Interview mit The Gaslight Anthem

13.07.2012
 

 

‚Noch 10 Tage. NOCH 10 TAGE!‘ Diese und ähnliche Aussagen liest man ja derzeit häufiger im Zusammenhang mit Ankündigungen, Songpreviews und Albumrezensionen zum kommenden Album-Release „Handwritten“ von THE GASLIGHT ANTHEM. Noch 10 Tage – bis zum 20. Juli 2012 muss die Welt also noch warten. Alle sind gespannt, aber die Nervosität ist bei einem ganz besonders groß: Brian Fallon, Sänger und Texter der Band, sitzt zu Hause und unterschreibt fleißig die Album-Covers seiner Babies, die bald den Weg zu uns finden werden, und versucht parallel möglichst vielen Menschen alle Fragen zu beantworten. Eins der fünf Telefoninterviews an jenem Nachmittag ist also für uns reserviert und Brian unterschreibt und spricht, unterschreibt und spricht. Und ich schlage schnell vor mal ein ausführliches Interview zu machen, wenn die Band im Herbst in Deutschland auf Tour ist, damit ich ihm dann alles wegnehmen kann, was ihn so ablenken könnte. „Das ist eine großartige Idee! Das wäre super! Das ist immer viel einfacher.“, sagt er und ich gebe die Hoffnung nicht auf.
Der Albumtitel ist wortwörtlich zu nehmen. „Handwritten“ wurde von Brian tatsächlich mit einem Stift in ein Notizbuch geschrieben. Von vorne bis hinten. Er hat gestrichen und korrigiert. Neu angefangen und überdacht. Jedes Wort, das einmal den Weg auf’s Papier schafft ist dort und kann nicht einfach mit Steuerung+Z gelöscht oder entfernt werden. „Normalerweise kommt die Musik zuerst und dann folgt der Text aber manchmal schreibst Du einen klitzekleinen Teil eines Songs, einen Vers, und dann bewahrst Du das. Und dann kommt irgendwann die richtige Musik genau dafür. Es kann sich in beide Richtungen entwickeln doch meistens entsteht die Musik zuerst.“. Brian schreibt nicht an einem Buch oder Gedichtband, wie man es vielleicht einmal von CHUCK RAGAN erwarten könnte. „Ich schreibe in erster Linie Songs. Das Schreiben von Büchern überlasse ich lieber den Autoren. Ich glaube das ist wirklich schwierig. Aber ja, vielleicht irgendwann mal. Sag niemals nie, richtig?“. Richtig.

Von der Zukunft schwenken wir in die Vergangenheit und ziehen gleich den Vergleich zu vorherigen Alben, die nostalgischer nicht sein könnten und sich damit rein thematisch wie auch musikalisch stark von „Handwritten“ unterscheiden. Es verzichtet auf die Geschichten von früher und packt das Innenleben von Brian ohne romantisierende Verschleierungen direkt auf den Plattenteller. Und auch musikalisch ist es rauer und direkter, emotionaler und ehrlicher. Diese Wandlung ist nicht zu überhören. „Für uns war es eigentlich ein ganz normaler Prozess. Wir betraten das Studio und fingen an aufzunehmen. Wir wollten modernere.. nein.. nicht modernere… (Pause) Wir wollten, dass es sich anhört wie ein Album von heute. Vorher klangen wir ja auch nicht ‚alt‘. Aber nach einer gewissen Zeit wollten wir einfach mit den ‚alten‘ Sachen abschließen und etwas Neues machen.“. Und das haben sie.
Unterstützung erhielten sie dabei von Produzent Branden O’Brian, der für das direkte Rock-Feeling zuständig sein soll. „Jetzt am Anfang ist es schwer zu sagen, da wir bisher nur ein Album mit ihm gemacht haben, aber ich denke, dass wir auf jeden Fall noch ein weiteres Album mit ihm machen werden! Ganz bestimmt! Er ist großartig. Wir lernten ihn erst bei den Aufnahmen kennen. Das war eine ganz neue Erfahrung.“.

Der Song „Too Much Blood“ ist sehr hart und Brian’s Stimme kratzt am Limit von Kraft und Schwäche zugleich, dass man sich fragt woher das alles kommt. „Der Song entstand ganz von selbst. Es kommt einfach aus Dir raus. Es ist eigentlich ein Blues-Song und er lässt mich einfach genau so singen.“ Dabei haben es die Songs der Band nicht leicht gemacht. „Sie waren alle schwierig. Man kann nicht sagen, welcher einem am meisten am Herzen liegt. Das ist so, als müsste man sein Lieblingskind wählen. Das geht nicht. „45“ war für uns besonders spannend, allein schon weil es eben die erste Auskopplung aus dem Album war.
Doch das Album zeigt neben schmerzenden Blues-lastigen Seelenstriptease und Upbeat-Nummern wie „45“ eben auch die ganz leisen Töne. „American Anthem“ ist ein behutsames Ende des Albums, was einem schmerzlich schön den Atem nimmt. „Der kam ganz von alleine. Ich saß auf dem Bett und schrieb den Song. Der kam so aus mir raus. In einem Schwung. Die Musik, der Text, alles. Es war genau das wonach ich gesucht hatte. Ich wollte genau diese Art von Song, um das Album zu schließen. Und wir haben ihn gefunden.“
Der Song „Here Comes My Man“, der aus der Sicht einer Frau erzählt wurde bereits viel diskutiert. Brian kann sich tatsächlich vorstellen diesen Song Live einmal im Duett zu singen. „Auf jeden Fall! Da hätte ich nichts gegen.“ Jetzt müsste man noch Juliette Lewis fragen, ob sie im Herbst schon etwas vorhat.

In den Staaten auf der aktuellen Promo-Tour haben THE GASLIGHT ANTHEM bereits einige Songs dem Publikum präsentiert. Die Reaktionen sind super und die Songs fügen sich sehr gut ein mit dem alten Material. „Es ist echt eine gute Sache, dass die Songs so gut ankommen. Das Album ist noch nicht draußen und sie kennen die Songs nicht. Also das ist jetzt unsere Chance heraus zu finden, wie es ankommen wird. Die Fans