Interview mit Goodbye Fairground

20.04.2013
 

 

Nach einer absoluten soliden Show im vollkommen überfüllten Meanie Bar des Hamburger Molotow treffe ich Benjamin (Gesang), Benny (Bass), Jan (Gitarre) und Alex (Gitarre) von GOODBYE FAIRGROUND zum Interview. Dass die Jungs von der vorrangegangenen Show noch vollkommen überwältigt sind, ist ihnen noch anzumerken. In der Interviewsituation finden sie sich auch noch nicht so richtig zurecht, doch das Ding läuft und so erzählen sie von ihrer Geschichte, ihrer Motivation und ihrer Musik.

Angefangen haben GOODBYE FAIRGROUND mit Jan und Benjamin als Akkustikpunkprojekt vor etwa sieben Jahren im schönen Essen. Damals gab es sogar noch eine Mandoline in der Bandzusammensetzung, die seit dem aber im Poberaum steht und einstaubt. Dass das aber nicht reichte und so nicht funktionierte haben die beiden aber relativ schnell festgestellt und es war klar, dass sie eine richtige Band zusammentrommeln mussten. Julia (Drums) war dann schnell mit dabei, da man sich eh schon kannte und man gerade lernte, mit den entsprechenden Instrumenten umzugehen. Learning by doing war die Devise. Zwischenzeitlich war die Band aus Schul- und sonstigen Bekanntschaften so groß geworden, dass man sogar mit drei Gitarren auf dem Weg war. Aber das was gerade jetzt auf Tour war, ist die tatsächliche Bandbesetzung und neuere Wechsel sind in nächster Zeit nicht geplant. "Durch Jobs, Verletzungen, Auslandsaufenthalte mussten wir immer mal mit anderen Leuten spielen oder mit weniger Leuten spielen." erzählt Benjamin. Benny kam über eine Internetseite zu der Band. Dort hatte er sogar angegeben, dass er Kontrabass spielen könne, um seine Chancen zu erhöhen. Dazu kam es aber im Zusammenhang mit GOODBYE FAIRGROUND nie. "Eigentlich wollte ich das mit dem Kontrabass nur tun, weil es geil aussieht.", gibt er im Nachhinein selber zu. "Bei der ersten Probe war ich noch total nervös, weil in der Woche darauf schon das erste Konzert war und ich hatte vorher noch nie in einer Band gespielt und habe noch nie ein Konzert gespielt. Ich hatte nur Bock in einer Band zu spielen und hatte einen Bass."

Im Endeffekt ist es gut gegangen und dass GOODBYE FAIRGROUND wirklich Bock haben, auf das was sie tun, kann man ihnen auch ohne schlechtes Gewissen unterstellen. Das hört man auf jeder Platte und das sieht man auf jeder Show. Diese Band weiß, wo es langgeht und auch wo sie hinwollen. Kurz nach ihrer Gründung nahmen sie noch unter dem Namen PARAQUAT schon ihr erstes Album "Goodbye Fairground" auf, von dem sie voll motiviert eine riesige Stückzahl pressen ließen und sich damit nach eigenen Angaben vollkommen überschätzt hatten. Heute möchten sie jedenfalls professioneller auftreten. Sie machen die Musik, die sie selbst am liebsten hören. "Eigentlich ist es so wie seine eigenen Lieblingslieder schreiben.", erzählt Benjamin. "Irgendwie hat auch jeder so sein eigenes Ding mit in die Band gebracht. Wir haben ganz unterschiedliche Musik gehört. Am Ende ist eben das dabei rausgekommen, was wir jetzt machen.", ergänzt Jan. "Das wo wir jetzt gelandet sind, ist einfach das Ergebnis von vielen Jahren zusammen Spielens." So kann man diese Entwicklung auch gut auf den letzten Veröffentlichungen nachhören. Das erste Album "Goodbye Fairground" nach dem sich sich später auch benannt haben, klingt noch um einiges ungehobelter und punkiger. Die folgende EP "We´ve Come A Long Way", welche nur online veröffentlicht wurde ist eher im hymnischen Bereich anzusiedeln und "I Started With The Best Intentions" wiederum besinnt sich auf die Melodie. Die neuen Songs sollen auf jeden Fall wieder hymnischer werden und laut Benny wieder ganz anders werden sollen, da sich beim Songwriting schon wieder viel geändert habe. "Eigentlich schreiben wir unsere Songs immer vor dem Hintergrund, dass wir Lust darauf haben, sie live zu spielen." ergänzt Benjamin. "Wir bündeln so unsere Einflüsse und das worauf wir Bock haben. Das zu tun immer mit dem Ziel und dass es Spaß macht, das live zu spielen." Und genau darum geht es im Grunde genommen auch bei GOODBYE FAIRGROUND.

Auch wenn die Band noch sehr jung ist, wissen sie was sie wollen: Musik machen. "Das ist das, was ich machen möchte. Ich baue mein ganzes Leben da drumherum. Und wenn ich sowas wie heute Abend erlebe, das Molotow ausverkauft, dann geht das für mich gar nicht geiler. Und wenn die Leute dann noch die Songs kennen- Wow! Das ist dieses Gemeinschaftsgefühl.", schwärmt Benjamin. Da schließt sich der Kreis. "Die Hauptintention unserer Musik ist das Konzerterlebnis, das man zusammen teilt. Dieses Gefühl, dass Leute zu einem Konzert kommen und die Lieder mitsingen, die man selber mit seinen Freunden im Proberaum geschrieben hat....", Benjamin verliert den Faden, vermutlich muss er sich das eben Erlebte noch mal kurz in Erinnerung rufen. "Allerdings ist es wichtig, dass sich alle in der Band mit den Songs indentifizieren können. Es ist nicht so, dass Benjamin da den Text schreibt und die Band macht nur noch die Musik dazu. Oft gibt es auch Diskussionen und Fragen zu den Texten, ob das auch wirklich wichtig ist. Aber am Ende soll es für uns und die Lute die unsere Musik mögen eine Bedeutung haben.", ergänzt Benny die Erklärung zur Motivation. Dass sie damit nicht alle erreichen ist ihnen vollkommen klar, GOODBYE FAIRGROUND wollen aber auf jeden Fall Menschen erreichen, die einen ähnlichen Lebensentwurf haben.

"Schön wäre es, wenn Menschen sich in unseren Songs wiederfinden und denken: Hey, da hat jemand was zu Papier gebracht, was es trifft und was wahr ist. Und ich glaube das ist das Beste was man mit Texten erreichen kann. Dass Texte eben irgendjemandem etwas bedeuten.", wünscht sich Benjamin. Warum es keine Balladen von GOODBYE FAIRGROUND gibt, wird von Benny auch schnell erklärt: "Mir wird schnell langweilig. Wenn ich im Urlaub bin und keine Gitarre habe, dann bekomme ich Entzugserscheinungen. Ich brauche das und zwar mit Action. Balladen machen live keinen Spaß. Du kommst doch wegen geiler Songs auf ein Konzert."

Bei all den Zukunftswünschen, von der Musik leben zu können sind sie dem Thema Konzerte in großen Hallen gegenüber aber ambivalent eingestellt: "Wenn uns jemand sagen würde: ´Wir haben hier eine ausverkaufte Halle´, dann würde ich das schon gerne mal ausprobieren. Allerdings muss ich auch sagen, als Konzertgänger mag ich kleine Konzerte lieber und ich glaube, das wird mir auch als Musiker so gehen. Ich glaube dieses Clubding, was wir hier gerade machen, ist für die Musik die wir machen genau das Richtige. Viel unmittelbarer."

Aus der klassischen DIY- Geschichte sind sie noch nicht gänzlich raus. Ein Großteil der Organisation jenseits der Gitarrenriffs wird nach wie vor von Julia übernommen, die laut Aussage der Band dafür die notwendige Energie und den Glauben an die Sache hat. Aber man ist auch froh um die Zusammenarbeit mit Concrete Jungele Records. Viel Arbeit und Sorgen werden einem abgenommen und Benny betont, wie unglaublich dankbar man dafür ist. "Irgendwie sind das auch immer noch Dimensionen, die wir noch gar nicht realisieren.", ergänzt Benjamin. Allerdings trägt die Pflege der guten alten DIY- Tradition ihre Früchte. Davon geht auch die Band aus: "Die Tour von diesem Jahr ist genau so entstanden wie die Tour vom letzten Jahr, doch noch auf all diesem DIY- Ding, nur dass dieses Jahr die Resonanz umso höher war." erzählt Benny.

Wenn die gute Fee mit ihren freien Wünschen vorbeikäme, dann würde Benjamin sich wünschen, von der Musik die er macht leben zu können, die Welt damit zu bereisen und nette Leute zu treffen, die seine Lieder mitsingen. Aber eigentlich hat er das schon, denn wenn man die Band nach den guten Dingen der aktuellen Tour befragt, dann sind es Geschichten von Leuten, die ihnen spontan Unterschlupf gewähren, nachdem der Tourbus die Schiebetür von sich geworfen hat und einen Tag in die Werkstatt muss, von Bands die ihre Proberäume für Proberaumkonzerte öffnen, von Menschen, die Konzerte für sie organisieren, weil sie GOODBYE FAIRGROUND einfach nur gut finden und keine Ahnung haben, ob der Laden so voll wird, wie er es am heutigen Abend war und wildfremde Leute vor der Bühne, die die Lieder mitsingen und guten Partys nach den Shows in Städten jenseits deutscher Grenzen mitten in der Woche. Sie wissen was sie wollen und wenn sie es kriegen freuen sich GOODBYE FAIRGROUND immer noch wie die Schnitzelkinder. Keinen anderen Eindruck hinterlassen sie bei diesem Interview. Eine grundehrliche Band. Man kann ihnen nur wünschen, dass sie mit diesem Herzblut dorthin kommen, wo sie hinwollen mit dem was sie machen wollen.