen ihrer Attitüde, weniger wegen der Musik.

Von eurer Herbst/Winter-Tour-Rutsche m­usstet ihr leider einige Konzerte absage­n. Was ist passiert? Sollen die Konzerte­ noch nachgeholt werden?

Hannes: Nicht direkt nachgeholt, aber wir sind jetzt im Januar (mit Schwache Nerven) und dann später im April (mit Chuck Bass) und Mai (mit Cold Kids) wieder unterwegs. Wir probieren zumindest halbwegs in den Gegenden zu spielen, wo wir absagen mussten. Absagen mussten wir wegen Magen-Darm. Langweilig, was?

Tobi: Langweilig, aber auch eklig. Seb von HEY RUIN hatte es übrigens auch ziemlich fies erwischt.

Hannes: Wo wir eben noch bei kotzen und kacken waren...

Es ist Januar, neues Jahr, neues Glüc­k – wie würdet ihr 2015 abschließend bew­erten und was erhofft/erwartet ihr von 2­016? Musikalisch, politisch,… was ihr wo­llt.

Jan: 2015 war UNSER Jahr! Macht ihr euch da Gedanken? Mir geht es an sich nur darum ein paar Konzerte zu spielen und entspannt rumzufahren. Neue Songs möchte ich auch schreiben. Politisch wird 2016 sicherlich nicht besser als 2015. Vermutlich noch mehr Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, die rechten Naziparteien werden mehr Zulauf bekommen etc... Düster!

Hannes: Ich will endlich meine Kohle wieder haben, die ich in diese kack Platte gesteckt habe. Ansonsten hat meine Musikbegeisterung leider stark nachgelassen. Ich musste zu Silvester echt lange überlegen, was denn so meine Konzert-Highlights waren. Ist mir spontan nichts eingefallen. Und was Jan sagt.

Tobi: Genau, was Jan sagt. Ich freue mich auf jeden Fall ziemlich auf die Shows mit Chuck Bass, Cold Kids und Schwache Nerven. Ansonsten ist es mir immer sehr wichtig, dass der Chef zufrieden ist.

Hannes: Vexx waren echt stark, fällt mir gerade ein.