Interview mit Pianos Become The Teeth

28.01.2015
 

 

Allschools: Bitte stelle dich doch zunächst einmal vor!
Mike: Mein Name ist Mike und ich spiele Gitarre bei Pianos Become the Teeth.

Allschools: Ihr habt zwei Drittel eurer Tour bereits hinter euch und heute ist eure letzte Show in Deutschland. Wie war es bis jetzt?
Mike: Super. Es war auf jeden Fall besser besucht als wir das erwartet haben. Jede Tour die wir hier gemacht haben war immer großartig und es ist konsistent angewachsen, aber diese Tour ist wahrscheinlich die erste Tour bei der wir wirklich das Wachstum der Sache, an der wir arbeiten, sehen können. Das ist natürlich wunderbar.

Allschools: Wie viele Touren habt ihr denn bis jetzt in Europa gemacht?
Mike: Das ist unsere vierte Tour hier. Im April 2011 waren wir mit Suis La Lune unterwegs, etwa dreieinhalb Wochen lang, fast einen Monat. Dann hatten wir noch eine Tour im März 2012 und kamen im selben Jahr im Juli und August für die Festivals zurück. Und jetzt eben diese Tour. Aber es ist zweieinhalb Jahre her, seit wir hier waren. Wir waren vorher einige Male für „The Lack Long After“ hier.

Allschools: Was erwartet ihr von den Shows in UK? Dort wart ihr ja auch schon.
Mike: Ja, es ist etwas seltsam. Ich habe noch nie gedacht dass wir eine „UK Band“ sind, wenn das Sinn macht. Im Vereinigten Königreich kommt es mir so vor als ob sie dort einen guten Sinn für populäre Musik und Fashion hätten und ich bin immer eingeschüchtert, ob wir dafür cool genug sind (lacht). Aber die coole Sache ist, dass wir Ticketzählungen rückgemeldet bekommen haben und dass alle Shows scheinbar sehr gut laufen. London ist etwa zehn Karten vom Ausverkauf entfernt, wenn es nicht schon ausverkauft ist. Und das wird die größte Crowd sein, für die wir je gespielt haben. Die einzige größere Show war eine Hometown-Show in Baltimore. Aber das wird die größte Show die wir jemals alleine, als ein Headliner auf einem anderen Kontinent gespielt haben. Es sind zwar „nur“ 500 Leute, aber für uns als Headliner ist das schon eine große Sache. So etwas hätten wir nie erwartet, es ist sehr beeindruckend und hat uns echt aus den Socken gehauen.

Allschools: Macht euch das Angst?
Mike: Naja, nicht wirklich Angst. Es schüchtert nur ein. Ich will immer dass die Show gut über die Bühne geht und das kein Amp in der Mitte der größten Show der Tour durchrauscht, oder so. Aber solche Sachen passieren. Selbst wenn es passieren würde, wäre die Show sicher trotzdem genial.

Allschools: Und wenn ihr mit dem Festland vergleicht, wie sind da eure Erwartungen?
Mike: Sehr ähnlich. Es wird auch dort interessant sein zu sehen, was das neue Album mit den Leuten macht. Wir sind nicht wirklich eine riesige Sing-A-Long-Hardcore-Band, es ist eher so dass die Leute sich ganz ruhig die Show ansehen wollen und alle Eindrücke aufnehmen wollen. Wir denken uns dann immer „Langweilen wir die zu Tode?“ oder “Hassen die das?”, aber ich denke das ist es weniger. Es ist eher so, dass die Leute die Show genießen und alles aufnehmen wollen.

Allschools: Ihr habt also eine Veränderung in der Reaktion der Crowd auf die neuen Songs bemerkt?
Mike: Nun ja, schon. Aber nicht in einer schlechten Weise. Wir waren nie eine Band, zu der die Leute völlig ausgeratet sind. Wie zum Beispiel Touché Amoré. Ich meine, das ist wirklich krank, was bei denen abgeht. Die Leute stagediven, und so weiter. Wir waren immer eine Band, die die Leute nur anschauen, was für uns völlig in Ordnung ist. Meine Hoffnung ist, dass es für uns eines Tages nicht seltsam sein wird, ein bestuhltes Amphitheater oder so etwas zu spielen. Ich hätte gerne eine Band wie Radiohead, die sehr seltsame Dinge machen kann, aber auch pop-orientierten Kam. Ich erwarte in etwa dieselben Reaktionen im Vereinigten Königreich. Hoffentlich werden die Crowds genau so groß sein, weil das hier echt super war.

Allschools: Wie erinnert ihr euch denn an die europäischen Shows 2012 im Vergleich hierzu?
Mike: Diese sind viel größer und viel besser. Aber 2012 kamen wir denke ich auch in einer seltsamen Zeit rüber. Es war ziemlich kalt und wir hatten nicht wirklich ein neues Album. Ich meine, es hat immer noch Spaß gemacht, aber das hier war bei weitem die beste Tour, die wir hier hatten.

Allschools: Eure beste Tour im Generellen?
Mike: Die beste Tour die wir je hatten? Hm.. wenn ich ehrlich sein soll, ist bis zum heutigen Tag eine meiner Lieblingstouren eine Tour, die wir komplett selbst gebucht haben, kurz bevor “Old Pride” heraus kam. Wir spielten in Kellern, Haus-Shows und so, in Amerika. Es waren etwa 50 Tage, eine sehr lange Tour, aber wir waren alle so jung und dachten uns nur „Rauskommen und spielen!“. Wir spielten teilweise zwei Shows an einem Tag und das Ding an der Tour war, dass wir keine Off-Dates haben wollten. Einfach nur jeden Tag woanders sein. Und diese Tour war so spaßig, weil es das erste Mal war, dass wir Shows spielten und uns dachten „Mann, hier sind echt viele Leute, die unsere Band irgendwie mögen. Das ist komisch.“. Und es waren fast nur Häuser. Wir haben zum Beispiel die erste Show von Joyce Manor gespielt. Wir, Seahaven, Touché Amoré und diese Band namens Creatures. Es waren etwa 50 oder 60 Leute da, es war nichts Riesiges. Und es ist einfach cool darüber nachzudenken, dass die Show heutzutage wahrscheinlich richtig riesig wäre. Es sind eine Menge cooler Dinge auf der Tour passiert, es war aber auch irgendwie härter. Unser Van hatte keine Klimaanlage, und Mitte Juli hat sich das dann angefühlt wie 100 Grad in der Wüste. Unser Van war sowieso die reinste Schrottmühle. Wir hatten ständig Angst, ob er uns abkackt und was wir dann machen würden. Das war eher ein großes Abenteuer als eine Tour. Und wir waren es nicht gewohnt. Ich denke man härtet sich ab, wenn man die ganze Zeit tourt, aber das macht mich kein Stück weniger dankbar oder demütig, dass es Leute gibt, die Spaß an unserer Band finden. Das hier ist die erste Tour in Europa für uns, bei der Shows ausverkauft waren. Und wir dachten nie, dass das passieren könnte.

Allschools: Habt ihr euch die Supportbands selbst ausgesucht?
Mike: Ja.

Allschools: Echt? Wie seid ihr denn auf New Native aufmerksam geworden?
Mike: Unser Booking-Agent Tom hat uns eine Liste von Bands rübergeschickt, und wir sind einfach die Liste durchgegangen und haben uns das angehört. Als wir New Native hörten dachten wir uns „Wow, die sind es!“. Ich denke sie passen ästhetisch dazu, wie wir die Tour klingen lassen wollen, vor allem bezüglich der Richtung, in die wir gehen wollen. Es hat einfach Sinn gemacht. Ich habe die Platte geliebt und wir dachten es wäre super, sie dabei zu haben. Und es sind die coolsten Jungs, ich liebe es, mit ihnen abzuhängen.

Allschools: Und Silver Snakes? Kanntet ihr die schon vorher?
Mike: Ja, Zach und David haben eine andere Band namens „United Nations“, mit Jeff von Thursday. Sie haben eine Tour an der Westküste mit Silver Snakes gemacht. Wir haben uns die Platte von ihnen massig angehört, sogar bevor wir sie überhaupt kannten. Denn die Platte ist einfach großartig, eine antreibende, wuchtige Rockplatte. Und da dachten wir uns immer „Mit dieser Band wollen wir mal touren!“, und im Endeffekt hat es dann perfekt geklappt.

Allschools: Wie kam die Zusammenarbeit mit Epitaph zustande? Wer hat wen angesprochen, und wann?
Mike: Letztes Jahr hatten wir einen Manager (er ist auch noch aktuell unser Manager) und wir hatten eine Liste von Labels, denen wir gerne Demos schicken wollten. Epitaph kam auf uns zurück und hat uns zum Essen eingeladen. Sie verstanden die Vision unserer Band, worauf wir hinausarbeiten wollen. Sie wissen, dass wir versuchen wollen, etwas anderes zu machen als zuvor, gerade mit dem aktuellen Album. Und sie machten einfach so einen positiven Eindruck bei allem, sie haben uns sehr ermutigt und mochten alles, was wir bisher gemacht hatten. Als wir begannen, uns mit ihnen zu unterhalten, war das eine sehr einfache Entscheidung. Sie schienen cool und Bock auf unser Zeug zu haben. Wir haben ihnen also unsere Demos gegeben und als wir ihnen dann später die Platte geschickt haben, haben sie die geliebt.

Allschools: Hatten sie einen Einfluss auf das Songwriting?
Mike: Nein, sie hatten nie einen Einfluss. WIR haben ihnen diese Platte gegeben, die keinen Schreigesang drauf hatte und sie mochten es. Sie waren einfach nur hinsichtlich jeder künstlerischen Bemühung von uns sehr unterstützend.

Allschools: Meiner Meinung nach kann man wirklich hören, wie ihr auf dem neuesten Album versucht habt, diese bestmögliche Platte zu schreiben. Ihr habt euch Zeit genommen und viel Promo vor der Veröffentlichung gemacht. Gab es einen Zeitpunkt, an dem ihr euch gesagt habt „entweder 100% oder gar nicht“?
Mike: Ich denke als wir ins Studio gingen und wirklich damit anfingen, die Songs aufzubauen, konnten wir zum ersten Mal hören, wie alles sauber zusammen kommt. Ich nehme normalerweise unsere Demos auf, und sie hören sich gut an, aber das sind wirklich nur wir fünf, wie wir rumjammen. Wenn man dann im Studio ist und den richtigen Klang hin bekommt.. ab dann ging es wirklich mit voller Kraft voraus. Wir konnten einfach nicht begeisterter sein. Es gab keinen bewussten Gedankengang wie „Es muss alles normaler Gesang sein“ oder „es muss alles hart oder soft klingen“, wir haben nur die Songs geschrieben und herausgefunden, welche zusammen Sinn machen, und so weiter. Wir bekamen eine Idee davon, wie sich das nächste Kapitel unserer Band anhört. Und als Künstler wollen wir alle wachsen. Wenn du mich vor zwei Jahren gefragt hättest, ob sich unser Album so anhören würde, hätte ich das nicht geglaubt. Es gibt viele kleine Dinge auf der Platte, die Spaß machen, wenn man sich es mehrmals anhört und es bemerkt. Und das ist bei allen meinen Lieblingsplatten so.

Allschools: Hast du dafür ein Beispiel?
Mike: Ja, wenn du zum Beispiel den Song „April“ anhörst, dann sind im zweiten Vers im Hintergrund orchestrierte Streicher zu hören. Im Song „Enamore Me“ hat meine Gitarre das ganze Lied über sehr viel Chorus, und es gibt einen sehr tiefen Gitarren-Part im Hintergrund, die den Gesangsmelodien durch den Song folgt. Nur solche winzigen Sachen. Bei manchen Songs haben wir eine Konzert-Bassdrum verwendet, bei manchen wird eine Pauke verwendet, wir haben einfach sehr viel auf die Instrumentierung geachtet, aber es ist recht vergraben und darauf reduziert, wo es den Songs gut tut, aber es sticht nicht heraus.

Allschools: Waren das alles eure Ideen oder hat Will Yip auch ein paar hinzugefügt?
Mike: Hauptsächlich unsere Ideen als Band, das haben wir bis jetzt bei jeder Platte so gemacht. Nachdem wir fertig sind hören wir uns das alles nochmal an und fügen Dinge hinzu. Vor allem David, er kennt sich sehr gut mit perkussiven Dingen aus und das hört sich immer cool an. Oft hat sich Will mit Ideen eingebracht wie „Lasst uns diesen Teil einfach gitarrenmässig doppeln, um es sehr rau klingen zu lassen, mit einem Fuzz oder sowas“. Also haben wir diese Sachen ausprobiert und es war definitiv eine kollaborative Sache. Er ist einfach der coolste Typ, mit dem man zusammenarbeiten kann. Er hat einfach den Nagel auf den Kopf getroffen, als es darum ging, das zu kreieren, was wir kreieren wollten.

Allschools: Habt ihr den Eindruck, dass ihr mit „Keep You“ viele alte Fans verloren habt? Was ist eurer Meinung nach die Gesamtreaktion auf das Album?
Mike: Ich denke nicht, dass wir viele Leute verloren haben. Ein paar bestimmt, aber ich denke wir haben sicherlich mindestens genau so viele dazu gewonnen, denn für viele Leute war das ihre erste Bekanntschaft mit uns. Ich denke unsere vorherigen Platten waren zu grob und aggressiv für sie. Viele Leute, die vorher nichts mit uns anfangen konnten, finden Spaß an der neuen Platte. Wahrscheinlich gibt es viele Leute, die die Platte nicht mögen, weil sie nicht hart ist, aber es gibt genau so viele, die sie mögen, weil sie nicht hart ist. Die Gesamtreaktion war also positiv.

Allschools: Also gab es niemanden, der einen gewissen Ruf genießt und eure Platte durch den Dreck gezogen hat?
Allschools: Nicht wirklich. Es gab eher viele Leute, bei denen es mich total überrascht hat, dass sie die Platte so sehr mochten, da sie normalerweise eine eher harte Meinung haben. Pitchfork mochte es, was ich nicht erwartet hatte. Ich bin begeistert, dass sie das Zeug mögen. Manche Leute haben was auf Stereogum oder dem AV Club gepostet. Es gab eine Hand voll Reviews von Leuten, die das Album langweilig oder so fanden, aber das ist okay. Ich denke man muss auch schlechte Reviews haben, man wird nicht bei jedem Album nur super Reviews bekommen. Alles in allem könnten wir nicht stolzer über die Platte sein und das ist das Wichtige.

Allschools: Es ist hart, eure Musik mit einem Genre zu beschreiben. Wie würdet ihr selbst sie beschreiben?
Mike: Wir bezeichnen sie scherzhaft immer als „sad bastard music“. Wir schreiben melancholische Musik. Ich denke das spricht uns einfach am ehesten an. Ich würde es einfach als härteren, bedrückenden Indie Rock bezeichnen. Das antworte ich wahrscheinlich, wenn Leute mich fragen, was für Musik wir spielen. Bei Post Rock denke ich immer an instrumentelle Bands, das kann ich nicht benutzen. Für Post-Hardcore sind wir nicht hart genug. Ich denke man könnte uns in eine Reihe mit At the Drive-In stellen. Sie waren ein riesiger Einfluss für uns als Band. „Relationship of Command“ ist ein Album, das wir alle mögen. Wahrscheinlich einer unserer Band-Favoriten.

Allschools: Die spielen aber deutlich schneller als ihr!
Mike: Genau. Sie waren eine Post-Hardcore-Band. Wir sind keine Hardcore-Band. Und auch keine Screamo band. Ich denke nicht, dass irgendetwas falsch an Screamo-Bands ist, aber ich denke ein Großteil des Genres hat seinen Namen weil die Musik sehr unpoliert und rau ist, sehr auf den Punkt und emotional. Ich mag sehr viele Screamo-Bands, aber ich denke nicht, dass wir eine sind. Wir sind nur wie eine traurige Rockband (lacht).

Allschools: Vor ein paar Jahren hat man euch zusammen mit einigen anderen Bands als „The Wave“ gekannt. Habt ihr noch Kontakt mit den anderen vier Bands oder würdet ihr sagen, dass diese speziellen Verbindungen über die Jahre geringer geworden sind?
Mike: Die ganze Sache war von Anfang an ein Witz und es ist verrückt, wie groß das geworden ist. Es wurde diese Sache, bei der Leute dachten, dass es sowas wie ein Genre ist, obwohl es ein kompletter Witz war. Wir halten nach wie vor freundschaftlichen Kontakt mit diesen Bands. Wir sind sehr eng befreundet mit den Jungs in Touché und La Dispute. Ich bin gespannt bezüglich des neuen Make do and Mend Albums. Defeater haben gerade auch bei Epitaph untergeschrieben. Wir haben nach wie vor Kontakt mit allen Bands, aber die „Wave“ ist so tot wie sie nur sein könnte.

Allschools: Wie hat das denn überhaupt angefangen?
Mike: Ich glaube James von MDAM hat die ganze Zeit Witze gemacht und gesagt, dass wir alle… ich weiß gar nicht mal wie das Wort „The Wave“ dabei aufkam. Aber es wurde dieses Ding und es waren nur unsere fünf Bands weil wir ständig zusammen tourten und Shows zusammen spielten. Es war aber nie dieses inklusive Ding, wie manche Leute dachten. Ich kann aber verstehen, wie diese Bands alle irgendwie miteinander verbunden sind und bin begeistert darüber, dass alle so unterschiedliche Dinge tun. Ich fühle mich als ob wir immer der kleine Bruder dieser ganzen Bands waren.

Allschools: Was mich zu meiner nächsten Frage führt, denn all diese Bands hatten früher oder später so eine Art Hype. Und ich denke, das ist nun bei euch der Fall. Wie plant ihr, die Aufmerksamkeit der Zuhörer beizubehalten, nach „Keep You“?
Mike: Na, das hoffe ich doch (lacht). Ich denke nicht, dass wir das einen Plan haben, ich hoffe nur dass uns die Fans erhalten bleiben. Wir werden immer touren und neue Musik veröffentlichen, wir hoffen dabei eben nur dass wir die Leute weiterhin daran interessiert halten können, was wir tun. Es ist sehr einfach, sich als Band festzufahren und immer wieder das gleiche Album zu schreiben. Obwohl die Platte gerade erst raus kam, reden wir schon darüber, wie die nächste sich anhören wird und versuchen ein Gefühl dafür zu bekommen, was jeder so machen will. Ich denke wir sind eine dieser Bands, die nie so richtig reinpassen, was meiner Meinung nach nie eine schlechte Sache ist. Ich habe das Gefühl, dass wir gerade nach diesem Album alles herausbringen können, was wir wollen. Wir könnten wieder eine harte Platte machen, oder wieder eine softe, oder aber etwas super Experimentelles und Verrücktes. Die Leute werden Interesse daran haben, weil die aktuelle Veränderung so drastisch war. Vielleicht werden sie neugierig sein, wie der nächste Schritt aussieht.

Allschools: Wenn ihr schon darüber gesprochen habt – kannst du mir sagen, wie sich die nächste Platte anhören wird?
Mike: Da steht noch nichts fest. Wir wollen als Musiker unsere Grenzen ausloten und uns selbst herausfordern. Nicht nur uns selbst. Ich denke, dass es super wichtig ist, jeden um dich herum auch herauszufordern. Unsere Fans sind genau so clever wie wir und ich denke wir sind in der Lage, sie in einer Art und Weise herauszufordern und an etwas Spaß zu finden. Ich denke viele meiner Lieblingsplatten waren welche, bei deren erstem Durchgang ich nicht wusste, ob ich es mochte oder hasste. Und je mehr man es sich dann anhört denkt man sich „Wow, das ist so eine dichte Platte, dass man sie erst ein paar Mal anhören muss, bevor man alles absorbiert.“. Und ich denke so eine Band sind wir. Wir sind keine oberflächliche Band, sondern eine Band bei der man sich die Alben ein paar Mal anhören muss, bevor man ein Verhältnis dazu aufbauen kann. Also wird das hoffentlich bei der nächsten Platte genau so sein.

Allschools: Ich habe mich halt gefragt, wie man eine Platte wie „Keep You“ noch toppen will, in die man 100% herein gesteckt hat?
Mike: Im Prinzip alles noch einmal von vorne machen. Das war die Platte auf der wir massenhaft unterschiedliches Zeug gemacht haben, mit der wie die Richtung gewechselt haben. Wir wissen jetzt, dass wir das können. Wir können das live rüberbringen und auch auf Platte. Also können wir unsere Grenzen nun sogar noch weiter ausloten. Und zum Beispiel schauen wie es wäre, seltsame elektronische Elemente einzubauen, oder Keyboard. Wie ich schon gesagt habe, sind Radiohead ein gutes Beispiel. Eine Band, die sich mit jeder Platte neu erfindet. „King of Limbs“ hört sich kein Stück an wie „OK Computer“. „OK Computer“ hört sich kein Stück an wie „Kid A“. All diese Platten sind so unterschiedlich und ich finde diese Band ist so cool, weil sie in der Lage ist, das zu tun. Das finde ich wichtig, dass man in der Lage ist solchen Kram zu machen. Sich selbst und die Zuhörer herauszufordern. Man sollte Leute haben, die deine Band hassen. Ich denke es ist für die Leute wichtig dieses polare Ende zu haben, an dem sie das hassen, was du tust, weil es so viele Emotionen in ihnen provoziert. Und dann gibt es die Gegenseite, die es liebt, was du tust. Und ich denke, an dieser Stelle weiß man, dass man etwas richtig gemacht hat.

Allschools: Wo seht ihr eure Band in zwei Jahren? Denkt ihr dass ihr die Szenen „wechseln“ werdet und öfter mit Indie-Bands spielen werdet, vielleicht sogar eine Tour mit einer komplett anderen Band machen werdet?
Mike: Das ist unsere Hoffnung. Nicht, dass wir aufgeben wollen, wo wir uns gerade befinden. Denn wir mögen es, dass wir in beiden Gebieten existieren können. Ich würde es lieben, mit Bon Iver auf Tour zu gehen, oder mit Interpol. Etwas, das vor drei Jahren wahrscheinlich keinen Sinn gemacht hätte, aber jetzt eben schon. Oder mit einer Band wie Mogwai auf Tour gehen. Und es wäre wirklich sehr cool, hin und her zu wechseln. Nicht aufgeben, sondern wechseln. Auf der einen Seite eine super intime Clubshow zu spielen und auf der anderen Seite auch mal vor 10.000 Leuten mit Radiohead zu spielen (lacht).

Allschools: Warum nicht? Findet ihr, dass ihr viel Unterstützung in Baltimore bekommt? Das ist eine Region, die ich eher mit härteren Hardcore-Bands assoziiere.
Mike: Ja. Unsere letzte Show dort war die größte in unserer Bandkarriere. Es kamen 600 Leute raus. Das war der Tag nach Weihnachten, daher auch viele Leute aus der Stadt. Es war richtig cool zu sehen, das so viele Leute rauskommen, obwohl eigentlich noch Weihnachten ist. Die Leute hingen mit ihren Familien ab, und so. Aber wir bekamen auch eine Menge Support von den Bands aus der Gegend. Ich denke, und das lässt sich auf alle Genres beziehen, dass es manchmal bestimmte Bands gibt, die uns vorwerfen, dass wir uns verkauft hätten, oder sonst was. Aber in Baltimore hatten wir immer die größte Unterstützung, die man sich vorstellen kann. Jeder von dort liebt was wir tun. Leute, die auf unsere erste Show kamen, kommen immer noch rum. Und auch mit den härteren Bands.. wir sind super gut mit Trapped Under Ice und Ruiner befreundet. Das sind unsere besten Freunde, sogar bevor Ruiner sich aufgelöst haben. Wir sollten eigentlich eine Tour mit ihnen machen, aber das hat leider nicht geklappt.

Allschools: Was machen die denn inzwischen?
Mike: Rob, ihr Sänger, ist ein MMA-Fighter. Ein paar aus der Band haben eine andere Band, Holy Tongues. Ich weiß nicht, was TJ (der Fill-in-Drummer ihrer letzten Tour) macht. Danny, einer ihrer Gitarristen, schneidet jetzt Haare.

Allschools: Der mit den langen Haaren?
Mike: Ja, die sind jetzt alle weg, aber er hatte mal lange Haare.

Allschools: Okay. Gibt es andere Städte in Amerika oder anderen Ländern wo ihr euch zuhause fühlt oder wo es so etwas eine ganze Szene gibt, die sich besonders für solche Musik interessiert, die Bands wie ihr sie machen?
Mike: Ich denke Deutschland ist unsere Gegend. Deshalb verbringen wir hier so viel Zeit. Ich denke hier läuft es immer gut weil die Leute so akzeptant sind und so begeistert von dem, was wir tun. Es ist auch aufregend, weil ich denke dass Deutsche sehr direkt auf den Punkt kommen, in der besten Art und Weise. Sie kommen nach einer Show zu uns und sagen uns „Letztes Mal war eure Show besser, aber ich hatte trotzdem Spaß!“. Und ich mag es wirklich sehr wenn Leute so etwas sagen. Ich hasse es, wenn dir jemand was vormacht, oder so. Gerade auf dieser Tour gab es viele Leute, die zu uns kamen und so etwas sagten wie „Ich mochte eure letzten Platten, aber eure neue Platte mag ich am meisten.“. Und das ist das beste, was man mir sagen kann, weil ich einfach weiß, dass es ernst gemeint ist. Jeder hier ist immer so nett, zuvorkommend auf Shows und so unterstützend bezüglich allem, was wir tun. Und deshalb verbringen wir wie gesagt so viele Shows hier. Acht oder neun Konzerte, anstatt nur vier. Das ist definitiv das Land in dem wir die meiste Zeit auf dieser Tour verbringen und in vielerlei Hinsicht unser Lieblingsland, um darin zu touren.

Allschools: Seid ihr denn nicht auch interessiert daran, neue Länder kennenzulernen? Zum Beispiel in Osteuropa?
Mike: Bei der nächsten Tour versuchen wir, Polen unterzubringen. Wir waren mal in Schweden und das war unglaublich. Einer der schönsten Orte, an dem ich je in meinem Leben war. Wir hatten zwei Shows da und es war super. Einmal haben wir auch in Dänemark gespielt, was auch wunderbar war. All diese Shows waren so cool, dass wir unbedingt wieder in der Lage sein wollen, in diesen Gegenden zu spielen. Wir versuchen auch etwas in Russland zu machen, weil wir gehört haben, dass die Leute dort so begeistert darüber sind, was musikmässig abgeht. Daher würden wir dort sehr gerne hin. Ich denke nicht, dass es eine Gegend gibt, in der wir nicht touren wollen. Wir wollen einfach so viel sehen, wie wir können, solange wir das können.

Allschools: Habt ihr denn Lieblingsstädte auf dem Globus?
Mike: Boston. Philadelphia. Dallas, Texas… Berlin. Ich denke das sind meine Lieblingsstädte. Und London war auch immer super.

Allschools: Im November haben Paint it Black auf ihrer Facebook-Seite gepostet: “The era of Hardcore Bands Wishing They Sounded Like The National makes us miss the era of Hardcore Bands Wishing They Sounded Like Radiohead. (almost)”. Habt ihr das gelesen und was denkst du darüber?
Mike: (lacht) Echt? Vielleicht sind wir damit gemeint. Ich meine, es ist kein Geheimnis, dass The National eine meiner Lieblingsbands sind. Ich finde, Leute sollten von dem beeinflusst werden, was sie gerne hören. Ich mag Radiohead und The National gleichermaßen. Und der Grund dafür ist nicht, dass ich in einer The National-Worship-Band oder einer Radiohead-Worship-Band sein möchte, sondern weil es Bands sind, die es schaffen über ihre bisherige Karriere hinauszugehen und sich ständig neu zu erfinden, die Grenzen der Musik zu erweitern. Ich kenne niemanden von Paint it Black. Wenn sie uns mögen, super. Wenn sie uns hassen, was auch immer. Das ist okay. Wir werden immer Musik schreiben, die uns begeistert und wenn das bedeutet, dass wir wie The National oder wie Radiohead klingen, oder wie jede beliebige andere Band, die wir zu dieser Zeit hören, dann ist das so (lacht).

Allschools: Kannst du erklären, wie ihr euren Bandnamen gefunden habt? Was ist die Bedeutung dahinter?
Mike: Es gibt nicht wirklich eine Bedeutung. Unser alter Schlagzeuger kam mit der Idee, und wir fingen an, Shows unter dem Namen zu spielen und es blieb irgendwie hängen. Aber ich denke seine Idee war, dass wenn man zu lange gedanklich auf etwas herum reitet, dass man irgendwann zu dieser Sache wird. Das war denke ich seine übergreifende Idee für den Namen. Wir hatten dann eben diesen Namen für ein Jahr und hatten damit schon Zeug gedruckt, also dachten wir, wir können ihn auch einfach behalten.

Allschools: Wie würdest du einen typischen Tourtag von PBTT beschreiben? Ich stelle mir euch als sehr ruhige Band vor, wahrscheinlich wegen eurer Musik. Liege ich falsch?
Mike: Wir sind ziemlich ruhig. Normalerweise wachen wir morgens auf, besorgen uns Kaffee, fahren zur Venue und hängen dann dort ab. Ich gehe gerne ein paar Tage pro Woche in ein Fitnessstudio, wenn ich eins finde. Normalerweise trinken wir eine Menge. Es gibt nicht viel Zeit kulturelle Sachen zu machen, aber wenn sich die Möglichkeit ergibt, sind wir sofort dabei. Ich liebe es, wenn ich in einer Stadt rumlaufen kann, ohne zu wissen wo ich bin und dann Sachen sehe, die mich daran erinnern, dass ich schon einmal hier war. Wie diese Kathedrale hier in Köln. Wir haben sie schon beim letzten Mal gesehen, aber ich habe total vergessen wie riesig und massiv sie ist. Wir versuchen die Städte zu erkunden wenn wir können, aber normalerweise kommen wir zur Venue und müssen soundchecken. Es gibt nur sehr kleine Zeitfenster, in denen man etwas machen kann. Aber ich denke größtenteils machen wir das bestmögliche draus. Wir sind keine großartige Partyband, wir mögen es einfach abzuhängen und zu trinken, bis wir betrunken genug sind, um einzuschlafen.

Allschools: Hört sich gesund an! Was macht ihr, wenn ihr nicht auf Tour seid?
Mike: Ich bin ein Kellner in einem veganen Restaurant in der Nähe von Baltimore. Kyle fährt Trucks für eine Produktionsfirma. Chad arbeitet in einer Firma, die Dokumente für andere Firmen druckt. Keiner von uns weiß, was Chad da eigentlich tut, aber es ist eine Art Druck-Firma (lacht). David arbeitet bei einer Backline-Firma und fährt das Equipment durch die verschiedenen Städte und so weiter. Zach war auch ein Kellner, aber das Restaurant hat zu gemacht. Aber wir touren zur Zeit so viel, dass ihn das beschäftigt hält.

Allschools: Wie viele Monate tourt ihr normalerweise pro Jahr?
Mike: Dieses Jahr wahrscheinlich acht Monate. Acht bis neun Monate, im nächsten Jahr wahrscheinlich genau so viel. Und die Hoffnung ist, dass wir irgendwann große, umfangreiche Dinge innerhalb einer kürzeren Zeitspanne machen können. Unsere Hoffnung ist mal eine Band wie Brand New zu werden, die in den größeren Städten spielen kann und auch hier in Europa die größeren Städte spielt, in Form von kleineren Club-Touren, ohne dafür acht Monate am Stück auf Tour sein zu müssen.

Allschools: Kennt ihr denn größere Indie-Bands auf persönlicher Ebene oder hofft ihr einfach, dass euch jemand auschecken wird?
Mike: Ich denke, das hoffen wir in erster Linie. Das uns jemand auscheckt und es ihm gefällt. Das ist das erste Mal, dass sich eine Platte anders anhört als unser älteres Zeug. Also ist es quasi eine ganz neue Welt für uns.

Allschools: Welche Bands sollten wir aktuell unbedingt auschecken?
Mike: Porter Robinson. Er hat eine Platte namens „Worlds“ herausgebracht. Er ist eigentlich nu rein EDM-DJ, aber diese Platte von letztem Jahr war unglaublich. Future Islands haben ihre Platte „Singles“ rausgebracht, das geht in Richtung 80er/New-Wave-Revival, aber viel cleaner, mit viel Keyboard und keiner Gitarre. Grouper haben eine Platte namens „Ruins“ herausgebracht. Ihr Name ist Liz Harris, aber sie nennt sich Grouper. Eine meiner Lieblingsplatten des letzten Jahres. Und die neue Ryan Adams Platte. Das sind so die wichtigsten.

Allschools: Keine dieser Bands klingt irgendwie härter, richtig?
Mike: Ja, ich höre nicht mehr so viel harten Kram. Ich habe immer noch Spaß dran, aber meistens denke ich mir, es muss etwas anderes sein. Gestern Abend spielte die Venue zwischen den Auftritten „Hell is Empty“ von Ruiner und ich dachte mir, dass das wahrscheinlich eins meiner Lieblings Hardcore-Releases aller Zeiten ist. Neben Modern Life is War. Ich versuche auch immer noch, neue Bands auszuchecken, aber normalerweise bekomme ich die nur über Mundpropaganda mit, über Freunde, wenn ich mich zuhause mit ihnen unterhalte. Ich stehe total drauf, wenn ich eine Band auschecke, und sie rau und angepisst klingt. Wir haben uns eben noch über diese Band Engineer unterhalten, die ist wahrscheinlich eine meiner Favoriten in der härteren Sektion. Sie sind aus dem nördlichen New York und wir haben vor Jahren mal mit ihnen gespielt. Bei weitem eine der härtesten und angsteinflößendsten Bands, die ich je gesehen habe. Also checkt die aus.

Allschools: Und deine All-Time-Favorites?
Mike: Explosions in the Sky, Planes Mistaken for Stars, Sigur Ros, Elton John, The Smiths… alles was Morrissey tut, im Großen und Ganzen.

Allschools: Mochtest du sein neues Album?
Mike: Ne, nicht wirklich. Es gab vielleicht zwei Songs, die ich okay fand. Ich werde ihn immer unterstützen, egal wie verrückt er wird, aber ich denke meine Lieblings-Ära von Morrissey war seine Zeit mit den Smiths. Aber ich mag seinen Solokram auch. War jedoch kein Fan von der neusten Platte.

Allschools: Okay, das war dann die letzte Frage. Willst du noch was loswerden?
Mike: Danke für’s rauskommen. Ich denke heute wird eine spaßige Nacht. Es bedeutet uns wirklich viel, dass so viele Leute uns so unterstützen. Also danke euch!