Interview mit LIKE A STORM

12.12.2016
 

 

Interview mit LIKE A STORM – 10.12.2016, Zenith München

Bei der Tour von ALTER BRIDGEGOJIRA und LIKE A STORM bekam ich die Möglichkeit, Gitarrist Matt Brooks von LIKE A STORM zu interviewen. Die vier Neuseeländer, drei davon Brüder, leben mittlerweile in den USA und haben mit ihrem „Didgeridoometal“ einen sehr eigenen musikalischen Stil gefunden. Aber auch das COOLIO-Cover von „Gangsters Paradise“ ist nicht ohne. Warum Desinfektionsmittel auf Tour unerlässlich ist und weshalb ein Rasthof in einer amerikanischen Kleinstadt ausschlaggebend für ihren bekanntesten Song „Love The Way You Hate Me“ war, erfahrt ihr hier.

Ich muss gestehen, dass ich euch noch nicht lange kenne, sondern erst anhand der Interviewanfrage zum ersten Mal bewusst von LIKE A STORM hörte. Die letzten drei Tage waren für mich also ein absoluter Crashkurs, um alles über euch herauszufinden, was das Netz so hergibt.

Matt: Ach, das ist schon ok. Zumindest hast du dich vorbereitet. Wir hatten da schon ganz andere Interviews, glaube mir.

Au weia… Ich denke aber, dass ich mittlerweile einen ganz guten Überblick über eure Band bekommen habe. Während meiner intensiven Beschäftigung mit LIKE A STORM fielen mir auch prompt einige Fragen ein, die mich persönlich interessieren und die ich dir heute gerne stellen würde.

Matt: Ok, dann bin ich gespannt, was du wissen möchtest.

Ihr spielt heute eure letzte Show in Deutschland zusammen mit ALTER BRIDGE und GOJIRA. Was haltet ihr von der deutschen Szene und den Fans im Vergleich zu Shows in den USA oder Neuseeland?

Matt: Deutsche sind weltweit bekannt dafür, tolle Fans zu sein. Wir hatten das Glück, viel in den USA zu touren, nachdem wir aus Neuseeland auswanderten. Jede Band aus den USA ist froh, wenn sie die Möglichkeit bekommt, auch einmal nach Europa, im Speziellen nach Deutschland zu kommen. Genau das wurde uns damals auch gesagt: „Leute, ihr müsst unbedingt mal in Deutschland spielen!“ Für uns ist das wirklich spannend, die Fans hier sind super. Deutschland ist ein tolles Land, in dem man gerne unterwegs und auf Tour ist. Das ist unser viertes Mal, dass wir hier sind. Wir haben sogar mittlerweile deutsche Fans, die uns auf der gesamten Tour durch ihr Land begleiten, das ist der Wahnsinn.

Soweit ich weiß, habt ihr morgen noch eine Show in der Schweiz, danach steht eine weitere Show in den USA für dieses Jahr aus, richtig?

Matt: Ja, genau. Morgen spielen wir noch in Basel und danach fliegen wir zurück nach Hause, um direkt an Silvester eine Show zu spielen. Das ist für uns das erste Mal, dass wir am 31.12. spielen dürfen. Genaugenommen ist unser Slot erst nach Mitternacht, wir leiten also das neue Jahr als Headliner ein, das ist ziemlich cool.

Welche Tipps hast du, um dich auf Tour fit zu halten?

Matt: Das ist die Seite des Rock’n’Rolls, die nicht so spannend ist. Man reist die ganze Zeit herum und trifft sehr viele Leute. Dementsprechend bekommt man auch eher wenig Schlaf ab. Wir versuchen, uns so gesund wie nur möglich zu ernähren. Ein paar Drinks sind aber natürlich immer dabei. Das ist dann doch wieder ein bisschen mehr Rock’n’Roll. Trotzdem sollte man viel Wasser trinken. Ach ja, der allerwichtigste Punkt für uns ist Handdesinfektionsmittel! Das ist die Geheimwaffe. Stell dir vor, wie vielen Menschen wir die Hand geben, und das jeden Abend. Da wir total gerne Leute treffen, ist Handdesinfektionsmittel wirklich eine obligatorische Sache, die man benutzen sollte.

Nächstes Jahr bringt ihr eure neue Platte „Catacombs“ heraus. Ich habe das erst heute auf Facebook gelesen, das ist also noch ziemlich frisch. Was kannst du mir über das Album erzählen?

Matt: Eigentlich wollten wir die Platte schon dieses Jahr herausbringen und hatten den Song „Pure Evil“ bereits als Single veröffentlicht. Dann traten die Jungs von ALTER BRIDGE an uns heran und fragten, ob wir mit ihnen auf Europa-Tour gehen wollten. Die Entscheidung, das neue Album erst danach zu releasen, wurde daraufhin entsprechend schnell getroffen. In diesem Moment waren wir noch im Studiomodus und schoben die Europa-Tour einfach dazwischen. Wenn wir wieder zurückkommen, arbeiten wir direkt weiter am Album. Die Resonanz, die wir durch „Pure Evil“ bekamen, war bis jetzt durchaus positiv. Wir freuen uns darauf, das Album dann in den nächsten Monaten fertigstellen zu können. Gerade die ganzen Eindrücke, die wir durch die Tour bekamen und auch das Feedback der Fans gaben uns nochmal neue Ideen, um die Platte bestmöglich zu gestalten.

Wisst ihr schon, wann das Album dann veröffentlicht werden soll?

Matt: Noch haben wir kein offizielles Datum. Ich denke aber, dass es nächsten Sommer so weit sein wird. Hoffen wir das einmal.

Mir gefällt, dass dein Bruder Chris neben Gesang und Gitarre auch Didgeridoo bei LIKE A STORM spielt. Diese Kombination hebt euch durchaus hervor. Habt ihr geplant, dieses Element auf der neuen Platte noch weiter auszubauen?

Matt: Das stimmt, man hört so gut wie nie eine Band der härteren Gangart, die ein Didgeridoo im Repertoire hat. Wir machen auf jeden Fall damit weiter! Jeder von uns spielt verschiedene Instrumente. Chris ist allerdings der einzige, der sich das Didgeridoo spielen selbst beigebracht hat. Wir dachten uns damals, dass dieses Instrument echt gut zu den Live-Shows passen würde. Als wir in die USA auswanderten, begannen wir damit, unser Showintro solo mit dem Didgeridoo zu beginnen. Das kommt bist heute wirklich super an. Erst mit „Love The Way You Hate Me“ aus dem Album „Awaken The Fire“ (2015) wurde das Didgeridoo wirklich Teil eines Songs. Damals waren wir neugierig und wollten wissen, wie sich dieses Instrument zusammen mit E-Gitarren anhören würde. Das Ergebnis finden wir bis heute super. Genau das ist es auch, das uns in dieser Beziehung andersartig macht. Es gefällt uns außerdem, anders zu sein.

Da hast du recht. Das Didgeridoo kommt auch in eurem Unplugged-Album „Like A Storm Unplugged“ (2013) vor. Gerade den Song „The End Of The Beginning“ finde ich absolut super. Neben diesem Album habt ihr auf eurer Platte „Awaken The Fire” (2015) sogar ein Cover von COOLIOs „Gangsters Paradise” gemacht. Sehr ungewöhnliche Kombination. Wie seid ihr denn darauf gekommen?

Matt: Es hat uns schon immer gefallen, Songs anderer nachzuspielen. Das Besondere dabei ist für uns, den Coversong so klingen zu lassen, als könnte er von einem selbst stammen. Somit gibt man ihm eine persönliche Note. Wir haben uns also gefragt: „Hey, wie würde eigentlich ‚Gangsters Paradise‘ klingen, wenn es ein LIKE A STORM-Song wäre?“. Deswegen fügten wir diesem Song Gitarrenriffs, Soli sowie auch Screamvocals hinzu. Genau die Elemente, die wir sonst auch beim eigenen Songwriting benutzen. Nun zu deiner Frage, wie es eigentlich zu diesem Cover kam: Wir waren im Studio, um die Platte „Awaken The Fire“ (2015) aufzunehmen. Dieser Aufnahmeprozess war sehr intensiv und kräftezehrend. Eines Abends entschlossen wir uns dazu, in die Stadt zu gehen, um den Kopf freizubekommen. Ein paar Drinks später lief „Gangsters Paradise“ in der Kneipe, in der wir saßen. Obwohl wir gerade nicht im Studio aufnahmen, war dieser Modus trotzdem allgegenwärtig. Chris und ich sahen uns bei dem Song an und waren uns einig: „Kaum zu glauben, dass der Song noch nie von einer Rockband gecovert wurde! Warum versuchen wir das nicht einfach?“. Wir beschlossen daraufhin, diesen Song einfach zwischendurch aufzunehmen. Das geschah dann wirklich über Nacht. Als das gesamte Album fertig war, fanden wir „Gangsters Paradise“ immer noch so cool, dass wir ihn kurzerhand mit auf die Platte packten.

Euer bekanntester Song ist bis dato „Love The Way You Hate Me“ (2013). Ich habe mir ein YouTube-Interview dazu angesehen und herausgefunden, dass es eine Geschichte hinter dem Song gibt. Ihr seid damals an einem Rastplatz in den USA in ein Café gegangen und wurdet komplett schräg von den Leuten dort angesehen. Der Song handelt davon, anders zu sein. Kannst du mir Hintergrundinformationen dazu geben?

Matt: Ja, in diesem Song geht es darum, die Stärke zu haben, man selbst zu sein. Das ist etwas, an das wir schon immer glaubten. Wir sehen nicht aus wie gewöhnliche Leute und das ist auch gut so. Wir wollten schon immer individuell sein und nicht mit der Masse gehen. Der Song wurde durch Folgendes inspiriert: Wir betraten damals diesen Rastplatz in einem ganz kleinen Ort in den USA – keine Kritik an Amerika, wir haben sehr viele Fans dort – aber natürlich sind Kleinstädte auf der ganzen Welt ähnlich: Man würde eher nicht erwarten, Leute wie uns dort anzutreffen. Dementsprechend drehte sich jeder nach uns um, schiefe Blicke wurden uns zugeworfen. Jemand stand sogar auf und sagte zu Kent, meinem anderen Bruder und Bassisten, dass er ein Freak sei. Aus diesem Erlebnis resultierte die Idee, einen Song über den Mut zur Andersartigkeit zu schreiben. Es gibt eine Zeile in „Love The Way You Hate Me“, in der es heißt: „I’d rather be a freak than be a fake“. Für uns fasst das eigentlich zusammen, um was es im Leben geht.

Perfekte Überleitung zur nächsten Frage: Wie geht ihr allgemein mit Kritik um? Was hat sich im Laufe der Jahre geändert?

Matt: Glücklicherweise bekamen wir sehr viel Unterstützung von unseren Fans sowie Musikern, zu denen wir aufschauen. Am Wichtigsten ist es in erster Linie, die Musik zu machen, die dir gefällt. Wir sind sehr selbstkritisch und arbeiten ständig an uns. Natürlich kann man nicht jedem gefallen, schon alleine deswegen nicht, weil es viel zu viele Genres dafür gibt. Das Schöne an Musikern ist ja meist, dass man sich gegenseitig respektiert und unterstützt, auch wenn man aus sehr unterschiedlichen Richtungen kommt.

Welche Tipps würdest du Newcomerbands geben, die gerade noch am Anfang stehen?

Matt: Oh, da gibt es Einiges. Man sollte immer aufpassen, sich nicht von anderen zu sehr bequatschen zu lassen. Gerade am Anfang kann es sehr verlockend sein, wenn dir jemand sagt: „Ich kenne das Geheimnis, wie ihr es zu etwas bringt. Macht einfach das, was ich euch sage, dann klappt es mit Sicherheit.“ So funktioniert das nämlich nicht. Genauso ist es, wenn man glaubt, von einer kleinen Bühne gleich einen riesen Sprung nach oben machen zu können und die ganzen Zwischenschritte auszulassen. Das geht schon alleine deswegen nicht, weil man mit der Zeit lernen muss, ein richtiger Performer zu werden. Die Marketingseite einer Band ist eine andere wichtige Sache, die nicht unterschätzt werden darf: Je mehr du marketingtechnisch selbst involviert bist, umso mehr Freiheiten kannst du dir zusprechen. Unabhängig zu sein und zu bestimmen, welche Touren man spielen möchte, ist eine sehr wichtige Sache. Man kann sich natürlich nur auf die Musik konzentrieren und alles andere ignorieren – dann kann es aber passieren, dass man sehr schnell in einer Position ist, in der man eigentlich nie sein wollte.

War das bei euch dann bereits in eurem Gründungsjahr 2005 der Fall?

Matt: Das ist eigentlich erst passiert, als wir nach Amerika ausgewandert sind. Zu dieser Zeit bekamen wir viele Mentoren an die Seite gestellt, von denen wir sehr viel lernen durften. Wenn du aus Neuseeland kommst, ist das wirklich ganz anders. Weißt du, der gravierendste Unterschied ist die Größe – und damit meine ich die Größe von allem. Amerika ist massiv und sehr divers, kulturell und geografisch gesehen. Je mehr Zeit du dort verbringst, umso mehr bekommt man das Gefühl, dass sich die einzelnen Staaten wie komplett verschiedene Länder anfühlen. Neuseeland ist natürlich auch sehr vielfältig, allerdings in einem wesentlich kleineren Maßstab. Wir hatten das Glück, gefühlt in jeder Stadt Nordamerikas einmal zu spielen. So lernt man diese Diversität am besten kennen, das ist schon faszinierend.

Gab es damals eine lokale Szene in Auckland, durch die ihr Unterstützung bekommen habt?

Matt: Ja, die gab es. Es gibt auch wirklich sehr viele gute Bands in Neuseeland. Wir sind in North Shore aufgewachsen, das ist ein Teil von Auckland. Dort gab es eine wirklich coole Szene für Metal- und Punkbands. Eine Sache, die junge Leute animiert, ist der gegenseitige Support. Meine Brüder und ich spielten alle vorher in verschiedenen Bands und hatten auch öfter Gigs zusammen. Wenn ich das jetzt z.B. mit der momentanen ALTER BRIDGE-Tour vergleiche, ist prinzipiell nicht viel Unterschied vorhanden: Es geht nach wie vor um gegenseitigen Support und die Gemeinschaft, zu der man sich zählen darf. Man ist unter Gleichgesinnten und erlebt Offenheit in allen Belangen, man inspiriert sich. Inspiration und Unterstützung sind zwei Dinge, die Teenager am nötigsten brauchen: Man will Musik mit anderen zusammen machen, die dieses Hobby genauso lieben wie du selbst. Dabei ist es erst einmal nicht so wichtig, dass man exakt den selben Musikgeschmack hat. In Auckland haben wir oft mit Leuten zusammengespielt, die aus einer anderen Richtung kamen. Das hat einem sehr guten Input gegeben und auch dafür gesorgt, offen für Neues zu werden.

Auf was kann man sich kommendes Jahr von LIKE A STORM noch freuen?

Matt: Zuerst wird die neue Platte fertiggemacht. Wie du dir vorstellen kannst, braucht das natürlich noch Einiges an Zeit. Interessant ist es allemal, weil wir nach einer so massiven Tour wieder zurück ins Studio kommen und den ganzen Input dort verarbeiten können. Nach dem Album haben wir noch eine Headliner-Tour in Amerika geplant. Außerdem möchten wir unbedingt noch einmal nach Deutschland und die UK zurück, um dort auch eine Headliner-Tour zu starten. Das ist etwas, von dem wir schon immer träumten. Jetzt waren wir ja schon vier Mal in Europa und haben mittlerweile sehr viele Fans gewonnen. Ihnen möchten wir es erstmalig möglich machen, dass wir neue Songs in einem längeren Set spielen können. Eine weitere Sache, auf die wir große Lust haben, ist eine Tour durch Japan. Ach ja, wir werden unsere Studioarbeit auch einmal unterbrechen, um zurück nach Neuseeland zu fliegen, um dort ein paar Shows zu spielen! Ich denke, das ist dann genug für kommendes Jahr, wir haben Arbeit vor uns. Hoffentlich klappt das alles. Man darf jedenfalls sehr gespannt sein, wir lassen von uns hören.

Hier geht es zur offiziellen Facebook-Seite von LIKE A STORM.

#didgeridoometal

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