Interview mit Freddy „MADBALL“ Cricien unter der Rubrik: Old, but gold! Im Rahmen der Persistence Tour mit HATBREED, TERROR, BORN FROM PAIN, POWER TRIP, BROKEN TEETH und INSANITY ALERT stand uns der gut gelaunte Frontmann Rede und Antwort zu Themen wie der guten, alten Hardcore-Zeit, Gentrifikation und natürlich dem neuen Album.
Allschools: Hey Freddy. Vielen Dank erstmal dafür, dass Du Dir Zeit nimmst, einige Fragen zu beantworten. Wie läuft die Persistence- Tour für Euch?
Freddy: Yo Danke Dir! Die Tour läuft super, vor allem sind viele Locations ausverkauft. Aber das sollte ja auch so sein, wenn die „Big Three“ des Hardcores auftauchen. Aber auch die anderen Bands bekommen viel positives Feedback. Check gleich mal BROKEN TEETH aus Manchester, die sind richtig geil! Leider hab ich mir in gleich bei der zweiten Show in Utrecht mehrere Rippen angeknackst, so dass ich die letzten Shows ein wenig ruhiger angehen muss!
Allschools: What happend?
Freddy: Na ja, Stagediven klappte auch schon mal besser! Irgendwie hab ich es nicht so geschafft, wie ich wollte und bin beim Sprung auf dem Absperrgitter gelandet. War beim zweiten Song, aber egal! We´re hardcore, you know! Später, im Krankenhaus, stellte sich heraus, dass nichts gebrochen ist.
Allschools: Dann gute Besserung! A propos Persistence Tour: Normalerweise hab ich MADBALL immer mit der Rebellion-Tour verknüpft, von der ich in diesem Jahr gar nichts gehört habe. Ist diese Tour auf Eis gelegt oder was?
Freddy: Danke erstmal! Das wird schon wieder…..ich bin schon so oft auf oder von der Bühne gefallen, das kann man nicht mehr zählen. Zur Rebellion-Tour: Wir wollten auch dieses Jahr wieder eine machen und sie sollte auch im Frühjahr durch Europa gehen. Aber als EMP zwecks der Resistance-Tour anfragte, auf der wir als Co-Headliner spielen sollten, haben wir die Rebellion-Tour für 2018 gecancelt. Wenn zwei große Touren mit guten und angesagten Bands relativ nah nacheinander laufen, gräbt man sich zwangsläufig gegenseitig das Wasser weg. Aber es gibt schon Pläne für das nächste Jahr.
Allschools: Sprechen wir doch mal über euer 30-jähriges Bandjubiläum, welches in diesem Jahr ansteht. Ihr habt Euch 1988 eher als ein Sideproject von AGNOSTIC FRONT gegründet und erste Shows gespielt.
Freddy: Das mit dem Jahr ist richtig, da haben wir unsere erste richtige Show im Vorprogramm von AGNOSTIC FRONT gespielt. Aber als richtige Band konntest du uns noch nicht bezeichnen, wir haben einfach ein paar Songs genommen, die es nicht auf „Liberty & Justice for“ geschafft haben und ich habe sie gesungen. Vinnie hat mich ja schon früher Madball genannt, somit war der Name schnell gefunden.
Allschools: Um ein wenig weiter in Erinnerungen zu schwelgen hab ich mal drei frühere CD´s von Euch aus meinem Plattenschrank geholt: „Ball Of Destruction“, „Droppin´ Many Suckers“ und „Set It Off“. Für mich als MADBALL-Fan der frühen Phase quasi eine Einstiegsdroge und sehr, sehr häufig gehört. Erzähl uns doch bitte etwas über den Weg bis zum ersten richtigen internationalen Erfolg namens „Set It Off“.
Freddy: Wow, die ersten beiden hab ich lange nicht mehr gesehen. Also mit „Ball Of Destruction“ ist es ebenso wie bei den ersten Auftritten: Eine richtige Band war MADBALL da noch nicht. Wir haben aber im Zuge dessen immer mehr Shows gespielt und uns dann auch zusammen Songs überlegt. Den ersten richtigen MADBALL-Sound findest du auf einigen Songs von „Droppin´ Many Suckers“. Ab da ging es eigentlich erst richtig los.
Allschools: Kurze Zwischenfrage: Einer meiner Lieblingssongs befindet sich hier: „The Blame“, den übrigens die deutsche Hardcore-Band RYKERS mal gecovert hat. Schafft er es noch ab und zu auf die Setliste?
Freddy: Alter, den haben wir gefühlt noch nie live gespielt. Er ist auch komplett anders als der Rest des Albums. Das meinte ich eben mit der beginnenden Evolution des eigenen Sounds: Dieser Song ist so eine erste Richtung dahin. Ein echt schwieriger Song, da Roger und ich da im Duett singen.
Übrigens: Schau Dir mal das Cover von „Droppin´ Many Suckers“ an. Das hat ein Kumpl von mir gemacht und zeigt ein leeres Grundstück neben unserem Haus, wo die Leute immer ihre Autos geparkt haben. Außer mir vorne zeigt es übrigens keinen, der damals in der Band war. Links steht Ezec und rechts Hoya, der damals noch nicht mal DMIZE am Start hatte. Aber wir brauchten ziemlich schnell ein Foto für das Cover. Mein Gott, ist das lange her. Wenn ich mir die Credits durchlese, Junge! Einige von denen, die wir da grüßen hab ich eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Danke Dir, die Platte hatte ich lange nicht mehr in der Hand.
Allschools: Wo Du gerade das Grundstück ansprichst: In vielen Stadtteilen von New York finden derzeit erhebliche Gentrifizierungsprozesse statt, d.h. früher sehr unattraktive Viertel werden plötzlich hip und cool. Häufig gekoppelt mit einem rapiden Anstieg der Lebenshaltungskosten, so dass die Ursprungsbevölkerung kaum Möglichkeiten hat, dem finanziell entgegenzuwirken. Wie siehst Du das als Urgestein aus NYC? Lebst Du eigentlich noch dort?
Freddy: Klar kenn ich das. Ich selbst werde in diesem Jahr wieder in den Großraum New York ziehen, aber die Auswahl ist nicht groß. Williamsburg z.B. kommt gar nicht in Frage, da es eines der hippesten Viertel der ganzen Ostküste ist. Früher wollte da keiner hin, geschweige denn wohnen! Ich habe lange direkt nebenan in Greenpoint gewohnt und dass war damals schon schlimm. Und heute höre ich, dass vorn hier aus hier Trends gesetzt werden.
Du siehst es auch daran, dass in Manhattan so gut wie gar keine Shows mehr stattfinden. Die Szene ist jetzt in Brooklyn und Queens, aber selbst da läuft es nicht so rund. Viel zu teuer alles. Ähnlich auch in Newark, da war früher nur Flughafen. Mittlerweile sind die Mieten da so hoch, da bekommst du wenig Platz fürs Geld.
Allschools: Wo Du gerade die aktuelle Hardcore-Szene in New York ansprichst: Gibt es noch aktuelle Bands aus dem Big Apple oder ist da der Zug mit jungem, frischen Blut abgefahren?
Freddy: Nun ja, als der NYHC richtig durchstartetet, war natürlich mehr los. Da gab es ja regelrechte Generationen von Bands, die weltweit bekannt wurden. Relativ jung sind auf jeden Fall BACKTRACK, die sind mittlerweile so etwas wie die Thronfolger. Ansonsten hast Du recht, sind wir alle schon ziemlich lange dabei. Gerade jetzt fühle ich mich ein wenig alt, aber das liegt nur an den Scherzen an der linken Rippenseite.
Allschools: In einem Eurer letzten Videos, „Dr. Martens Stomp“, habt ihr Impressionen aus Eurer Heimatstadt integriert, u.a. sitzt ihr da in einem Friseursalon. Außerdem taucht wieder das Akronym D.M.S. im Titel auf. Was hat es mit beidem auf sich?
Freddy: Der Barbershop gehört einem Kollegen von uns und als wir im Rahmen der US-Tour für mehrere Gigs in New York waren, haben wir uns die Gegend als Drehort ausgesucht. Davon ist übrigens auch die Bar aus dem Video nur ein paar Straßen weg. Außerdem trag ich ja seit einiger Zeit Bart und Matte, das muss alles auch in Form gebracht werden. DMS ist unsere Crew und findest Du häufig bei uns. Auch in der Platte, über die wir gerade gesprochen haben. Sprich auch mal DMIZE, der Name von Hoyas erster Band, schnell aus.
Allschools: Im letzten Jahr habt ihr eine Split-Single mit WISDOM IN CHAINS aus Pennsylvania herausgebracht, der u.a. mit „For The Cause“ den Titeltrack für das neue Album enthält. Kannst Du uns schon ein bisschen darauf heiß machen? Gibt es wieder so coole Gastmusiker wie beim letzten Mal? Oder revangiert ihr Euch bei TERROR, indem ihr mal einen Song von denen covert?
Freddy: Das mit dem TERROR-Song kann ich ja mal anregen, wäre bestimmt witzig! Ne, leider kann ich Dir zu den Gästen noch nichts Konkretes sagen, da wir noch auf einige rechtliche Entscheidungen warten, aber wenn alles klappt wird es einige Überraschungen geben. Musikalisch ist die Platte schon fertig, ich feile noch ein wenig an den Lyrics, aber aufgenommen wird kurz nach dieser Tour. Es wird auf jeden Fall eine sehr intensive Platte werden, auf der wir vielleicht einen unserer eigenen Songs covern. Ihr könnt auf jeden Fall gespannt sein.
Allschools: Zum Abschluss noch eine Frage zum kommenden Festivalsommer: Ihr seid, wie jedes Jahr, auch auf vielen größeren europäischen Festivals am Start. Geht das nicht ein wenig weg von klassischen Hardcore-Shows, wenn man auf der Hauptbühne performt?
Freddy: Na ja, Du hast ja eben „Set It Off“ erwähnt, wenn wir damals nicht auf dem Dynamo-Festival in Holland gespielt hätten, wer weiß, ob wir überhaupt die Populariät, die wir jetzt hier haben, überhaupt erreicht hätten. Nach diesem Gig ging es in Europa ab wie eine Rakete: Wir wurden zu Shows eingeladen und Booker offerierten uns Touren. Wir haben unzählige Briefe, Postkarten und Anrufe bekommen von Leuten, die uns leider verpasst hatten und uns sehen wollten. Natürlich sind Festivalauftritte nicht mit der Intensität einer intimen Clubshow vergleichbar, aber dennoch gibt es genug Leute, die uns sehen können ohne uns vorher zu kennen. Außerdem finde ich hier bei Euch ist gerade auf Festivals genau der Hardcore-Spirit sichtbar, den man sonst nicht mehr so oft findet. Hier sieht man alles im Pit: Skinheads, Punks, Hardcore-Kids, Metalheads – die miteinader pogen, slamdancen und abfeiern. Das gibt es sonst kaum auf der Welt!
Allschools: Many thanks Freddie and as always: the last words are for you.
Freddie: Natürlich erstmal vielen Dank für das Interview und die wirklich gelungenen Fragen. An alle anderen: Großen Dank an den Support in den letzten Jahrzehnten, kommt zu unseren Shows und checkt das neue Album an. Take care!