Interview mit The Xcerts

06.01.2012
 

 

Allschools: Hey Murray, du scheinst ein bisschen krank zu sein!?

Murray: Naja, vor einigen Tagen waren wir in Paris, und ich hatte soviel Spaß im dortigen Venue, dass ich gar nicht mehr aufhören wollte zu feiern, auf einem Sofa geschlafen habe und mich dort wohl leicht erkältet habe. Aber ich bin wieder einigermaßen gesund und fit für heute Abend.

Also läuft die Tour trotzdem gut?

Auf jeden Fall. Hier in Heidelberg ist der letzte Stopp der Tour vor Weihnachten und ich bin zwar froh nach Hause fahren zu können, aber es ist trotzdem schade, dass die Tour zu Ende ist. Es war ein riesiger Spaß, die Shows waren gut, die beteiligten Leute (Frank Turner & The Sleeping Souls) waren fantastisch, es war einfach super. Ein großer Haufen Freunde, die abhängen und Musik machen.

Dieses Interview lesen bestimmt auch einige Leute, die noch nie etwas von THE XCERTS gehört haben. Who the fuck are THE XCERTS?

Ich denke wir sind eine Rockband, mit klassischer Triobesetzung. Wir kommen aus Aberdeen, Schottland und haben zwei Alben herausgebracht. Das aktuelle Album „Scatterbrain“ wurde Ende letzten Jahres in Großbritannien veröffentlicht und ist ziemlich „noisy“ und „energetic“. Wir sind aber auch ziemlich poppig, wir gehen sehr melodisch mit dem Lärm um. Ich denke es ist für jeden etwas dabei.

Lass uns ein bisschen über euer neustes Album reden. Wo habt ihr „Scatterbrain“ aufgenommen und wie lief der Aufnahmeprozess ab?

Wir haben das Album in Long Island, New York aufgenommen, bei einem coolen Typen namens Mike Sapone. Er hat schon mit BRAND NEW, TAKING BACK SUNDAY und einigen anderen Bands zusammengearbeitet. Wir waren für drei Wochen dort und haben von morgens bis abends gearbeitet und viel Junkfood und amerikanischen Müll in uns reingestopft. Wir mussten relativ wenig an unserem Sound feilen und hatten deswegen mehr Zeit uns auf die Songs zu konzentrieren, was wirklich cool war.

War die Arbeit am Album dann anders als bei euren früheren Outputs?

Ja auf jeden Fall. Das erste Album war viel einfacher zugänglich und sehr ausgefeilt und aalglatt. Mit „Scatterbrain“ wollten wir aber ein Album produzieren, das räumlicher ist und auf dem du jedes Klicken und Poppen eines Raums mithören kannst. Beeinflusst wurden wir dabei von Alben wie „Pinkerton“ von WEEZER oder NIRVANA’s „In Utero“. Wir waren besorgt, dass den Leuten die neue Scheibe nicht so gefallen würde wie die alte, weil sie eben nicht mehr so glatt klingt. Aber wir haben aus England fast ausschließlich gutes Feedback bekommen und in Europa sieht es auch nicht schlecht aus. Hier ist „Scatterbrain“ aber ja erst Anfang Dezember erschienen.

Kannst du kurz erklären, was der Albumtitel „Scatterbrain“ heißt und in welchem Bezug er zum Album steht?

Ein „Scatterbrain“ ist jemand, der ein bisschen durch den Wind ist, der seine Gedanken nicht richtig ordnen kann. Bestimmt hat das jeder schon mal erlebt, dass es einfach Tage gibt, an denen man nicht geradeaus denken kann und nicht weiß wohin mit sich selbst. Erstens habe ich mich während dem Songwriting zu diesem Album so gefühlt und deswegen ist es auch ein sehr persönliches Album. Zweitens haben wir einen Song der „Scatterbrain“ heißt. Ein dritter Grund war aber mein Notizblock, auf dem ich meine Texte schreibe. It was just the most disgusting, messy little notebook I’ve ever seen, und es passte einfach mit den Songs und der Stimmung zu dieser Zeit zusammen.

Wenn wir schon über verwirrte Dinge sprechen, kannst du mir vielleicht ein bisschen was über eure Erfahrungen mit dem Musikbusiness erzählen. Es wird immer von diesem beängstigenden und unbezwingbaren Molloch „Musikbusiness“ gesprochen. War es für euch manchmal genauso, also habt ihr schlechte Erfahrungen gemacht?

Oh ja, als wir anfingen bei verschiedenen Labels vorzuspielen, war es immer die gleiche Leier:
„Hey ihr seid großartig, ihr seid fantastisch!“
„Cool, werden wir also gesignt?“
„Nein, sorry...“
Die Labels umwerben dich also, laden dich zum Essen ein und lassen dich aber letztendlich wieder fallen. Wir tourten und spielten und ziehen in England auch eine Menge Publikum zu den Shows, aber das reichte eben nicht.

Aber ihr seid jetzt bei XTRA MILE RECORDINGS unter Vertrag. Wie kam es nach so vielen Enttäuschungen dazu?

Das A&R-Team von XTRA MILE RECORDINGS war auf einigen Shows von uns und sie mochten die Musik und uns als Band. Sie brachten den Chef des Labels, den Manager von FRANK (TURNER Anm.d.R.), mit auf eine Show. Der hat uns dann gefragt ob wir Lust hätten bei ihnen zu unterschreiben. Und wir sagten ja, so einfach war das. Es war zunächst ein bisschen komisch. Aber wir waren uns natürlich bewusst, dass es kein Majorlabel geben wird, das einfach so in uns investiert und uns Shows spielen lässt. Aber XTRA MILE macht eben genau das, „so, it made perfect sense.“

Ihr stammt aus Schottland und das Vereinigte Königreich hat schon viele gute und erfolgreiche Bands hervorgebracht. Glaubst du die Insel ist ein spezieller Ort um Musik zu machen, v.a. Rockmusik?

Puh, ich weiß es nicht. Es gibt ein paar gute Bands aus Schottland, wie z.B. BIFFY CLYRO, die wirklich erfolgreich sind und natürlich kommen viele gute Bands aus Großbritannien. Aber ich denke es gibt wohl überall auf der Welt gute Bands.

Aber hast du nicht das Gefühl, dass ihr ein bisschen der alten Schule oder dem britischen, musikalischen Erbe verpflichtet seid? Bands wie die BEATLES, die STONES oder THE WHO setzen da ja schon ziemliche Maßstäbe.

Naja klar, das britische (Musik-)Erbe ist natürlich verdammt groß, aber ich bzw. wir sehen uns da nicht verpflichtet dem nachzueifern. Versteh mich nicht falsch, ich liebe die BEATLES, aber sie waren nicht der ausschlaggebende Grund für mich Musik zu machen. Da spielen für mich mehr Bands eine Rolle, die ich live gesehen habe als ich jünger war. Vielleicht kennst du die Band IDLEWILD, die sind fantastisch. Die waren wirklich groß, ich habe sie in meiner Heimatstadt vor 2000 Leuten spielen sehen und dachte: „Wow, das kann ich auch.“ Es ist also weniger eine Verpflichtung als vielmehr eine Inspiration für mich.

Ein schönes Schlusswort. Danke für die Zeit die du geopfert hast, jetzt lass dir das deutsche Essen schmecken!