Interview mit Broilers

13.02.2014
 

 

Euer Album ist vor 5 Tagen erschienen, wie waren die Reaktionen bisher?
Sehr gemischt, es polarisiert auf jeden Fall sehr, was wir so stark nicht gedacht hätten. Auf der einen Seite ist das nicht unbedingt schlecht, hat uns dann aber doch überrascht. Im Großen und Ganzen ist es aber schon gut angekommen.

Wisst ihr schon ob bzw. vielmehr auf welchem Platz „Noir“ in den Charts einsteigen wird?
Einsteigen wird es sicherlich, denke ich, auf welchem Platz kann man erst Ende der Woche sagen. Das wird ja immer von Tag zu Tag hochgerechnet.

Habt ihr irgendeine besondere Erwartung daran, vielleicht eine ganz schöne Sache, aber vielleicht doch nicht das, auf was man als Punkrock Band besonderen Wert darauf legt?
Wie du schon sagst, eine schöne Sache. Es wird einem doch nochmal gezeigt, dass es Leute gibt, die die Sachen kaufen, die Bock darauf haben. Nachdem „Santa Muerte“ auf Platz drei war, misst man sich natürlich schon ein wenig daran, trotzdem ist es für uns nicht unbedingt das Kriterium, um ein Album zu machen.

Wie war für euch der Tag am Freitag als das Album rauskam? Seid ihr als Band zusammengesessen, ist jeder für sich oder hattet ihr sowieso den ganzen Tag Promo Termine?
Wir hatten schon einige Promo Termine, haben dann aber doch das ein oder andere Bier zusammen getrunken.

Und ihr schaut dann im Internet, was die Leute für Kommentare schreiben, oder wie habt ihr das erlebt?
Das macht jeder wie er mag, da gibt es die Einen, denen das sehr nahe geht, was da im Internet geschrieben wird und denen muss man dann ab und an mal Internet Verbot auferlegen.

Bei Sammy sagt man ja, dass er sich alles sehr zu Herzen nimmt und sich darüber den Kopf zerbricht.
Ja genau, er ist da ganz schlimm, da sich die meisten Sachen auch relativieren nach ein paar Tagen oder Wochen, wenn die Leute das Album ein paar Mal gehört haben. Man liest natürlich auch immer nur die negativen Sachen.

Habt ihr denn gespürt, dass ihr vor dem Release noch viel mehr im Fokus standet? Egal ob n-tv, Spiegel Online, die Süddeutsche, die Welt oder der Stern, überall wurde über euch berichtet
Es ist auf alle Fälle Promo mäßig auch einiges mehr geworden. Sammy und Ines sind z.B. die ganze Woche unterwegs, letzte Woche war er mit Andi unterwegs. Von Norddeutschland bis Süddeutschland, um die ganzen Radio Se­nder abzuklappern, und dann natürlich die ganzen Telefoninterviews, es ist definitiv mehr geworden.

Habt ihr wegen der Geschichte in der Bild Zeitung noch was unternommen?
Es wurde ja scheinbar von unseren Fans schon einiges unternommen, wir haben unser Statement auf Facebook raus gehauen, dabei belassen wir es eigentlich.

Rechtliche Schritte machen da wahrscheinlich auch wenig Sinn
Das macht erstens wenig Sinn und zweitens ist das ein Blatt, das muss jeder für sich entscheiden, ob es einen interessiert oder nicht.

Wie lange wart ihr denn für „Noir“ in Summe im Studio?
Die Aufnahmen haben sich über ein Jahr gezogen, wir waren natürlich nicht durchgehend drin, wir haben immer mal wieder was aufgenommen, viele Demos aufgenommen im Studio, vorproduziert und bis das Album wirklich fertig war hat es dann doch ein Jahr gedauert.

Ihr habt in der Zeit dann auch dort gewohnt, ist das richtig?
Ja genau, das ist auch irgendwie das Coole. Sonst hatten wir immer hier ein Studio in Langenfeld bei uns um die Ecke, wo wir dann abends immer nach Hause fahren konnten. Dementsprechend ist es morgens dann immer auch später geworden bis wir mal angefangen haben. Jetzt sind wir im Münsterland in einem Studio bei Vincent Sorg. Er hat einen umgebauten Bauernhof und lebt dort komplett autark. Man hat seine Zimmer, seine eigene Küche, sein eigenes kleines Reich, in das man sich zurückziehen kann.

Ihr konntet abends also trotzdem abschalten?
Genau, das ist auch viel viel besser zum Arbeiten. Man kann disziplinierter morgens anfangen und dann auch mal bis spät in die Nacht machen. So sagt auch keiner „oh jetzt würde ich aber gerne nach Hause“, man arbeitet einfach bis spät in die Nacht, kann in die Falle kippen oder sich noch ein Bierchen genehmigen.

Wie läuft das Songwriting bei euch mittlerweile ab? Früher seid ihr sicher mit den komplett fertigen Songs ins Studio. Habt ihr heute nur das Grundgerüst der Songs oder entstehen vielleicht manche Songs komplett im Studio?
Das passiert auch schon mal, aber normalerweise hat sich da gar nicht so viel geändert. Sammy kommt immer noch mit seinen Ideen, die Texte kommen meistens ziemlich spät, aber die Musik und die Melodien stehen schon oder er hat zumindest eine gute Richtung, in welche die Songs gehen sollen. Anschließend wird geschaut, wie wir das im Proberaum arrangieren können und jeder wirft nochmal seine Ideen dazu in den Topf, einen Basslauf oder irgendetwas was man mit der Gitarre noch machen kann. Im Anschluss werden dort Demos aufgenommen, welche bis zur Besinnungslosigkeit gehört werden und man irgendwann kein Bock mehr drauf hat oder sagt „Das ist es“. Damit gehen wir ins Studio, um nochmal ein Demo in einer schöneren, reineren Form aufzunehmen, so eine Art Vorproduktion, dass wir auch wissen, wie es im Studio klingen würde, das ist doch nochmal was anderes als im Proberaum.

Welchen Einfluss hat der Produzent gehabt?
Wir haben ja schon bei „Santa Muerte“ mit ihm gearbeitet. Wir waren am Anfang auch echt vorsichtig was Produzenten anging, weil wir das in dem Sinne noch nie gemacht hatten. So viel Einfluss nimmt er aber eigentlich gar nicht darauf, sondern er versucht uns eigentlich nur zu beraten. Er sagt eher: „Probiert doch mal das“, „das klingt nicht so geil, macht doch mal was anderes“. Wir haben uns das echt schlimmer vorgestellt, dass er die Songs teilweise verhackstückelt, aber das würden wir und vor allem Sammy mit seinen Liedern nicht machen lassen.

Im Booklet von „Noir“ steht „Musik&Texte: Sammy Amara“. Ist es wirklich so, dass alle Songs, Grundgerüste und Ideen von ihm kommen?
Genau, das kommt alles von ihm. Klar werden von uns auch noch ein paar Sachen reingestreut, aber das Grundgerüst vom Lied, was Texte angeht sowieso, kommt von ihm. Die Musik erarbeiten wir natürlich zusammen, aber er hat die Struktur vorher schon im Kopf und das ist auch schon sein Steckenpferd.

Aber warum ist das so? Ich kann mir vorstellen, dass du als Musiker auch jede Menge Ideen hast? Kannst du dich denn da noch genug austoben?
Ja klar, er hat dann Richtungen für die Lieder rausgesucht, die für die anderen nicht ganz festgelegt sind und so macht jeder an seinem Instrument erst einmal was er will. Für ein eigenes Lied oder eine Zusammenarbeit beim Songwriting hat es bei mir bisher noch nicht gereicht. Bei mir hat es bisher noch nicht Klick gemacht, dass ich sage „Ich habe jetzt die Mega-Idee“. Mal sehen, vielleicht kommt das noch.

Diskutiert ihr über seine Texte oder ist das allein seine Sache?
Er kommt mit den Texten an und da wird schon sehr viel drüber diskutiert. Am heftigsten war es bei der Platte bei „Das Da Oben (Nur In Dir)“, da mussten auch ein paar Sachen umgeschrieben werden, bevor es überhaupt aufgenommen werden konnte. Es war uns schon relativ wichtig so eine Thematik und das Lied mit drauf zunehmen, aber da waren nicht alle mit so einverstanden. Mit dem Endergebnis können aber nun Alle leben in der Band. Solche Diskussionen gibt es immer wieder, da muss man dann drüber sprechen, denn es bringt nichts, wenn da nicht die ganze Band dahinter steht, sonst wären es auch nicht mehr die BROILERS, sondern SAMMY UND DIE BROILERS.

Manchmal bekommt man aber schon den Eindruck auch z.B.bei TV-Interviews, da steht ihr zwar komplett als Band, aber es spricht fast nur Sammy
Ja er ist halt schon der Frontmann, ich bin eher so der ruhigere Typ, gerade was so Interviews angeht, wenn alle dabei sein. Ich kann da nur für mich sprechen, aber bei den anderen ist es wohl ähnlich. Andi oder Ines ergreifen auch mal das Wort, aber das ist ansonsten schon so ein Frontmann Ding.

Große Diskussionen gibt es bestimmt über die musikalischen Veränderungen auf „Noir“. Wie kam es aus deiner Sicht dazu? Oft sagt man, das wäre der nächste logische Schritt oder es hätte sich schon auf dem letzten Album angedeutet.
Für uns war es, wie du schon gesagt hast, der nächste logische Schritt. Wir legen uns kein Konzept zurecht, wie es am Ende klingen soll. Es hat für uns zu dem Zeitpunkt und auch jetzt einfach Sinn gemacht das Album so aufzunehmen. Ich glaube manche Texte oder Textzeilen, würden in einem anderen Gewand wieder eine ganz andere Richtung einschlagen und vielleicht auch nicht so stark sein, wie vielleicht in den etwas ruhigeren Tönen.

Ich sehe das ähnlich, dass so nachdenkliche Texte eher in einem ruhigeren Gewand Sinn machen, auf der anderen Seite ging es zumindest mir so, nach dem ersten Hören, ungefähr nach dem vierten Song hab ich schon für mich gedacht „Ich will die BROILERS und nicht DIE TOTEN HOSEN“. Das Album ist bei mir dann jedem Hören weiter gewachsen, aber die BROILERS typischen Elemente, wie z.B. Ska lastige Gitarrenriffs oder verstärkter Bläsereinsatz fehlen mir dann doch ein wenig.
Wir wollen auch nicht DIE TOTEN HOSEN sein, dass ist zwar eine super Band, aber das war nicht unsere Intention mit dem neuen Album, und Sammy's mit Sicherheit auch nicht.
Bläser haben wir tatsächlich im Nachhinein auch gemerkt, das recht wenig drauf sind, aber das hat sich dieses Mal einfach nicht ergeben, dass wir die schmissigen Off Set Nummern mit dabei hatten.

Ihr kommt ja aus der Punk und Oi! Szene. Fühlt ihr euch heute noch irgendeiner Szene zugehörig?
Unsere Wurzeln sind immer noch klar, und wir haben auch immer noch viele Freunde, die in der Skinhead und Punkszene sind. Aktiv in dem Sinne, dass wir selber noch auf Konzerte gehen und auch mit diesen Leuten weggehen. Die Frage ist, wer bestimmt, ob man noch zu der Szene zugehörig ist oder nicht. Die haben da gar keine Probleme mit.

Und du wirst auch deinen Irokesen-Schnitt beibehalten? Ist das ein Markenzeichen von dem du nur schwer wieder loskommst?
Ich habe mit 14 oder 15 mir meinen ersten Iro geschnitten, immer wieder und wieder, und irgendwie ist das die Frisur, die mir, meiner Meinung nach, am besten steht und wo ich am meisten Bock drauf habe. Klar früher hat man das auch gemacht, um zu rebellieren, die Eltern und Erwachsenen haben komisch geguckt. Mittlerweile ist man selbst erwachsen.... Ich finde das einfach super und werde das auch beibehalten und lass mir das auch von keiner Szene Polizei verbieten. In dem Sinne, dass ich quasi nicht mehr Szene zugehörig wäre und das Markenzeichen, oder wie man es nennen mag, nicht mehr tragen darf.

Bei eurer anstehenden Tour ist mir aufgefallen, dass ihr fast nur am Wochenende spielt. Immer drei Shows am Stück und dann wieder Pause
Das ist uns auch aufgefallen, als wir das mit unserem Booker durchgegangen sind. Wir haben es charmant Alt-Herren Tour genannt. Meistens ist Montags eh so ein Mauertag, an dem kaum Konzerte sind. Ich denke es kommt auch vielen Leute entgegen, wenn es eher in Richtung Wochenende geht und man dann nicht Mittwochs auf ein Konzert geht und Donnerstags mit Kater zur Arbeit muss. Das ist denke ich ganz angenehm, und wie gesagt, Alt-Herren Tour.

Am 20.12. spielt ihr in Düsseldorf euer Jubiläumskonzert anlässlich des 20 jährigen Bestehens der Band. Gibt es schon Planungen bzgl. Live CD und/oder DVD?
Hmmmm, noch nichts konkretes. Es wird auf alle Fälle ein riesen Event und irgendwas spezielles werden wir uns dafür schon ausdenken. Gerade 20 Jahre ist schon ein großes Jubiläum und das wäre blöd und langweilig, wenn man das einfach so dahinplätschern lassen würde.

Ok, dann sind wir mal gespannt und ich danke dir für das Interview