Vorab, mit wem hab ich das Vergnügen und was ist deine Aufgabe bei THE INTERSPHERE?
Christoph - Sänger und Gitarrist, Songwriter, Produzent
Ich gehe mal nicht davon aus, dass ihr für den Großteil unserer Leser noch unbekannt seid. Stell aber bitte noch einmal für die 0,03 Prozent da draußen, die euch noch nicht kennen THE INTERSPHERE in einigen wenigen Sätzen vor.
Wir sind eine Rockband aus Mannheim, haben uns 2005 gegründet und sind seit 2006 live unterwegs. Mittlerweile knapp 500 Shows, unzählige Touren und Festivalshows. Dann gibt’s mittlerweile 4 Platten von uns.. „Relations in the Unseen“ heisst das neueste Album und ist Anfang März 2014 erschienen. Wir spielen in einer klassischen Rockbesetzung Thomas Zipner (Guit/Vox), Sebastian Wagner (Bass/Vox) Moritz Müller (Drums) und ich, Christoph Hessler (Vox/Guit) scheuen uns aber nicht auch mal schwarze und weisse Tasten zu drücken, Strings oder ein Glockenspiel einzubauen.
Für Schubladendenker: Uns steckt man häufig in die Alternative Prog Pop - Schublade oder auch Postrock..
Mit „Relations In The Unseen“ habt ihr nun euer viertes Album veröffentlicht. Welchen Stellenwert hat dieses Album für Euch als Band? Ich meine, mit einem Debütalbum präsentiert sich eine Band ja quasi zum ersten Mal der Öffentlichkeit. Dann folgt das zweite Album, das eine Band, sagen wir mal, gefestigter darstellen möchte usw.
Jedes Album einer Band ist wichtig und wir suchen als Künstler immer wieder neue Formen, uns in unserem musikalischen Kosmos auszudrücken. Für uns ist es ja auch immer spannend zu sehen, wie die Leute dann darauf reagieren. Bei Album No.4 war uns im speziellen wichtig, wirklich was anderes zu machen als auf den Alben zuvor und neue Farben in unseren Sound bringen. Also eine deutliche Weiterentwicklung der Kompositionen, der Arrangements und der Sounds.
War nach dem Charterfolg von „Hold On! Liberty“ ein gewisser Druck vorhanden, der euch beim Songwriting von „Relations In The Unseen“ in irgendeiner Art und Weise belastete?
Nein. Der Charteinsteig war eine riesen Überraschung. Wir sind aber kein Single- oder Chart-Band. Das spielt bei uns keine übergeordnete Rolle. Deshalb gibt es auch kein Druck von Seiten des Labels. Wir wollen ein Album als ein Gesamtkunstwerk schreiben, das den Hörer fesselt. Jegliche Verkaufs- oder Marketing Überlegungen im Vorfeld sind Gift für die Entfaltung von Kreativität. Wir haben einfach drauf losgeschrieben und die Songs auf’s Album gepackt, die wir cool fanden und im Zusammenhang auf einem Album Sinn machen.
Für dieses Album habt ihr die Herangehensweise an Euer Songwriting ein wenig verändert und die Instrumentierung des Songs auf den Gesang aufgebaut. Ehrlich gesagt, stelle ich mir diese Art Songs zu schreiben wesentlich komplizierter vor. Bitte erzähl doch mal, wie sich dieses Arbeiten vollzogen hat. Hattet ihr bereits fertige Texte vorliegen oder habt ihr nur mit „wortlosen“ Gesangslinien herumprobiert, bis ein Song entstanden ist.
Beides. Es waren bei diesem Album sehr viele Textteile auch wenn sie sich noch mehrfach verändert haben, schon sehr früh am Start. Das wichtigste aber war, dass die Gesangsmelodie und die komplette Melodieführung von Anfang an da war. D.h. wir haben nicht ewig mit einem Riff rumprobiert bevor dann schliesslich Vox drüber aufgenommen wurden, sondern die Riffs und Akkordverbindungen waren von Anfang an mit der Gesangmelodie verflochten, manchmal folgen sie sogar komplett der Gesanglinie wie bei tonight z.b. und so konnten wir alle breaks, alle Bassläufe und die komplette Dynamik dem Gesang anpassen. Für mich klingt das alles jetzt erstmalig so richtig schlüssig, weil der Gesang ja auch hauptsächlich die Emotion und Dynamik eines Songs vorgibt.
Die Info zum neuen Album beginnt mit den Worten: „Weg vom Plastik. Weg vom leblosen Dance-Gewummer. Weg von der seelenlosen Bullshit-Parade auch innerhalb der Rockszene. Statt auf Formeln und Formate haben the intersphere sich immer auf ihre Herzen und Hände verlassen. Damit verschieben sie die Grenzen anspruchsvoller Rockmusik vorwärts gen Horizont wie wenige andere deutsche Bands der letzten Jahre.“
Ich stimme euch in dem Punkt vollkommen zu, dass in eurer Musik jede Menge Herz und Gefühl steckt. Das ist zu jeder Zeit hörbar. Andererseits verbinde ich mit „Plastik“ innerhalb der Musikszene aber auch vollkommen überproduzierte Alben. Songs die aus unzähligen Spuren und künstlich geschaffenen Atmosphären bestehen. Wie sie auf „Relations In The Unseen“ zu finden sind. Würdet ihr mir da widersprechen?
Die Grundlage aller Tracks auf Relations in the Unseen sind die live Takes, die wir zu viert eingespielt haben. Da ist auch nichts editiert, nichts geschnitten, keine Samples auf den Drums, bei den Vocals ist nichts getuned, das war uns wichtig, dafür haben wir uns Zeit genommen, das einfach richtig zu machen und das empfinden wir auch als genau das, was eine Band und deren Sound ausmacht, wenn 4 Leute zusammen einen Song einspielen. Wenn du 500 Bands den gleichen Song live einspielen lässt, also wirklich gleicher beat, gleiche Chords, gleiche Melos usw. werden durch die Eigenheiten der Musiker 500 verschiedene Versionen dabei rauskommen. Fängst Du aber an, die Drumschläge durch Samples zu ersetzen oder den Beat zu begradigen, weil’s der Drummer vielleicht nicht besser kann oder es im Endeffekt besser klingt, tötest Du mit jedem Eingriff ein Stück Persönlichkeit und im Endeffekt nähern sich alle Versionen und sind letztendlich kaum zu unterscheiden und man kann genau die Eigenheiten einer Bandkonstellation nicht mehr heraushören. Das meinen wir mit „Plastik“. Wir wollen unseren Bandsound so natürlich wie möglich einfangen ohne kosmetische Nachbehandlungen.
Die künstlich geschaffenen Atmosphären, wie du es ausdrückst sind eigentlich alle mit realen Instrumenten gespielt, alles Strings sind echt. Unser Freund Philipp Thimm von der Band Abby hat uns die ganzen Strings eingespielt. Bei Out of phase ist er allein sogar das ganze Orchester...er hat einfach alle Stimmen mehrfach gedoppelt, so dass es zum Schluss wie ein leiernedes Endzeitorchester klingt..da waren dann auch mal schnell 40 Spuren zusammen...man muss sich halt zu helfen wissen, wenn das Produktionsbudget kein „richtiges“ Orchester hergibt...:)
Abgesehen von diesen Spielereien können wir die Songs zu 95% genauso wie auf’m Album live reproduzieren, weshalb ich nicht von einer Überproduktion spreche.
Wenn ihr auf eure bisherige Schaffenszeit zurückblickt, inwieweit haben sich eure musikalischen Einflüsse von der Anfangsphase von THE INTERSPHERE bis jetzt verändert? Und haben sie sich überhaupt verändert und welche Bands gehören für euch zu den einflussreichsten?
Wir hören alle Arten von Musik und es gibt eigentlich keine Bands, die wir als Haupteinflüsse nennen würden.
Mal eine ganz andere Frage. Ihr seid alle Absolventen der Mannheimer Popakademie und habt dort ganz grob gesagt das „Musikmachen“ studiert. Wie jeder andere auch, der ein kreatives Studium abgeschlossen hat, seid ihr sicherlich auch darauf bedacht, mit dem erlernten Wissen euren Lebensunterhalt zu verdienen.
Stellt THE INTERSPHERE als Band damit den Fokus für euch dar oder habt ihr alle Nebenbei noch einen Plan B, der euch beispielsweise finanziell gesehen absichert? Sprich, seid ihr nebenher als Lehrer, Produzenten... aktiv?
In der heutigen Zeit muss eine Band schon überaus erfolgreich sein, damit alle Beteiligten davon leben können. Ja, es ist so, dass es bei THE INTERSPHERE trotz vollem Terminkalender nicht allein ausreicht und wir auch noch andere Jobs haben. Aber ich glaube, das ist auch gut so, da jeder noch genug Zeit hat, sich anderen künstlerischen und kreativen Projekten zu widmen, die bei The Intersphere so nicht umzusetzen wären.
Was könntet ihr als professionelle und ausgebildete Band und Musiker neuen unerfahrenen Bands, die gerade ihre ersten Schritte machen, mitgeben? Was ist immer hilfreich und was sollte man vielleicht tunlichst vermeiden?
Regelmäßig Proben, wenn möglich immer Mitschneiden, damit alle hören können, was man da eigentlicht macht, mehr auf die anderen hören beim Musikmachen, von irgendwelcher bescheuerten Egotrips ganz schnell wieder runterkommen und letztendlich musikalisch immer mit dem Herz und Businesstechnisch mit Hirn entscheiden.
Vielen Dank!