Interview mit LEITKEGEL

09.12.2018
 

 

Unser Autor Camilo hat sich mit der Essener Post-Hardcore-Band LEITKEGEL zum Interview getroffen, um über Memes zu sprechen. Und über das kommende Album.

ALLSCHOOLS: Ihr habt vor 3-4 Jahren eine ziemlich starke Welle im Indie-Punk-Bereich ausgelöst, seid viel herumgekommen und vor etwa 2 Jahren wurde es stiller um LEITKEGEL. Wie kommt es, dass wir euch momentan vermehrt wieder live erleben dürfen?

Daniel H.: Also erstmal gab es diese Pause aufgrund meines neuen Jobs, der fordernd ist und außerdem einen Umzug erfordert hat. Nach etwas Eingewöhnungszeit haben wir wieder angefangen zu proben und da kamen relativ schnell neue Songideen. Und parallel kamen wieder Anfragen an uns, ohne dass wir dafür viel machen mussten.

Sebastian: Wir haben zwischendurch immer wieder irgendwelche Sachen gepostet, Videoschnippsel aus dem Proberaum und ich glaube danach kamen nach und nach Anfragen.

Hendrik: Eine komplette Pause war es ja nie, wir haben weiterhin geprobt, alle 2-3 Monate. Wir haben uns ja regelmäßig ausgetauscht, nicht nur Musik gemacht, es ist ja auch eine Freundschaft die wir haben. Nur die Prioritäten haben sich zwischenzeitig verschoben und jetzt war die Zeit reif, wir haben einige Songs angesammelt, die wir gut finden. Und innerhalb kürzester Zeit wurde es konkreter, sodass wir beschlossen haben, ein richtiges Album aufzunehmen. Wir waren im Studio und außerdem glaube ich, dass diese kleinen Social-Media-Eskapaden, vor allem diese Memes, Reaktionen und Nachfragen erzeugt haben. Also deshalb waren wir nie weg, aber diese Dichte an Gigs und diese Schnelligkeit, die seit Beginn der Band bestand, Output, Output, Spielen, Spielen, das konnten wir einfach nicht leisten.

Daniel S.: Wir haben in den 4 Jahren ja auch Konzerte gespielt, haben uns aber auch ein wenig zurückgenommen, weil es einfach für alle einen gewissen Einschnitt im Leben gab, etwa der Berufseinstieg und private Umorientierungen. Und das hatte erst einmal Priorität, man musste erst einmal klarkommen, um sich dann wieder als Band zu organisieren. Aber einzelne Anfragen haben wir angenommen. Und dazu kommt, dass unser ehemaliger Bassist ausgeschieden ist. Dadurch bedingt haben wir ein wenig Tempo rausgenommen.

Daniel H.: Ja, also 2015 war ja das letzte offizielle Konzert und ich glaube auch, dass Sebastian maßgeblich dazu beigetragen hat, dass wieder mehr passiert, weil er sehr tief in der Musik und dieser ganzen Szene steckt. Und es hat auch direkt gepasst mit Sebastian am Bass.

Hendrik: Unser vorheriger Bassist hat sich in einer persönlichen Umbruchphase gegen die Band entschieden. Und da mussten wir als Band erst einmal schauen, wie wir weitermachen. Und Sebastian hat sich auf unser kleines Gesuch gemeldet.

Daniel H.: Nach der ersten Probe mit Sebi waren wir alle sprachlos, weil wir gesehen haben wie es auch laufen kann. Er hat sich direkt eingebracht und die Songs weiterentwickelt. Und das hat uns einen Schub gegeben, vong Motivation her.

ALLSCHOOLS: Ihr hättet ja auch nach dem Ausstieg eures Bassisten den Laden einstampfen können.

Daniel S.: Dafür bedeutet uns das hier aber zu viel. Wir haben zwar darüber gesprochen, wie wir mit der ganzen Situation umgehen. Es hat sich ja auch privat einiges verändert, haben uns aber für eine Pause entschieden und keinen harten Cut und orientierten uns erst einmal wieder. Und das ging ja auch und jetzt geht es mit LEITKEGEL weiter.

ALLSCHOOLS: Sebastian, was war deine Motivation, dich bei LEITKEGEL einzubringen?

Sebastian: Ich hatte die Band einmal live gesehen beim Pfingst Open Air in Werden und wollte schon seit langer Zeit in einer Band mit deutschen Texten, ich nenn‘ es jetzt mal Deutschpunk, spielen. Und so hab‘ ich die Jungs angeschrieben, nach dem Motto, mehr als dass die ‚nein‘ sagen kann nicht passieren…

Daniel H.: …und wir haben mehr als ja gesagt (lacht)

ALLSCHOOLS: Sebastian, du spielst ja sonst noch bei DECEMBER YOUTH…

Sebastian: Ja, das ist musikalisch schon etwas anderes. Zuerst hatte ich überlegt, dass LEITKEGEL ja so etwas wie eine Zweitband sein könnte, aber mittlerweile haben beide Bands für mich den gleichen Stellenwert und ihre jeweilige Daseinsberechtigung.

ALLSCHOOLS: Als Follower von LEITKEGEL auf Social Media sieht man öfter mal eher impulsive Posts, etwa Memes, witzige Fotos aus der Probe oder eben jetzt sehr spontan das Foto aus dem Studio, indem ihr euer neues Album aufgenommen habt. Inwiefern ist das geplant oder seid ihr da eher unbedacht, was PR angeht?

Daniel S.: Also ernst zu nehmende PR wird dann wahrscheinlich mit dem Album kommen, aber wir sind glaube ich sehr impulsiv in dem was wir tun und überlegen weniger, ob wir Dies oder Das posten sollen und damit jemanden verschrecken. Wir machen das ja in erster Hinsicht für uns. Und wenn Sebi jetzt zum Beispiel einen Meme im Bandchat teilt und wir uns darüber kaputtlachen, dann liegt es nahe, dass die Leute die das verstehen auch lustig finden.

Sebastian: Wir machen das ja, weil wir es lustig finden.

Daniel H.: Ja eben, Sebi hatte mal 7 Memes im Bandchat verbreitet und darüber haben wir uns scheckiggelacht und so haben wir das nach und nach geteilt. Uns war das in dem Moment egal, ob es jemand anderes lustig findet.

Daniel S.: Es war rückblickend gar nicht so dumm, weil wir uns gewissermaßen wieder ins Gespräch gebracht haben. Und dadurch, dass parallel viel passiert ist, Proben und Songwriting, hat das ganz gut gepasst mit dem Übergang von diesen Spaßpostings und den ernst zu nehmenden Neuigkeiten.

Daniel H.: Das klingt so pragmatisch, war aber zu dem Zeitpunkt die einzige Möglichkeit, zu zeigen, dass es uns noch gibt.

Hendrik: Wir finden das natürlich grundsympathisch, wenn Bands ernst zu nehmende Musik veröffentlichen, aber sich selber nicht zu ernst nehmen. Und wir sind nun mal eine kleine Band aus Essen und nicht der neue Messias.

Daniel H.: Es gibt ja viele Bands wie MASTODON, EVERY TIME I DIE oder ALEXISONFIRE, die inhaltlich ernst zu nehmende Themen ansprechen, aber trotzdem eine Halloween-Show in witzigen Kostümen spielen. Und so etwas schätzen wir glaube ich alle, wenn die Musik ernst ist, aber man diesen Ernst nicht übertrieben nach außen trägt.

ALLSCHOOLS: Worauf kann man sich in naher und mittlerer Zukunft freuen, was LEITKEGEL betrifft?

Daniel H.: 100 neue Memes! Also für uns, und hoffentlich auch für andere, das Album. Das ist momentan das größte Projekt, was wir in Angriff genommen haben.

Hendrik: Wir waren im September 2018 mit dem Duisburger Produzenten Beray Habip in den Toolhouse Studios. Er spielt nebenbei in der sehr guten Band KOCHKRAFT DURCH KMA Schlagzeug. Die Zeit für ein Album war reif und wir haben ihn gefragt, weil wir ihn schon seit Bandgründung kennen. Aus seiner und auch unserer Sicht sind wir eine Liveband, weswegen wir nach Rotenburg in die Toolhouse Studios gefahren, um an 4 Tagen 9 Songs live einzukloppen. Und ich glaube, dass genau das irgendwie zu unserer impulsiven Arbeitsweise passt: wenn wir im Moment sind, dann klingen wir meiner Meinung nach am besten als Band. Wir hatten es tatsächlich probiert, jeweils zu Hause am Rechner Songs aufzunehmen, aber so organisiert sind wir dann auch nicht. Unsere Stärke ist eben dieser Moment zu viert, wenn wir Musik machen.

Daniel S.: Und auch die Freundschaft die uns vereint. Wir haben nicht im Internet den „besten“ Produzenten gesucht, sondern geschaut, welche Talente man im Freundeskreis hat. Und Beray hat sich eben auch einen guten Ruf erarbeitet und ist auch menschlich ein Topkerl. Und so hat es einfach gepasst in dem Moment.

Hendrik: Es fühlt sich gerade gut an und so sollte das auch in Zukunft sein. Und wenn Leute uns eine Chance geben, dann nehmen wir diese auch gerne wahr. Die neuen Songs zu spielen macht auch sehr großen Spaß und wir sind sehr gespannt. Ich finde sie viel fokussierter und wütender. Die Songs sind riffiger und wir haben sie on point aufgenommen, ohne Schnörkel.

Daniel S.: Textlich habe ich früher mehr Bilder genutzt und es ist jetzt sehr viel direkter geworden. Selbst ein Thema wie Trennung, was mich auch schon früher beschäftigt hat, ist nun viel direkter. Aber auch politische und gesellschaftskritische Songs sind dabei. Und um auch den Leuten ansatzweise etwas zurück zu geben, gibt es einen Song der „Wir sind für dich da“ heißt. Er soll einfach mal zeigen, dass wir das wahrnehmen und schätzen, wenn Gäste nach den Shows zu einem kommen und erzählen, dass ihnen ein bestimmter Song sehr viel bedeutet.

Hendrik: Wenn man als Hörer vor lauter vertrackter Lyrik nicht mehr versteht, worauf du hinauswillst, dann ist das nicht mehr viel Wert. Ich finde es immer toll, wenn Bands es schaffen auszudrücken, wie ich mich fühle. Und das möchten wir mit den neuen Songs auch versuchen.

ALLSCHOOLS: Dann wünschen wir euch viel Erfolg und bleiben gespannt auf das Album. Vielen Dank.