Interview mit Fear My Thoughts

17.07.2008
 

 

Erst einmal Gratulation für ein richtig starkes neues Album! Seid ihr auch zufrieden mit dem Endresultat?

Patrick: Danke für das Kompliment! Ob wir "zufrieden" mit dem Resultat sind kann man noch nicht so klar beantworten,dafür ist die Platte noch zu frisch!ich denke wir sind zumindest nicht unzufrieden,haha


Warum ist diese musikalische Kurskorrektur gekommen. Wenn man sich euren Backkatalog anschaut, habt ihr euch zwar nie wirklich wiederholt. Aber „Isolation“ ist doch relativ aus der Art geschlagen, oder?

Nachdem unser langjähriger Sänger Matze letztes Jahr das Handtuch geworfen hat,haben wir uns überlegt wie wir weitermachen sollen.A:wir suchen einen Nachfolger,der genauso singt,wie Matze. B:Wir probieren mal etwas ganz anderes aus.

Möglichkeit A erschien uns relativ langweilig, da wir schon immer eine Band mit starkem Drang zum Experiment und Veränderung waren.Möglichkeit B war für alle sofort die einzig richtige Entscheidung,da wir nicht vorhatten, VULCANUS Teil 2 zu schreiben. Das hätte nicht zu unserem Selbstverständnis gepasst.

Wenn man sich zudem unsere ersten Alben "23" und "Vitriol" anhört,wird man feststellen,dass sich eiegntlich ein Kreis schliesst, denn ISOLATION hat sehr viel von der Atmosphäre,der Experimentierfreudigkeit und dem Sound dieser zwei Platten.Wir sind halt lediglich 6-8 Jahre weiter.



Stimmt ihr mir zu, wenn das Wort „Befreiungsschlag“ in Zusammenhang mit „Isolation“ gebracht wird? Gerade auch durch euren neuen Sänger Martin Fischer, der stimmlich nicht limitiert ist wie sein Vorgänger?

Ich weiss nicht ob der Begriff "Befreiungschlag" der richtige ist...aber wir hatten schon das Gefühl,das wir den Zeitpunkt nutzen mussten, um einen neuen Energieschub in die Band und ins Songwriting zu bekommen. Nach dem Release von Vulcanus waren wir tatsächlich etwas ratlos,wie es jetzt weitergehen sollte. Die Platte bekam fantastische Reaktionen, wir gewannen viele neue Fans. Motiviert dadurch,begannen wir an neuen Songs zu arbeiten. Wir jammten,sammelten Ideen...aber komischerweise kamen Sachen aus uns heraus,die wohl schon lange in uns schlummerten,aber die wir uns nie umzusetzen trauten, das sie ja nicht in das bisherige Konzept passten und evtl. die Leute verprellen würden.Wir mussten uns dann darüber bewusst werden: Wollen wir Musik schreiben, die uns gefällt und auch künstlerisch befriedigt,oder wollen wir den Erwartungen seitens des Publikums,des Labels,der Presse entsprechen.Wir entscheiden uns für die erste Möglichkeit, auch mit dem Bewusstsein im Hinterkopf, dass wir damit ein grosses finanzielles und erfolgstechnisches Risiko eingehen würden.



Welche musikalische Schublade habt ihr euch mit „Isolation“ geöffnet? Den progressiven Metal?

Wir mögen vieles von dem was in den Bereich "Progressiver Metal/Rock" passt,aber wir haben auch noch wahnsinnig viele andere Einflüsse.Zuviele für eine Schublade. Für uns ist es einfach nur Rock N Roll...okay,neulich kam jemand mit dem Begriff "Prog N Roll" an,den finde ich irgendwie auch noch passend,haha..aber grundsätzlich mögen wir keine Kategorisierungen. Das engt einfach nur ein, und wir machen Musik für jeden Menschen, der uns hören will.

Die Kurskorrektur wird und ist nicht allzu wohlwollend von euren die hard-Fans aufgenommen worden. Diese werfen euch in den Foren vor, dass ihr praktisch über Nacht 99,99% von dem, was euch bis dato ausgezeichnet habt, über Bord geworfen habt und dieser Schritt nicht richtig sein kann. Könnt ihr die Kritik nachvollziehen?

Klar,damit haben wir ja auch gerechnet,und das lässt uns ja auch nicht kalt. Aber zu allererst mussten wir schauen,wie es uns mit der Sache geht,und ehrlich gesagt,hätten wir Vulcanus Teil 2 machen "müssen" hätten wir uns aufgelöst,da uns der bisherige musikalische Rahmen zu eng war.Wir stehen auf jeden Fall zu Vulcanus und spielen ja auch eine Menge Songs davon live. Das macht auch noch grossen Spass. Aber nur diese Musik zu spielen liegt nicht in unserer Natur. Und wie oben erwähnt: Betrachtet man unseren Werdegang als Ganzes,und nicht nur die letzten 2-3 Platten, wird klar, dass das schon immer zu uns gehört hat.

Habt ihr über einen Wechsel des Bandnamens wegen der Kurskorrektur nachgedacht?

Ja,haben wir. Aber mal ehrlich: Was bedeutet schon ein Name? Würde sich dein bester Freund von Karl in Fritz umbenennen,würdest du ihn deswegen weniger schätzen. Namen,Kategorien,Schubladen...alles nur Schall und Rauch und im Endeffekt unwichtig. Es geht nicht darum wie man heisst, sondern was man erschafft.



Auffällig ist unter anderem die Detailverliebtheit. Aber auch eure plötzliche Affinität zum 70er Jahre Rock ist erklärenswert.

Markus und Ich,also die beiden Hauptsongwriter, hören schon seit zig Jahren Bands wie Led Zeppelin, King Crimson, Black Sabbath, Deep Purple,Pink Floyd oder AC/DC. Ehrlich gesagt höre ich im Bereich der harten Gitarrenmusik fast nur Bands aus dieser Epoche. Die einzigen aktuellen Metalplatten die ich höre sind die neue Meshuggah und die neue Textures. Das musste jetzt einfach mal aus uns raus.

Meiner Meinung nach hätte „Creeping Lord“ auch aus der Feder von DOWN stammen können. Welche Bands haben euch beim Schreiben von „Isolation“ maßgeblich beeinflusst?

Bands wie Led Zeppelin, The Mars Volta, Radiohead,King Crimson, Neurosis, Tool, Dredge, Katatonia, Porcupine Tree, Black Sabbath, Captain Beyond, Amon Düül, Slayer, Mastodon, Opeth, Pink Floyd, Testament, The Haunted,Oceansize, Primordial...die Liste wäre glaube ich 3 Seiten lang,haha.

Auf der letzt jährigen Hell On Earth Tour habt ihr einen sehr homogenen Eindruck gemacht. Wie wichtig ist der Bandzusammenhalt und hat sich durch den Sängerwechsel daran etwas geändert?

Der Bandzusammenhalt ist bei uns die Antriebsfeder. Wir verbringen ja eiegntlich auch unsere spärliche Freizeit zusammen. Wir kennen uns schon ewig, und sind sehr vertraut miteinander. Eine Situation mit "fremden" Menschen in der Band, die bur mitspielen und dann wieder in ihr eigenes Leben verschwinden wäre sehr unrealistisch. Martin war ja schon sehr eng mit der Band,als er dazu kam. Er war mit uns schon als Aushilfsbassist und Merchandiser wochenlang unterwegs. Von daher gab es keine besondere Eingewöhnungsphase, die wir alle durchleben mussten. Und nichts gegen unseren alten Sänger Matze,er war eine Klasse für sich. Aber nach 10 Jahren schleichen sich halt auch manchmal Sachen ein, die es auch in jeder Beziehung gibt. Alles schläft etwas ein und wird zur Gewohnheit. Martin hat in dieser Hinsicht frisches Blut und eine neue Begeisterungswelle in die Band gebracht.



Beobachtet ihr die musikalische Landschaft und verfolgt ihr das musikalische Treiben anderer Bands?

Ja klar, ich bin sehr interessiert, was andere Bands so treiben, und wie sich die verschiedenen Szenen entwickeln. Infomässig bin ich immer auf der Höhe, aber die meisten Bands gefallen mir leider nicht mehr.Wie oben erwähnt stecke ich knietief in den 60ern und 70ern,haha.

Eine Band, die einmal mit euch tourte, war ganz angetan von eurem ganzen Merchandising-Kram und nannte euch daraufhin: FEAR MY MERCH. Wisst ihr, von welcher Band das stammte?

Den Begriff hörte ich mal von den Niederländern TRANSMISSION O (Anm. d. Verf.: Stimmt!) mit denen wir mal eine Show spielten. Geile Band ala ISIS und NEUROSIS, das nur am Rande. Aber eine Band mit der wir tourten fällt mir nicht ein!Aber es hat schon was,haha. Da Markus unser Chefdesigner ist, haben wir ständig neue Designs am Start. Und er macht das ja auch sehr geil, der hat ja schon seine eigene kleine Designfirma und macht u.a. Motive für Hatebreed und Walls of Jericho.

Mit welcher Band würdet ihr gern einmal auf Tour gehen?

Ein Traumpartner wäre Porcupine Tree.

Welche Ziele habt ihr euch für 2008 noch vorgenommen?

Erstmal die Tour mit Dark Tranquillity und Poisonblack gut über die Runden bringen. Da freuen wir uns sehr drauf. Dann endlich mal in Japan, Russland oder den USA touren.

Danke für das Interview und die letzten Worte liegen bei euch:

Danke für euer Interesse. An die Leute da draussen, die uns jetzt hassen, und unsere Cd®s verbrennen: Es gibt denke ich wichtigeres, als sich darüber aufzuregen, ob eine Band ihren Stil ändert oder nicht. Dann hört einfach die alten Platten der Band an, oder eine Unanimated oder At The Gates- Scheibe. Die haben1000x mehr gerockt als die ganzen Clone von heute (uns eingeschlossen,haha).

Hört was euch gefällt, und lasst die Qualität und den Geschmack entscheiden, nicht die Kategorisierung und die Schubladen.