Hi John, Ihr seid nach 2 Jahren zurück in Deutschland, wie war die Show in Köln?
Sie war gut, sie war sehr gut. Die Show wurde in einen größeren Ort als ursprünglich geplant war hochverlegt. Das war eine tolle Überraschung. Die Show war super, alles war gut.
Cool, schon jetzt warten Menschen vor dem Lido für die Show heute Abend.
Ja, ich habe vorhin bei der Ankunft mit einigen Leuten gesprochen.
Hast Du Freunde oder Bekannte in der Stadt, die Du triffst, wenn ihr auf Tour vorbeikommt?
Nein, ich kenne tatsächlich niemanden, der hier wohnt, jop.
Und hast Du die Möglichkeit, ein wenig die Stadt zu erkunden?
Ja, immer, wenn ich hier bin, spaziere ich ein wenig herum. Ich war einige Male an der Mauer. Wir sind einmal nach der Show über den Fluss, haben einige Bars und Restaurants besucht.
Hast Du Lieblingsorte hier?
Nicht wirklich einen Lieblingsort, aber da ist eine Bar nach dem Abschnitt der Mauer. Du kommst rein und da ist ein künstlicher Strand am Fluss mit einer Bar - weißt du was ich meine? Ich bin da mal reingestolpert und fand den Ort ziemlich cool. Ich habe den Namen vergessen.
Ich nehme an, das war im Sommer
War´s nicht (lacht) aber ich glaube es war Frühling. Man konnte auf jeden Fall draußen sein, ein Bier trinken und die Kulisse genießen.
Hört sich gut an. Ihr habt mit dem Release von "Tidal Wave" eine ziemlich lange USA-Tour gespielt - Wie kommt die neue Platte live an?
Gut, wir haben das gesamte Album gespielt. Wir haben im Prinzip zwei Sets gespielt, erst das neue Album und dann die älteren Songs. Die Tour ging direkt mit dem Release los, sodass während der ersten Woche noch nicht so viele Leute die Songs kannten. Aber wir konnten im Laufe der Tour miterleben, wie sie angefangen haben mitzusingen und darauf zu reagieren. Das war eine coole Sache, die wir noch nicht gemacht hatten: ein neues Album vollständig zu spielen.
Ihr habt den Song "Tidal Wave" als erste Single vorab veröffentlicht, der ja eher in eine klassische Punkrock-Richtung geht, etwas Rancid-mäßig: Wie kommt dieser etwas andere Sound bei den Leuten an?
Ja, der Song wird live echt gut empfangen. Ich denke es war etwas überraschend für die Leute. Von wegen, dass TAKING BACK SUNDAY etwas macht, was so anders klingt - also denke ich, dass manche Menschen möglicherweise nicht das von der Band erwartet hatten. Aber ich glaube, dass der Song im großen Ganzen echt gut ankommt.
Und hast Du Favoriten aus dem Album - besonders beim Live-Spielen? Ihr habt sie ja schließlich alle gespielt.
Ja, es ändert sich von Abend zu Abend, weshalb es schwierig ist, einen Favoriten zu benennen. "Call Come Running" ist aber ziemlich durchgängig einer meiner Lieblingssongs vom neuen Album. Es macht echt Spaß, hat ein abgefahrenes Gitarren-Solo, also denke ich, dass es auf jeden Fall zu meinen Favoriten zählt.
Vor einigen Jahren habt ihr ein Festival-Interview für Rockpalast gegeben. In diesem habt ihr über das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit gesprochen. Wie verhält es sich damit bei der aktuellen Tour und während dieser langen US-Tour?
Ich glaube, dass wir darin immer besser werden, sogar auf dieser Tour-Rutsche. Wir touren zwar viel, aber wir planen auch viele freie Tage mit ein. So auch jetzt im Frühling. Da werden wir einige Festivals spielen, die aber mehr so einzelne Sachen sind. Deshalb sind wir einerseits gut ausgelastet, aber mit genügend Zeit, um zwischendurch nach Hause zurück zu kehren. Wie gesagt, bei diesen einzelnen Shows. Ich glaube, dass das Gleichgewicht dieses Mal besser läuft als sonst. Es gab Zeiten in denen wir vielleicht 3 Monate unterwegs waren und dazwischen höchstens 1-2 Wochen zu Hause sein konnten.
Und wie sieht es damit im Tour-Alltag aus - habt ihr bestimmte Pflichten während des Tages?
In gewisser Hinsicht, aber nicht wirklich. Es sind so Sachen wie Interviews oder der Soundcheck, aber für die meiste Zeit haben wir ziemlich viel frei. Das kann tagesabhängig gut oder schlecht sein (lacht)
Und ortsabhängig...
Ja, das auf jeden Fall.
Kommst Du dazu, mit Deiner Familie zu quatschen?
Ja, das ist auf jeden Fall eine gute Sache. Ich rede täglich mit meiner Familie über Facetime.
Kleine Zeitreise: Es ist ziemlich schwierig für neue Bands und angehende Musiker in der Musikindustrie durchzublicken und sich durchzuschlagen. Wie lief das bei Euch, ihr seid ja auch nicht von einem Tag auf den anderen Vollzeitmusiker geworden. Wie habt ihr diesen Spagat zwischen Erwerbsarbeit und Arbeit an der Musik hinbekommen?
Die Band ging 1999 los und etwa Ende 2001, Anfang 2002 haben wir angefangen, ziemlich regelmäßig zu touren. Und wir hatten damals alle Jobs. Ich glaube, dass wir besonders viel Glück hatten, aus verschiedenen Gründen: Denn ich meine, dass wir Ende 2002 - also nach einem intensiven Tour-Jahr - in der Lage waren, unsere Jobs zu kündigen. Für viele Bands passiert das nicht so schnell oder überhaupt nicht. Sie touren weiter und das ist sie tun, neben der Arbeit. Deswegen glaube ich, dass wir da sehr viel Glück hatten. Aber es ist hart, insbesondere zu der Zeit in der wir immer mehr Tour-Möglichkeiten erhalten haben. Und nach 4 Wochen kommst Du nach Hause und gehst direkt wieder arbeiten. Das war auf jeden Fall ein ruppiger Übergang, ein paar harte Jahre. Aber, wie gesagt, das war nur eine begrenzte Zeit so.
Und in was hast Du während der Zeit gearbeitet?
Ich habe Autositz-Polster repariert. Ich bin zu den Autohändlern gefahren und habe Risse und so was in den Bezügen repariert.
Hast Du das gelernt beziehungsweise war das eher ein Gelegenheitsjob?
Ich habe das gelernt - also es war das was mein Vater damals gemacht hat. Also habe ich das damals gelernt. Dazu kommt, dass ich mich gegen die Uni entschieden hab, weil ich es als Musiker versuchen wollte. Und das war wahrscheinlich die härteste Zeit, zum Schulabschluss als TAKING BACK SUNDAY anfing, denn ich wusste ja nicht wirklich, ob es mit der Band hinhauen würde. Und ich hatte nicht so etwas wie eine Backup-Plan. Also habe ich das von meinem Vater gelernt und es war gut, weil ich beispielsweise eine Woche weg sein konnte und dann einfach weiterarbeiten konnte. Aber ich habe es schon als etwas betrachtet, dass ich übergangsweise mache und nicht als etwas langfristig Geplantes.
Cool, dann lass uns zurück in die Gegenwart kehren. Ich habe in einem ausführlichen Interview zum neuen Album gelesen, dass jedes TAKING BACK SUNDAY Album mit einer Phase des menschlichen Lebens verglichen werden kann. Und „Tidal Wave“ ist das reife erwachsene TBS-Album. Das zumindest, hat der Journalist geschlussfolgert. Wie stehst Du zu dieser Analogie?
Ich denke, dass es Sinn macht. Als wir unser erstes Album aufgenommen haben, waren einige von uns um die 19, ich war 22 oder 23. Deshalb sind wir buchstäblich mit unserer Diskographie aufgewachsen. Aus diesem Grund ist es verständlich, dass die Alben den Prozess des Erwachsenwerdens wiederspiegeln.
Auch musikalisch...
Ja, ich denke, dass die Musik ein Spiegelbild von dem ist, was in unseren Leben gerade so passiert.
Ich nehme euch nicht als explizit politische Band wahr, aber inwiefern beeinflusst das gesellschaftliche Klima euren kreativen Prozess?
Ja, wir haben bisher nichts offensichtlich Politisches geschrieben. Aber auf diesem Album, auf „Tidal Wave“ sind einige Sachen, die soziale - und auch ein wenig politische - Fragen behandeln. Zum Beispiel der Song "Fences" wurde definitiv mit Donald Trump im Hinterkopf geschrieben. Und das war noch bevor er zum Präsidenten gewählt wurde. Diese Themen haben schon einen gewissen Einfluss auf die Richtung unserer Texte gehabt. Aber ich sehe es nicht kommen, dass wir eine super politische Band werden.
Eine letzte Frage für musikhungrige Leser. Was hörst Du gerade?
Das neue RYAN ADAMS Album, kürzlich erschienen, ist sehr gut. Ich höre tatsächlich viel RANDY NEWMAN in letzter Zeit. Keine Ahnung, ob das jemand auschecken möchte (lacht). Ich liebe seine Sachen und fuchse mich da allmählich in seinen Katalog rein. Es gibt eine Band namens YOU WON'T aus Boston. Sie haben letztens ihr zweites Album veröffentlicht, was ich echt gern höre. Ja, vieles, BAND OF HORSES haben ein relativ neues Album, welches ich viel gehört habe.
Hast Du das neue MENZINGERS Album gehört?
Noch nicht, ich habe gute Meinungen dazu gehört. Ich glaube unser Bassist, Shaun, hat es gehört und er meinte, dass es echt gut ist.
Das Album wurde ja explizit als Album über das Erwachsenwerden beworben.
Ok, ja ich check das mal aus.
Alles klar, dann vielen Dank für Deine Zeit, viel Spaß beim Konzert und alles Gute für Dich und Deine Leute.
Super, vielen Dank und Dir auch.