Interview mit Heaven Shall Burn

24.12.2008
 

 


Entspannt und mit einem Lächeln auf den Lippen erscheint Maik Weichert zum Interview im Catering des Backstagebereichs der Turbinenhalle. Im Hintergrund donnern Bass und Schlagzeug von WAR OF AGES, die auf der Bühne gerade alles geben. Wir verziehen uns in die hinterste Ecke an einen kleinen runden Tisch und setzen uns. „Ruhiger kriegen wir es wohl leider nicht mehr hin!“, stellt der der HSB-Gitarrist vergnügt fest.

Du wirkst so fröhlich! Ist so eine Tour nicht anstrengend?

Maik: Ach quatsch! Sind ja nur 10 Tage und wir touren ja eh nicht viel, von daher...

Was machst du denn privat so?

Maik: Schätz mal!

Nein! Ich kann so was nicht!

Maik: Ich bin Jurist und schreib gerade an meiner Doktorarbeit.

Und dann wirst du was?

Maik: Am liebsten Professor oder zumindest als Privatdozent an der Uni arbeiten. Anwalt zu sein hab ich kein Bock drauf. Da hat man es nur mit Idioten zu tun.

Andererseits war HSB ja auch schon ganz schön hoch in den Charts. Gibt es keine Pläne, Musik zum Hauptberuf zu machen?

Maik: Nein! Wir alle haben tolle Jobs und andere Sachen, die nebenbei laufen. Ich finde es einfach schöner, wenn ich zwischen meinen Gesetzbüchern in der Bibliothek sitze und mich darauf freue, am Wochenende zu spielen. Jetzt wo ich zwei Wochen auf Tour bin freu ich mich wieder auf meine Bücher und so bekommt man von einem Bereich Kraft für den anderen. Nur Rock'n Roll wäre ein bisschen langweilig.

Eure Texte sind sehr persönlich, aber andererseits auch stark politisch angehaucht. Allerdings fordert ihr niemanden dazu auf, gegen die gesellschaftlichen Missstände Autos anzuzünden. Was gebt ihr den Leuten mit auf den Weg?

Maik: Also als Jurist schrecke ich natürlich auch davor zurück, irgendwelche Anstiftungstatbestände zu erfüllen. Aber wenn man uns als geistigen Brandstifter bezeichnen möchte... es ist eher das geistige und ideologisch Rüstzeug, das wir vermitteln. Außerdem sind Leute die auf die Straße gehen und Autos anzünden oft genauso politisch motiviert wie jemand, der einem in der Kneipe in die Fresse haut. Leider... Es ist eher Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit...mit dem Rücken an der Wand stehen und nicht weiter wissen. In Deutschland haben wir sowieso keine ausgeprägte Protestkultur. Da muss schon einiges passieren, damit man hier den Arsch von der Couch bewegt. Politisch zu sein heißt für mich, von einem Lösungsansatz auszugehen und nicht nur unproduktiv zu zerstören. Sicherlich kann es sinnvoll sein, etwas zu zerschlagen, um was neues aufzubauen, aber das ist ja noch nicht einmal damals beim DDR-Regime funktioniert. Da hat man ziemlich viele Chancen vergeben.

In eurem Stück „Endzeit“ heißt es „We are the fighting one. We are the final resistance“. Was steckt dahinter??

Maik: Dahinter steckt einfach die Tatsache, dass wir die letzte Generation sind, die noch die Kurve kriegen kann, um an so einem Endzeit-Szenario vorbei zu schlittern. Wenn man das jetzt aber wieder weiter verschiebt, dann ist es irgendwann auch zu spät.

Was glaubst du ganz persönlich? Ist die Menschheit noch zu retten?

Maik: Wenn man von „der Menschheit“ redet, dann muss man bedenken, dass ein großer Teil der Menschheit auf der Südhalbkugel schon längst hätte gerettet werden müssen. Dort leben Menschen im absoluten Elend und sterben an Krankheiten, wo man hier für 50 Cent was von ratiopharm kauft. Also diese typische Frage „ist die Menschheit noch zu retten?“ finde ich dermaßen arrogant, weil es für drei Viertel der Menschheit einfach schon zu spät ist...

Glaubst du denn, dass die Menschen im Nordwesten es irgendwann gerafft kriegen, dass es so nicht weitergehen kann? Immerhin reden wir vom „Ende des Wachstums schon seit mindestens 40 Jahren.

Maik: Ein „Ende des Wachstums“ würde zwangsläufig ein Ende des Kapitalismus bedeuten. Ob eine Marktwirtschaft ohne Wachstum auskommen würde...da bin ich mit meinem VWL-Grundkurs für Juristen vielleicht überfragt... also ich denke, dass eine Demokratie und eine Marktwirtschaft auch ohne General Motors und Großbanken auskommen würde! Das bringt das System nicht ins Wanken, sondern nur das Mehrwertkarussel für die Großen.

Was müsste sich ändern, damit es global gerechter zugeht?

Maik: Wir müssten auf einen Großteil unseres Wohlstandes auf der Nordhalbkugel verzichten. Sobald wir aufstehen und das Licht einschalten sind wir mittendrin in dem System und drehen den Dynamo weiter. Da weiß man ja kaum wo man anfangen soll und wie absurd das alles ist. Wenn man überlegt, dass ein Bauer in Afrika seine Hühner nicht verkaufen kann, weil Hähnchenschenkel aus Frankreich viel billiger sind. Das ist auch nichts, was man mit einem Masterplan einfach ändern könnte. Es wird auch leider erst dann alternative Energien wirklich im großem Maße geben, wenn Erdöl alle ist. So funktioniert der Mensch einfach! Ändern wird sich immer erst dann was, wenn es nicht anders geht und es keinen bequemeren Weg mehr gibt. Und solange Millionen und Milliarden armer Menschen keine Atombombe haben wird auch keiner auf sie hören. So ist das leider...

Hast du letzte Worte an diejenigen, die ihre Ohren und Augen noch nicht verschlossen haben?

Maik: Augen und Ohren offen halten und bei anderen öffnen. Immer weiter hinterfragen „Wer ist das? Warum darf der mir sagen, was ich machen soll und warum soll ich machen, was der sagt?“ Das ist so das Grundprinzip, das da sein sollte, um wach durchs Leben zu gehen.

Danke für das interessante Gespräch!

Maik: Gerne! Hat Spaß gemacht!

Maik Weichert for HEAVEN SHALL BURN
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