Interview mit Rykers

01.05.2014
 

 

Hallo Chris freut mich, dass ich dich an der Strippe habe, im März 1999 hatte ich schon mal die Ehre ein Interview zu eurem Album „Life's A Gamble...And So Is Death“ mit dir zu machen, lange ist es her.
Das ist das Schlimme, wenn du 1999 sagst, das ist echt verdammt lange her.

Ja das ist schon heftig, damals saß ich bei meinen Eltern am schnurgebundenen Telefon im Wohnzimmer und heute würden jetzt meine eigenen Kinder um mich herum tanzen, wenn die zuhause wären. Umso mehr freut es mich nach der langen Zeit, dass ihr wieder zurück seid, wie fühlt es sich an RYKERS im Jahre 2014?
Richtig gut, es macht gerade einfach nur Spaß. Heute ist das Video rausgekommen und ich weiss nicht, es fühlt sich alles gut an. Ich werde das sicher noch 15 mal in dem Interview sagen: Es macht uns Spaß, wir müssen das alles nicht machen. Wir haben gefühlt es passt jetzt einfach alles, wir haben Bock. Wir müssen kein Geld verdienen, wir haben Jobs. Es ist einfach Hardcore, es ist unser Ding, damit sind wir aufgewachsen. Ich hab das Gefühl, wie sagt man bei Krieg der Sterne „Der Kreis schließt sich“ und das ist cool.

Wie kam es denn nach all den Jahren, in denen ihr nur ab und an aufgetreten seid, das es nun wieder konkreter wurde?
Wir hatten ja in 2008 schon mal gesagt wir machen wieder was, auch ein bisschen mehr. Wir haben damals, als wir die letzte Show gespielt haben, schon gesagt, dass das nun unser großer offizieller Abschied war, wir aber wenn wir Bock haben mal hier und da spielen werden und das haben wir auch immer so gemacht. 2008 haben wir wieder Lust gehabt und das Ganze wieder voran getrieben, bevor unseren Schlagzeuger dieser Schicksalsschlag ereilt hat, was man auch schon lesen konnte, ich möchte darauf aber nicht näher eingehen, weil das eine sehr persönliche Sache ist. Anschließend haben wir alles auf Eis gelegt. Irgendwann habe ich durch Zufall einen Schlagzeuger gefunden, der einfach Bombe war und dann hab ich gesagt, lass uns doch mal was machen, wir hatten auch das Angebot das With Full Force 2013 zu spielen, 20 jähriges Jubiläum. Daraus ist wirklich einfach mehr geworden, wir haben zusammen geprobt und haben gemerkt, dass es tierisch Spaß macht und wir über Jahre hinweg etwas vermisst haben und jetzt sind wir wieder da.

Wie sind denn nun eure Pläne für dieses Jahr? Lasst ihr alles auf euch zukommen, wenn ihr von Spaß redet?
Wir arbeiten ja immer mit den gleichen Leuten zusammen, z.B. mit unseren alten Freunden von MAD Berlin. Die Sache mit unserem neuen Album ist auch einfach so entstanden, als wir für die With Full Force Show geprobt und festgestellt haben, dass wir mit dem Line Up auch Songs zusammen schreiben können, so dass wir uns gesagt haben, schauen wir mal, ob wir nicht was rausbringen wollen. Das ist uns dann alles ein wenig zugeflogen, ich weiß nicht, vielleicht haben wir uns das auch verdient. Mit Beatdown Hardwear haben wir ein neues Label gefunden. Ich habe mit Toni, dem Besitzer, damals 1-2 mal telefoniert und sofort gemerkt, der ist es, dann soll er es mal machen. Ich hatte einfach ein gutes Bauchgefühl, da geht es auch nicht um Zahlen oder Geld, sondern an den Spaß an der Freude. Wir haben Andy Classen angerufen als Produzenten, ob er Interesse hat die Songs aufzunehmen und von da an lassen wir das wirklich nun ein wenig auf uns zukommen. Wir haben keinen Masterplan, den wir befolgen. Wir müssen auch nicht wirklich erfolgreich sein, und jetzt sage ich es schon wieder, wir haben einfach Spaß an dem was wir machen. Hast du die neue Platte denn mal gehört?

Ja sicher, und für mich hört es sich eigentlich an, als wärt ihr nie weg gewesen.
Das war auch die Idee dahinter.

Mir gefällt die Platte richtig gut, ihr macht das was ihr schon immer gemacht habt und was ihr perfekt könnt.
Danke. Wir müssen uns glaube ich nicht angliedern an irgendeinen Trend. Natürlich sind die letzten 20 musikalischen Jahre auch nicht an uns vorbeigezogen. Wir hören uns auch neue Sachen an und haben in unseren Sound zumindest auch so ein bisschen neue Einflüsse einfließen lassen. Aber mein Gott, wir haben schon 1996 teilweise Metalcore gemacht oder wie man das heutzutage nennt.


Mit Andy Classen hat sich dann auch wieder der Kreis geschlossen, bei ihm wart ihr ja auch in der Vergangenheit schon immer.
Genau, das ist unser Haus- und Hofproduzent und ein guter Freund. Es war auch klar, dass wenn wir wieder ins Studio gehen sollten, dass wir dann zu ihm gehen. Er weiß wie das klingen soll, er weiß wie das klingen muss. Wir wissen auch wie das klingen muß und da machen wir auch keine Kompromisse.

Die Hubschrauber Geräusche am Anfang des Openers soll aber nicht andeuten, dass ihr quasi wieder gelandet und zurück seid?
Das ist auch eine schöne Deutung, aber der Song heisst ja „The World As I See It today“, die Welt ist heutzutage ziemlich verrückt, so wie ich das sehe. Nachrichtenmeldungen, die sich überschlagen. Meldungen mit denen man überflutet wird. Der Hubschrauber und die Samples im Song das geht so ein wenig in die Richtung. Kann man auch mit First Blood in Verbindung bringen, wir spielen auch gerne ein wenig mit der Vergangenheit, das haben wir in den ganzen Songs gemacht, so z.B. mit dem „You Never Walk Alone“ Sample was man auf dem Album wiederfindet. Ich mag so kleine Verlinkungen.

Auf dem „Life Is A Gamble...So Is Death“ war ja der komplette „You'll Never Walk Alone“ Song. War es Absicht oder einfach nur Zufall, dass auf dem Cover von „Hard To The Core“ eine Person mit Schalke 04 T-Shirt zu sehen ist?
Das ist absichtlicher Zufall. Ich bin nun mal bekennender Schalke Fan, bei jedem Schalke Spiel hängt eine RYKER'S Fahne im Stadion, die Ultras Gelsenkirchen haben das RYKER'S Männchen als Logo, da ist schon eine gewisse Verlinkung da. Als wir dann das Bild gesehen haben, dass uns jemand zur Verfügung gestellt hat, haben wir einfach gedacht, das passt wie Arsch auf Eimer und wir retuschieren das auch nicht weg. Es ist in meinen Augen auch ein sehr aussagekräftiges Foto, welches in Oberhausen auf der Persistence Tour dieses Jahr aufgenommen wurde. Es symbolisiert eigentlich alles, wir sind wieder da, unser Sänger steht da und wenn man auf die Gesichter der Leute achtet, die freuen sich alle und dann hat der Junge noch ein Schalke Trikot an, damit kann ich super leben.

Kannst du mal kurz was zur Bedeutung von „Hard To The Core“ sagen?
Erstmal muss ich sagen, dass das ein Titel ist, der eigentlich so peinlich und prollo ist, wie nur irgendwas, da passt das dann einfach.

Ich habe für mich gedacht, dass können die RYKER'S machen, aber jemand anderes könnte das nicht machen, das Album und einen Song so zu nennen.
Danke, danke, so sehe ich das im Prinzip auch, also es passt einfach. Wir haben immer noch unsere ganzen Freunde in diesem Hardcore Bereich. Ich habe durch den Hardcore so viele coole Menschen auf wirklich der ganzen Welt kennengelernt mit denen ich eng befreundet bin, die ich im Urlaub besuche. Ich mache Urlaub in New York, ich mache Urlaub in Los Angeles, alles nur weil man irgendwann als Teenager mal angefangen hat verzerrte Gitarrenmusik zu hören. Es gibt so viele Auswüchse beim Hardcore, die ich zum Kotzen finde, aber der harte Kern, das sind meine engen Freunde und die sind cool. Wir sind immer noch Hardcore.

Was findest du denn heutzutage zum Kotzen?
Du erinnerst dich sicher noch an Lost&Found und Warner, die ganze Diskussion was ist richtig, was ist falsch, aber trotz allem irgendwann BAD BRAINS, BAD RELIGION, GANG GREEN und Co gehört und natürlich auch SICK OF IT ALL, AGNOSTIC FRONT und CRO MAGS und haben sich dann vielleicht so ein bisschen auseinander geteilt, aber hatten alle noch den gleichen Kern. Heutzutage ist es in meinen Augen so, dass die Szenen so gespalten sind. Ich damals aufgewachsen, da sind Platten neu rausgekommen und du konntest Hardcore nicht runterladen im Internet, du konntest es kaum bestellen, höchstens bei ganz obskuren Mailordern. Man musste sich diese ganze Musikrichtung erarbeiten. Du musstest dir dein T-Shirt selber malen oder in den Vereinigten Staaten bestellen, es war schwer das Ganze überhaupt zu kriegen. Heute ist alles so einfach geworden. Irgendwelche Metalcore Kids gehen nur zu den Konzerten von ihrer Metalcoreband, die Heavy Metal Kids gehen nur zu ihrer einen Heavy Metal Band, irgendwelche Straight Edge Kids gehen nur zu ihrer einen DieHard Straight Edge Band. Früher war das zumindest in meinen Augen mehr geeint. Es hat irgendeine Underground Band gespielt und man ist da einfach hingegangen. Diesen Spirit vermisse ich ein bisschen. Es nicht die eigene Szene, die böse ist, man sollte seine Umwelt anschauen, was da für Arschlöcher rumlaufen. Der Feind ist außen nicht innen.

Eine Frage, die ich dir auch schon vor 15 Jahren gestellt habe, die heute aber noch genauso aktuell ist, denn es hat auch heute noch keine deutsche Hardcore Band geschafft in eure Fußstapfen zu treten, mal abgesehen von Bands wie HEAVEN SHALL BURN oder CALIBAN, welche zwar einen Hardcore Background haben, aber musikalisch doch ganz stark Richtung Metal gehen. Liegt es daran, dass die Amis einfach gewillter sind ihren Job für die Band sausen zu lassen?
Natürlich liegt es irgendwo daran und ich ziehe meinen Hut vor AGNOSTIC FRONT oder SICK OF IT ALL, die wirklich ihr Ding durchziehen und alles auf eine Karte setzen. In Deutschland ist es auf der einen Seite einfacher, einfacher nen Job zu kriegen und das andere Ding musikalisch nebenbei zu machen, man hat hier 30 Tage Urlaub. In anderen Ländern hast du je nach Job vielleicht 5 oder 10 Tage Urlaub. Vor HEAVEN SHALL BURN ziehe ich auch meinen Hut, die haben ihren Hardcore Background, doch haben in meinen Augen haben wir schon den Weg vorbereitet, weil wir die erste deutsche oder europäische Band waren, die in der Art anerkannt waren. Wenn die anderen Jungs das nun, musikalisch wie auch immer geartet weiter führen, finde ich das super. Aber selbst HEAVEN SHALL BURN sind so bodenständig, dass sie ihre Jobs weiter machen. NASTY machen einen super Job und auch auf unserem neuen Label sind eine ganze Reihe sehr guter Bands, mag sein dass es vom Status und auch für die damalige Zeit keine Band gibt, die das geschafft hat.

Warst du denn die ganzen Jahre mit der Szene weiter verbunden?
Mehr oder weniger, ich fliege meistens einmal im Jahr nach New York und gehe auf diesen Hardcore Superbowl. Die ganzen Jungs um mich rum, das sind alles Hardcore Kids, wir sind in der Szene aufgewachsen und der Großteil meiner Freunde, die kenne ich seit 30 Jahren und das ist wirklich so, da hat sich nicht viel geändert. Das ganze Kassel Hardcore oder Kassel Crew Ding, das existiert einfach schon ewig, natürlich geht da mal einer raus und kommt jemand neues dazu, aber der große Stamm das sind immer die gleichen Leute. Ich gehe auch immer noch gerne auf Konzerte, gehe auf Festivals und wenn PUNISHABLE ACT in Kassel spielen, dann bin ich natürlich da. Wenn MADBALL um die Ecke spielen oder SICK OF IT ALL nen Off Day in Kassel haben, dann grillen wir zusammen. Eine gewisse Szeneverbundenheit ist da schon da. Ich bin mittlerweile 44 Jahre alt und ich gebe zu, es gibt heute auch andere Prioritäten.

Könnt ihr heute darüber lachen, dass ihr früher mal Ansagen auf Englisch gemacht habt?
Natürlich kann ich darüber lachen. Aber der Erfolg im Nachhinein gibt uns recht. Ich fand es cool und wir haben schon immer gerne mit Klischees gespielt oder gearbeitet, kann man nennen wie man will. Wir hatten bzw. haben nen farbigen Sänger, es lag auf der Hand und es haben alle diskutiert darüber, ob wir ne Ami Band oder ne deutsche Band sind, wo wir herkommen. Wir haben ihnen überhaupt nicht die Möglichkeit im Vorfeld gegeben zu sagen, ok das ist ne deutsche Vorband, das ist alles scheiss egal. Wir haben damit gespielt und geschaut, wie weit wir damit kommen. Das war Kalkül, wir wollten einfach checken was passiert, wenn ne deutsche Band mit einem farbigen Sänger um die Ecke kommt. Ami Bands waren damals immer cool und deutsche Bands waren per se uncool und so fand ich das ganz lustig. Aber wir haben dann auch recht schnell gemerkt, dass es irgendwann vielleicht auch albern wird.

Wie waren bisher die Reaktion auf euer neues Album?
Die Kritiken sind bisher hervorragend. Ich fand auch die Kritik vom Visions super, die uns ja komplett zerissen haben, aber auf eine, wie ich finde, sehr angenehme Art und Weise. Bisher sind wir total zufrieden. Kritiken sind die eine Sache, ich freu mich wenn die toll sind, ich bin natürlich gespannt was unsere Fans und Freunde sagen, wenn sie das Ding in der Hand haben, was die davon halten. Aber wenn du mir schon sagst, dass du uns von früher kennst, die alten Sachen gehört hast und die neue Sachen nun gut findest, dann ist das einfach super für mich.

Ok, dann wäre ich eigentlich am Ende, vielen Dank für das Interview, ich freue mich wirklich tierisch, dass ihr zurück seid und darauf euch spätestens auf dem New Noise Festival im Juli in Karlsruhe zu sehen.
Vielen Dank, ich freu mich auch darauf die ganzen alten Leute zu treffen. Es macht super viel Spass einfach zu spielen, im Publikum 16 jährige Kids zu haben, die uns zum ersten Mal sehen und teilweise haben ihnen vielleicht ihre Eltern mal erzählt, dass sie früher mal bei den RYKER'S waren. Klingt ein bisschen doof, ist aber so. Ich freue mich auch darauf, und bitte den Ausdruck nicht übel nehmen, ich freue mich darauf die ganzen alten Fressen wieder zu sehen, die damals schon in irgendeinem Jugendzentrum waren, das ist cool, da hab ich Bock drauf.