Nachdem wir nun ausführlich über die Lyrics gesprochen haben, kommen wir doch mal zur musikalischen Seite von "Requiem For Mankind". Ich finde eure Alben haben alle ihren ganz eignen Stil. "For The Fallen" war sehr heavy, ein wenig doomig und hat eine schon fast depressive Aura versprüht. "The Silent Vigil" fand ich dagegen direkter und aggressiver. Du hast bereits angedeutet, dass "Requiem For Mankind" die Merkmale der ersten beiden Alben vereint und perfektioniert. War diese Verbindung eures bisherigen Schaffens ein natürlicher Prozess?
Ja das neue Album ist definitiv das Ergebnis der ersten beiden Alben. Ein ganz wichtiger Punkt ist hier aber auch wieder die Produktion von Russ Russell, die im direkten Vergleich einen riesigen Unterschied macht.
Großen Einfluss auf den Sound hatte außerdem unser Gitarrist Scott Fairfax. Frank, Andrew (Whale, Drums) und ich sind sehr old school, unsere Einflüsse liegen in der zweiten Hälfte der 80er. Wir sind mit der damaligen Grind- und Punkszene in England und Bands wie DISCHARGE und ANTISECT augewachsen, bevor SLAYER, METALLICA und ANTHRAX groß bei uns rauskamen. Scott ist hingegen zehn Jahre jünger als wir und seine Einflüsse liegen eher in den mittleren bis späten 90ern bei technischeren Sachen wie MONSTROSITY, DEFLESHED oder STRAPPING YOU LAD, die sich so auch in unserem Sound wiederfinden. Aber die größte Neuerung ist definitiv die epische Produktion.
Das stimmt, "Requiem For Mankind" klingt extrem druckvoll, bisher ganz klar eure stärkste Produktion.
Wir werden uns Russ Russell auch auf jeden Fall für das nächste Album warm halten. Aber jetzt genießen wir erstmal das Erreichte, spielen ein paar Gigs und haben einfach ein wenig Spaß. Und vielleicht gehen wir dann nächstes Jahr um diese Zeit oder Ende 2020/Anfang 2021 wieder ins Studio.
Eure drei Alben waren ja ohnehin als lose Trilogie angelegt. Jetzt wo ihr damit durch seid, gibt es schon konkrete Pläne wie es weitergehen soll?
Wir befinden uns in einer sehr guten Position. Zunächst werden wir wie gesagt erstmal soviele Gigs wie möglich mit MEMORIAM spielen. Eine Sache gibt es aber, zu der wir bisher nicht gekommen sind. Wir würden gerne mal ins Studio gehen und einfach ein paar Coversongs von Bands aufnehmen, die uns beeiflusst haben; Sachen von Bands wie CRASS, ANTISECT und DISCHARGE. Diese Idee schwirrt noch immer in unseren Köpfen herum. Wir machen das vielleicht in Form einer 7"-Inch-Reihe, vermutlich aber nicht mit Nuclear Blast, sondern als Selbstveröffentlichung oder über Cosmic Chaos.
Außerdem haben wir alle noch unsere kleinen Nebenprojekte. Scott hat grade erst die Band AS THE WORLD DIES gegründet, Andy Whale hat DARKENED und ich mache zusammen mit Dave Ingram und Kam Lee TROIKADON, sowas wie die drei Tenöre des Death Metal (lacht). Wir haben also viele interessante Ideen, die uns bis zum nächsten MEMORIAM-Album beschäftigen.
Die Idee, alte Punk- und Hardcore-Songs zu covern finde ich besonders spannend, das würde auch sehr gut zu eurem Sound passen.
Absolut, denn diese Musik zeigt ja wo wie her kommen. Und wir können dann auch die Gelegenheit nutzen, mal ein paar Songs ins Rampenlicht zu stellen, die viele Leute vielleicht gar nicht kennen.
Deine Stimme hatte auf den ersten beiden Alben ja auch diesen rauen und etwas punkigen Touch, wohingegen du auf "Requiem For Mankind" wieder deutlich mehr nach Old School Death Metal klingst.
Dieser Hardcore- und Punk-Vibe war auch beabsichtigt und im Grunde habe ich bei den Aufnahmen zu "Requiem For Mankind" nichts anders gemacht. Ich bin ins Studio gegangen und habe genauso gearbeitet wie vorher. Auch hier hat die Produktion aber wieder eine große Rolle gespielt. Es wurden genau die richtigen Effekte genutzt und die Vocals liegen jetzt nicht mehr über der Musik oder darunter begraben, sondern fügen sich perfekt ins Gesamtbild ein. Es liegt also alles am großen Magier Russ Russell (lacht).
Der Sound von BOLT THROWER stand ja auch in dem Ruf, den Hörer zu überrollen wie ein Panzer. Ich finde dem kommt "Requiem For Mankind" sehr nahe.
Es ist natürlich eine gewisse Ironie dabei. Einerseits versuchen wir dem Schatten unserer alten Bands zu entfliehen und für uns den perfekten Sound zu finden, andererseits ist dieser Sound aber eben doch sehr nah an dem, was wir früher gemacht haben (lacht).
Ich persönlich finde das nicht schlimm, es ist ja euer persönlicher Background und euer eigenes Schaffen, wieso sollte man das nicht auch heraushören?
Stimmt, da hast du recht (lacht).
Eine kurze Frage hätte ich noch. Ich habe gelesen, dass du einen Abschluss in Kulturwissenschaften besitzt. Spiegeln sich die Erfahrungen aus deinem Studium auch in deinen Lyrics wieder?
Definitiv. Als ich BOLT THROWER Mitte der 90er Jahre verlassen habe, besuchte ich die Universität in Birmingham. Dort machte ich meinen Abschluss in Media, Culture and Society am Centre for Contemporary Cultural Studies der University of Birmingham. Es war großartig, ich habe viel über postmoderne Theorie, kritisches Denken und postmoderne Dekonstruktion gelernt. Die Beschäftigung mit strukturierten Denkweisen hat mir sehr dabei geholfen, die Dinge die ich sagen möchte in den richtigen Kontext zu bringen und zu formalisieren. Das Studium hat mir ein wichtiges Werkzeug an die Hand gegeben, um meine Gedanken intellektuell richtig ausdrücken zu können.
Nach drei Jahren habe ich die Universität dann mit einem schönen Blatt Papier und einem Schuldenberg verlassen (lacht). Man muss danach eigentlich schon in den akademischen Sektor gehen, denn die Ironie an kritischem Denken und Strukturalismus ist,...
...dass es für diese Art der Ausbildung keine Jobs gibt, ich kenne das.
Genau, das zeigt, dass Bildung hauptsächlich sich selbst begründender Bullshit ist (lacht). Man macht das eben in erster Linie für sich selbst und es hat mir auf jeden Fall in meiner Karriere geholfen.
So, nun aber wirklich die letzte Frage. Wie sieht es denn in der näheren Zukunft mit euren Tourplänen aus?
Wir spielen dieses Jahr eine gesunde Mischung aus Clubshows und ein paar Festivals, für 2020 ist der Terminkalender auch schon recht voll. Natürlich ist es sehr angenehm, dass wir uns unsere Gigs aussuchen können. Dadurch, dass wir nicht wie viele Bands auf große Touren gehen, kehrt auch nicht so schnell Routine ein und die Auftritte bleiben etwas Besonderes.
Dann bedanke ich mich erstmal für den netten und informativen Plausch und wünsche euch alles Gute für den Album-Release. Du hast das letzte Wort, sozusagen das "Requiem For The Interview".
Danke dir für deine Zeit und an unsere Fans und die Leser des Inteviews: danke für euren Support über die Jahre. Dass wir diese extreme Musik dank euch immer noch erfolgreich spielen können ist ein sehr erhebendes und bestätigendes Gefühl. Und kauft das Album (lacht).