Stell dich und die band bitte vor.
Also, wir sind Morning Before aus Karlsruhe und machen großartigen Indie/Emo-Rock
oder wie man es auch immer nennen will, da bin ich wahrscheinlich nicht die
richtige Person, das zu beurteilen. Am Start sind Julia (vocals), Tobias (guitars),
Johannes (guitars, vocals), Stefan (drums) und meine Wenigkeit Matthias (bass,
vocals).
Wir ziehen seit ca. 3 Jahren durch die Gegend und haben unter anderem eine full-length
CD herausgebracht mit dem Namen "Sunblind", die auf Pateline Industries
erschienen ist. Unsere neue MCD wird in ca. 2 Monaten endlich auf Strange Fruit
Records rauskommen und 6 brandneue Songs enthalten. Ansonsten gibt es von uns
noch massig Compilationbeiträge und natürlich ein Demo, auf das wir
heute aber nicht mehr so stolz sind. Außerdem sind wir eigentlich ständig
live unterwegs und jeder sollte auf alle Fälle mal vorbeischauen, wenn
wir gerade in der Stadt sind.
Beschreibe bitte eure Musik, aber nur mit einem Geschmack, einer Farbe,
einer Form (...). Warum hast du gerade diesen Geschmack, diese Form oder Farbe
gewählt?
Gute Frage...ich würde sagen, süß-sauer, rot, und rund. Also
süß-sauer beschreibt eigentlich sehr gut die Stimmung der meisten
Songs, meiner Meinung nach, da sie häufig süß verpackt sind,
aber der Inhalt doch oft sauer oder bitter ist. Diese Tatsache fällt vielen
Leuten nicht auf, die nur die Musik als solche sehen, was auch völlig ok
ist, aber hinter den Texten stehen doch zum Teil sehr nachdenkliche Menschen,
die ihre Gedanken und Gefühle hier zum Ausdruck bringen und zum Nachdenken
anregen wollen. Nicht auf eine plakative, phrasenklopfende Weise, aber doch
auf eine subtile Art. Die Texte sind häufig sehr persönlich und abstrakt
gehalten, was ich auch für besser halte, da sich die Leute dann das herausziehen
können, womit sie sich assoziieren. Ich mag auch lieber Literatur, bei
der mir nicht immer gleich alles einleuchtend ist, da es mich viel mehr zum
Nachdenken anregt, wenn nicht alles glasklar durchsichtig ist.
Die Farbe rot, da es einfach das richtige Gefühl für mich vermittelt.
Muss nicht unbedingt knallrot sein, aber auf jeden Fall ein Rotton. Kann ich
jetzt aber auch nicht weiter begründen, sorry.
Rund, weil Morning Before einfach eine runde Sache ist. Nein Spaß beiseite,
wenn ich Musik mit "eckig" beschreiben müsste, dann würde
ich eher an sehr schräge, verkopfte Sachen denken.
Was macht eure band und eure Musik aus? Welche Besonderheiten gibt es? Was
war euch von Anfang an wichtig und was hat sich erst mit der Zeit entwickelt?
Ich denke, dass Morning Before von fünf sehr verschiedenen Individuen
gemacht wird, die sowohl musikalisch als auch persönlich zum Teil sehr
unterschiedlich sind. Das kann auf der einen Seite sehr interessant und inspirierend
sein und auf der anderen Seite auch eher schwierig. Wir kommen alle aus verschiedenen
Musikrichtungen und haben uns irgendwie gefunden, um zusammen Musik zu machen.
Es war vor allem am Anfang doch sehr schwierig, sich auf eine gewisse Stilrichtung
einzufahren, da die Einflüsse, wie schon gesagt, sehr verschieden sind.
Dies hat den wunderbaren Effekt, dass wir nicht klingen, wie viele andere Bands,
meiner Meinung nach. Wir hatten zum Beispiel noch nie ein Problem Klavier, Streicher,
Querflöte und Schreigesang in einen Song zu packen. Auch vom Stil her haben
wir keine Ambitionen, wie eine bestimmte Band zu klingen, die auf uns einen
prägenden Einfluss hatte, wie bei so vielen anderen Bands, bei denen das
oft sehr offensichtlich ist. Ob das gut oder schlecht ist, sei einmal dahingestellt.
Wäre auch gar nicht möglich gewesen. Uns war es von Anfang an wichtig,
uns keine Grenzen in irgendeiner Weise zu setzen, sei es musikalisch, textlich
oder was auch immer. Eben diese Mischung aus den verschiedensten Einflüssen
macht Morning Before unter anderem aus.
Was hältst du von.....
---Helge Schneider
Rockt ohne Ende!!
---Talkshows
Die meisten Talkshows, die ich kenne, sind die größte Zeitverschwendung
und Menschheitsverdummung. Mag aber auch Ausnahmen geben.
---Britney Spears
Muss nicht sein.
---Zombiefilmen
Langweilig.
---Käthe Kollwitz
Enorm wichtige Künstlerin, die mit ihren Bildern vieles auf den Punkt brachte,
was andere Leute nicht zu sagen vermochten. Ganz groß!
---Ricky Martin.
Ja, dann eher noch Britney. Aber meine Freundin findet ihn sehr heiß,
wenn das nicht zu denken gibt...
Wie wird das mit eurer neuen Platte...die Aufnahmen sind fertig, was wird
passieren?
Was ändert sich und was bleibt, wie es ist?
Ja, wie gesagt, die Aufnahmen sind im Kasten und die MCD wird in ca. 2 Monaten
auf Strange Fruit Records rauskommen. Wir sind sehr zufrieden mit dem Sound
und der Produktion und haben uns auch diesmal ausgiebig Zeit gelassen, was Mischen
und Mastern betrifft. Im Grunde gibt es keine tiefgreifenden Veränderungen,
außer dass wir etwas mit Elektronik experimentiert haben und manche Songs
etwas ruhiger sind und manche etwas mehr nach vorne gehen. Eine natürliche
Weiterentwicklung. Wem "Sunblind" gefallen hat, der kann bei der neuen
Scheibe, die übrigens wahrscheinlich "The New Romantics" heißen
wird, bedenkenlos zugreifen. Uns gefällt natürlich das neue Material
noch besser, aber ich denke, da fehlt auch der nötige Abstand, um dies
beurteilen zu können.
Ihr habt eine Sängerin. Wie wird das von den Menschen aufgenommen.
Meinst du, es ist ein Unterschied?
Also vor einem Jahr hätte ich noch gesagt, es ist kein Unterschied, aber
man wird doch häufig so in eine bestimme Richtung zwecks Frauengesang gedrückt,
was prinzipiell ja auch in Ordnung ist. Auf den Flyern steht eben fast immer
mit Frau am Mikro oder ähnliches. Ich denke, dass wir aber auf keinen Fall
einen großen Pluspunkt in der Tasche haben, nur weil wir weiblichen Gesang
am Start haben, da sind meine Erfahrungen sehr gemischter Natur.
Wie sieht euer Publikum aus. Meinst du, es hängt damit zusammen, dass
ihr eine Frau am Mikrofon habt?
Also unser Publikum ist sehr gemischt. Wir spielen viele HC/Punk Shows, aber
auch ein paar mainstreamigere Sachen. Wir haben Gott sei dank nicht viele Tough
Guys im Publikum...liegt wahrscheinlich an der Musik und weniger daran, dass
eine Frau singt. Ansonsten könnte ich nicht sagen, dass wir ein anderes
Publikum ziehen als Bands, die ähnliche Musik machen.
Fühlt ihr euch einer Szene zugehörig? (fühlst du dich einer
zugehörig?) Wenn ja welcher und warum, wenn nicht, warum nicht? Denkst
du, dass es wichtig ist?
In der Sache kann ich nur für mich sprechen. Ich komme ganz klar aus der
ganzen Punk/DIY Sache und sehe da auch noch meine Wurzeln. Allerdings kann ich
nicht sagen, dass ich mich wirklich einer Szene zugehörig fühle, obwohl
ich schon noch viel mit Leuten aus der Ecke zu tun habe. Die Szene hat viele
positive Seiten, die ich auf keinen Fall missen möchte und ich habe auch
durch den Kontakt mit verschieden Leuten sehr viel gelernt und es hat mich und
mein Denken zu einem gewissen Grad beeinflusst, aber auf der anderen Seite gibt
es auch zu viele Dinge, die mich wirklich stören und die es mir unmöglich
machen, mich einer "Szene" zugehörig zu fühlen...will jetzt
aber gar nicht näher darauf eingehen, das können andere besser. Außerdem
kann eine "Szene" sehr beengend sein in kreativer Hinsicht, da doch
damit verbunden, immer recht enge Grenzen gesetzt sind, die ja dann auch von
den meisten Bands eingehalten werden. Das schließt natürlich auch
viele gute Sachen aus, da sie nicht in den Rahmen passen und die Leute manchmal
lieber die tausendste Kopie einer Ami-Band hören wollen, als etwas originelles.
Innovation kommt da manchmal etwas kurz.
Welches war das erste Konzert, das du besucht hast und wie alt warst du
damals?
Black Sabbath und Danzig in einem alten Theater. Ich war damals 14. Die Atmosphäre
war der Hammer, auch aufgrund der Location. Das Konzert war auch sehr geil und
ich war damals sehr beeindruckt. Überall Menschen mit langen Haaren, die
eine Menge Bier tranken und ihre Matte schüttelten. Ne, war schon gediegen,
ist mir heute auch immer noch in guter Erinnerung.
Wann standest du das erste Mal selber auf einer Bühne und mit wem?
Gibt es eine Wunschband, mit der du gerne mal spielen würdest?
Das erste Mal auf einer Bühne, um zu rocken, war ich mit 15. Das war mit
meiner ersten Band, wir haben so richtig schlechten 80'er Metal gespielt. Ich
glaube, das war auf einem Bandfestival an unserer Schule. Ich weiß noch,
dass ich mir fast vor Angst in die Hose gemacht hätte, denn da waren so
ca. 400 Leute da und das bei deinem ersten Konzert.
Also mit Radiohead oder R.E.M. mal auf der Bühne zu stehen, wäre schon
gediegen, obwohl wir uns da warm anziehen müssten...
Um welche Themen geht es bei Morning Before. Welchen Anspruch habt ihr an
die Aussage eurer Musik (oder gibt es die nicht?) Wen wollt ihr damit erreichen?
In unseren Texten geht es meistens um persönliche Erfahrungen, Gefühle
und Gedanken, die wir zu Papier bringen. Uns liegt es fern, irgendwelche plakativen
Slogans zu dreschen, das können andere Bands besser und ich denke, die
sind in der Richtung auch anders motiviert als wir. Wir haben keine Lösungen
für die Probleme der Welt, wir legen nur unsere Gedanken und Fragen dar
und hoffen, dass sich ein paar Leute mit diesen Gedanken identifizieren können
und für sich etwas gewinnen können. Wir schreiben keinem vor, was
er zu tun oder zu lassen hat, welche Partei er zu wählen oder was er zu
essen hat. In vielen unserer Lyrics geht es um zwischenmenschliche Beziehungen,
die ja das Kernstück einer Gesellschaft ausmachen. Wahre Veränderung
geht meiner Meinung nach nur auf persönlicher Ebene, will heißen
auf der Ebene, wie wir miteinander umgehen und kommunizieren, wie wir unsere
Beziehungen, welcher Art auch immer, gestalten und ausformen. In der Frage muss
jeder seinen eigenen Weg finden, der für ihn/sie richtig ist bzw. richtig
erscheint.
Wir wollen generell so viele Menschen wie möglich erreichen und zwar ganz
verschiedene Menschen. Das ist auch der Grund, warum wir immer wieder mit ganz
unterschiedlichen Bands zusammenspielen und dies auch immer tun werden. Das
macht das Ganze für uns sehr viel interessanter und abwechslungsreicher
und zudem kann man eben wieder ganz andere Leute erreichen, die sonst wahrscheinlich
nie eine Morning Before CD in die Hand genommen hätten.
Was waren für dich die besten Platten/CDs/7'' 2000?
Was war die größte Enttäuschung am Hardcorehimmel?
Kann ich nicht auf eine Platte reduzieren...die Radiohead-Kid A, At the Drive-In
-Relationship of Command, Weakerthans- Left and Leaving, Boy sets Fire-After
the Eulogy haben mich unter anderem letztes Jahr sehr beeindruckt.
Enttäuschungen gab es auch ein paar, die ich hier aber nicht nennen will,
da es für mich keinen Sinn macht, jemanden als Enttäuschung darzustellen.
Wenn du dir ein Luftschloss bauen würdest, mit keinen logischen Einschränkungen,
wiewürde es aussehen?
Nicht sehr groß, aber schön und gemütlich.
Vielen Dank für das Interview und das Interesse.