Interview mit BOKASSA

18.06.2019
 

 

BOKASSA leben gerade den Traum einer jeden Metalband. Die Norweger wurden exklusiv von keinem geringeren als Lars Ulrich eingeladen, die Europatournee von METALLICA als Supportact mitzuspielen. Zudem steht mit "Crimson Riders" ein neues Album am Start, so dass Sänger Jörn und Schlagzeuger Olav eine Menge zu erzählen hatten. Wir trafen uns backstage vor ihrem Auftritt in Köln, um bei Bier und Schnupftabak die neuesten Informationen auszutauschen. 

Eben habe ich einen Typen im Publikum stehen sehen, der ein Shirt mit dem Spruch "Who the fuck is BOKASSA?" anhatte. Stellt euch doch mal kurz vor und erklärt bitte, warum ihr euch nach einem der schlimmsten Diktatoren Afrikas (Jean B. Bokassa) benannt habt.

 

 

Olav: Wir sind ein Trio aus Norwegen, genauer aus Trondheim. Eirik links ist unser Mann am Bass, Jörn in der Mitte singt und spielt Gitarre und ich Schlagzeug. Trondheim ist aber nicht unsere Heimatstadt, wir kommen aus den verschiedensten Landesteilen Norwegens, nur hier ist BOKASSA entstanden, so dass es jetzt unsere Homebase ist.

Jörn: Die Sache mit BOKASSA ist uns schon einmal falsch ausgelegt worden - Wir haben uns nicht einfach danach benannt, weil wir per Zufall über diesen Namen gestolpert sind. Jean-Bedel Bokassa war auf jeden Fall ein ganz übler Bursche, der eine Vielzahl an Verbrechen gegen seine Landsleute verübt hat und nur Leute ohne Skrupel nehmen den Nachnamen "einfach so". Wir wollen damit auch eine Botschaft rüberbringen: Es ist nämlich nicht immer alles so schön wie hier in Europa, wo sich alle lieb haben und so. Häufig funktioniert der Friede nur, weil es anderen Menschen dreckig geht oder sie für uns schuften müssen. So wie in der Zentralafrikanischen Republik unter Bokassa. Er versorgte Frankreich mit diversen Gütern, die ihm als Gegenleistung mit Truppen und Waffen belieferten. Auch seine politischen Gegner wurden mit Unterstützung französischer Truppen beseitigt. Wenn Du Dir unsere Texte mal etwas intensiver durchliest, wird es Dir auffallen, dass wir genau diese Missstände der Welt ansprechen. Und wir betonen dies auch immer wieder in Interviews, warum wir den Namen gewählt haben.  

Auf eurer facebook-Seite bezeichnet ihr euch selbst als "Kings Of Stoner-Punk". Was hat es damit auf sich?

Jörn: Also das hat etwas damit zu tun, dass wir uns nicht gerne in eine Schublade packen lassen wollen. Wir sind keine richtige Stonerband und wir machen auch keinen reinen Punkrock. Daher fanden wir "Stoner-Punk" passend. Und da wir dieses Wort quasi erfunden haben, konnten wir uns direkt als Könige krönen lassen.

Olav: Aber neben dem Stoner und Punk haben wir noch viel mehr zu bieten, wir könnten uns auch als "Stoner-Punk-Metalcore-Rock"-Band bezeichnen. Aber das wird dann schnell ziemlich nervig. "Stoner-Punk" passt schon. 

Da drängt sich natürlich sofort die Frage nach den Einflüssen von euch auf.

Olav: Wir sind eine Band, die aus völlig unterschiedlichen Typen besteht - also was die musikalischen Vorlieben angeht. Mir persönlich gefällt Thrashmetal besonders gut, vor allem natürlich METALLICA, aber auch SLAYER, EXODUS oder TESTAMENT. Außerdem liebe ich Vinnie Paul von PANTERA, der hat eine unglaubliche Power. Ich höre auch gerne Deathmetal wie CANNIBAL CORPSE.

Jörn: Ich würde mich eher als Hardcore-Sänger beschreiben, da ich vorher auch schon eher in Bands aus diesem Genre unterwegs war. Daher stammen meine Einflüsse auch eher aus der Punk-/HC-Szene. Meine Lieblingsbands dahingehend sind auf jeden Fall BAD RELIGION, NOFX oder auch der ganze New Yorker Hardcore-Krams. Die Hooks bei BAD RELIGION sind ja nicht von dieser Welt und passen hervorragend zu Metal oder Stonerrock. Außerdem sind wir alle natürlich große FU MANCHU-Fans und mögen auch KYUSS. Die Riffs sind ebenfalls ganz weit vorne. Aus Skandinavien fallen mit THE HELLACOPTERS oder auch ENTOMBED ein, die für uns einflussreich sind. 

Olav: Schau Dir auch mal mein Shirt an, "Among The Living" von ANTHRAX ist auch so eine abgefahrene Mixtur. Nur vielleicht ohne Stoner. Das mochte ich immer schon gerne, wenn sich Bands nicht einfach einer Sparte hingeben. Denn das haben wir besonders auf dem neuen Album auch nicht gemacht. 

Genau dieses neue Album "Crimson Riders" erscheint kurze Zeit nach der Tour mit METALLICA. Die Songs sind aber schon ein bisschen älter, oder?  Warum veröffentlicht ihr erst jetzt?

Olav: Stimmt, dass die Songs schon älter sind. Wir hätten schon Ende des letzten Jahres das Album raushauen können, auf jeden Fall die CD- und digitale Version. Da wir unser Hauptaugenmerk auf Vinyl gelegt haben, gab da einen riesigen Rückstau. Die Presswerke haben immens zu tun, so dass wir leider gezwungen waren, den Termin zu verschieben. 

Jörn: Allein amazon hat 3x so viel Vinyl bestellt wie CD´s. Da haben wir auf die richtige Karte gesetzt. Das Artwork wird übrigens der Oberknaller. Genau wie die Songs.

 

 

Welche Songs gefallen euch als Musiker am besten auf "Crimson Riders"?

Jörn: Mit gefällt "Mouthbreathers inc." richtig gut, vor allem live. Das ist ein irrer Brecher, der alles besitzt, wofür BOKASSA steht. Härte und Melodie in einer etwas anderen Form. Den meisten Fans gefällt er auch sehr gut.

Olav: Schwere Frage, aber ich würde "Vultures" sagen. Das ist der Track, der sich für mich am meisten von den anderen unterscheidet. Er ist so experimentell, mit dem ruhigen Gitarren am Anfang und Jörns Cleangesang. Und wie er dann später abgeht, gefällt mir super!

Das Video zum Song, den Jörn eben angesprochen hat, wurde auch in einem sehr bekannten Gebäude gedreht. Was hatte es damit auf sich? 

Jörn: Das Gebäude steht in Manchester und wurde schon für Filme wie "Captain America" oder "Sherlock Holmes" verwendet. Unsere Plattenfirma hatte da einen guten Kontakt zu einem Videoproducer, der dann dort die Szenen mit den Demonstranten usw. gedreht hat. Die Livesequenzen von uns sind übrigens nicht vor Ort entstanden, da wir zu dieser Zeit keine Zeit hatten, nach England zu fliegen. Wir waren mitten in den Proben zur METALLICA-Tour und konnten nicht einfach mal für einige Tage nach Manchester. Also haben wir sie in Trondheim gedreht und dahin geschickt. Das Ergebnis lässt sich auf jeden Fall sehen, finde ich.

 

 

Die METALLICA-Tour wollte ich eigentlich gar nicht ansprechen, da ein Supportact für eine derart große Band häufig nur als Randnotiz auftaucht. Was denkt ihr darüber?

Olav: Das stimmt auch ein bisschen, denn viel Merchandise haben wir noch nicht verkauft...Haha... Nein, für uns war das schon ein Ritterschlag, als uns jemand vom METALLICA-Management anrief, um zu fragen, ob wir die Tour mitspielen könnten. Lars hatte einige Songs von uns gehört und war sofort Feuer und Flamme. 

Jörn: Das ist doch der Traum, den jede Metalband hat: Einmal für METALLICA zu supporten. Wir machen das jetzt jeden zweiten Abend, außerdem bezahlen sie uns noch. Wir können uns glücklich schätzen, sowas einmal hautnah mitzumachen. Die gesamten Crews sind unfassbar gut und optimal aufeinander eingestellt. Zudem sind die Jungs absolute Vollprofis, da kann man sich vieles abgucken. Wir spielen jeden Abend vor mehreren Tausend Zuschauern, da werden einige dabei sein, die "Crimson Riders" vielleicht auch mal bestellen.

Konntet ihr denn einfach so los und mehrere Monate auf Tour gehen? Gab es da nicht Konflikte mit dem Berufs- oder Familienleben?

Olav: Ich arbeite als Lehrer an einer Privatschule, da konnte ich mich für einige Zeit freistellen lassen. Familie hat bislang keiner von uns, dass es hier wenig Probleme gab. Nur die Freundinnen müssen ein bisschen ohne uns auskommen. 

Jörn: Ich bin beim Radio tätig bzw. war. Hahaha. Nein, leider musste ich dort kündigen, bin aber der festen Überzeugung, dass ich dort nach der Tour wieder einsteigen kann. Als Rockstar....Hahaha.... 

Was ist denn das typisch "norwegische" an der Tour bzw. an BOKASSA? 

Jörn: Wir trinken alle gerne und viel Bier, wobei das bei uns natürlich deutlich teurer ist als hier in Zentraleuropa. Und jetzt ist es ja eh umsonst, da METALLICA zahlt....Haha.... Außerdem haben wir alle, auch unsere Crew, eine besondere Vorliebe für Snus. Das ist Kautabak. Kennt ihr sowas in Deutschland? 

Olav: Wir würden gerne mit METALLICA mal Smalahove essen. Das mögen wir alle gerne. Das sind gekochte Lamm- oder Schafsköpfe und eine absolute Delikatesse bei uns. Da bekommt man einen ganzen Kopf serviert und man löst dann das Fleisch ab. Sehr, sehr lecker. Obwohl es nicht ganz appetitlich aussieht. 

Die Tour wird noch einige Tage dauern und endet für euch Mitte Juli. Was kommt danach?

Jörn: Am 21.6. wird erst einmal unser neues Album erscheinen, welches wir anschließend mit einer eigenen Headliner-Tour richtig vorstellen wollen. Außerdem sind wir schon wieder stark am Schreiben neuer Songs, so dass unser drittes Album mittelfristig in Angriff genommen wird!