Was kommt einem so alles in den Sinn, wenn man an Mönchengladbach denkt? Die Nähe zu Holland, die legendäre Borussia (von der ich als Kind mal richtiger Fan war) und die damit verbundene Feindschaft mit dem Kölner Geißbock. Im Bereich der Musik würde es in dieser Stadt dann ganz schön dünne, wenn nicht MOTORJESUS wären, die in M´Gladbach seit knapp 30 Jahren ihr Unwesen treiben. Urspünglich unter dem Namen „The Shitheadz“ gegründet, veröffentlichte man 2018 mit „Race To Resurrection“ das 5. Studioalbum. Grund genug, Frontmann Chris Birx einmal über verschiedene Themen auszuquetschen.
Chris, zuallererst fällt mir auf dem Inlay zur neuen Scheibe auf, dass Ihr nun nur noch als Trio unterwegs seid. Auf dem Foto vom Vorgänger, “Electric Revelation” sitzen aber fünf Musiker am Tisch. Was genau ist da passiert? Wie habt Ihr denn alles eingespielt bekommen bzw. wer hat was übernommen?
Hey allschools-Leser! Wie bei allem im Leben kommt einem einfach oft der Alltag mit Beruf, Kindern usw. in die Quere, weshalb wir uns 2016 von unserem alten Rythmusgitarristen Guido und Bassisten Roman getrennt haben. Es gab da zu unterschiedliche Ansichten über viele Dinge. Die üblichen persönlichen und musikalischen Differenzen. Wir haben dann vieles an Songs verworfen bzw. neu geschrieben und dann das Album komplett zu dritt eingespielt. Andreas, unser Gitarrist, hat auch den Bass übernommen. Das hat ganz gut geklappt, zumal er ohnehin schon immer einer der Hauptsongwriter war.
Das neue Album gefällt mir aufgrund zweier Dinge besonders: Einmal die durchaus druckvolle und schnelle Interpretation der meisten Songs (im direkten Vergleich zum vorherigen Album) und die Homogenität des in sich sehr kompakten Albums. Was habt Ihr anders gemacht als zuvor, um dies hinzubekommen?
Eigentlich haben wir erstmal vieles einfach "gemacht", sprich Songs geschrieben und arrangiert. Wir wollten schon das es wieder ein bisschen mehr Arsch tritt als beim Vorgänger, aber im Großen und Ganzen gab es da keinen großen Plan. Es kam dann einfach so heraus. Wir schreiben da einfach drauflos und schauen was gut passt zum Albumkontext.
Inwieweit beeinflusst ein großer Name wie Dan Swanö (EDGE OF SANITY), den Sound von Euch? Immerhin hat er die beiden letzten Alben gemixed und gemastert. Wie kam es zu dieser deutsch-schwedischen Zusammenarbeit?
Also ich war ja schon lange großer Fan von Dan und seinen musikalischen Projekten Wie EDGE OF SANITY oder NIGHTINGALE. Darum habe ich ihn direkt selbst angehauen beim Vorgängeralbum. Hinzu kam noch, dass er wirklich sehr umgänglich ist und man einfach super entspannt mit ihm arbeiten kann. Das war für uns wirklich eine gute Entscheidung. Bei „Race To Resurrection“ war es sogar noch entspannter. Man muss aber dazu sagen, dass Christian Boche und Dennis Marschalik, die das Album mit uns aufgenommen haben, ebenfalls einen super Job gemacht haben.
Beschreib uns doch mal, wie Ihr einen Song schreibt und letztendlich fertig stellt. Gibt es da den “Riff-Man”, der mit fertigen Ideen um die Ecke kommt oder passiert das während der Jammsessions im Proberaum?
Ja das läuft so ähnlich.. Meist kommen ich oder Andreas mit einer Idee in was für eine grobe Richtung der Song gehen soll. Also was für ein Tempo und für ein Feeling mit dem Song transportiert werden soll. Dann suchen wir zusammen nach Riffs und Songstrukturen in diese Richtung. Zuletzt wird das Ganze dann zusammen arrangiert, mal zusammen in Sessions im Proberaum oder auch mal auf der Couch in Andys Keller.
Wenn man sich die Lyrics von Race To Resurrection” mal etwas genauer ansieht, wird man - wie so oft bei Euch - über das Thema “Autos, Rennen, Benzin & Co” stolpern, so z.B. beim Track “King Collider”. Wer ist in erster Linie dafür verantwortlich? Setzt Ihr Euch hierfür zusammen und entwickelt was?
Die Texte sind komplett in meiner Verantwortung und ich hab da freie Hand. Das Thema Motoren und Benzin ist aber oft auch nur eine Art Metapher für eher persönlichere Themen wie z.B. beim Titel "Race To Resurrection". Da beschreibt das "Rennen um Wiederbelebung" eher die schwierigen letzten zwei Jahre und die Hochs und Tiefs durch die die Band so ging. Natürlich geht es auch mal darum eine gute Zeit zu haben oder beschreibt fiktive Themen um Benzin, Rennen und Motoren usw., aber oft ist da schon ein persönlicher Subtext versteckt.
Apropos Autos: Dieses Thema zieht sich bei Euch wie ein roter Faden durch sämtliche Bereiche. So findet sich nahezu in jeder CD ein schwarzer V8, der von einem bärtigen Jesus, dem MOTORJESUS, gesteuert wird. Was fahrt Ihr denn überhaupt im privaten Bereich?
Ja, Du hast Recht - Der Jesus im schwarzen Pontiac ist einfach ein bisschen das Maskottchen der Band geworden, eigentlich wollten wir damals nur den Namen MOTORJESUS mal in visueller Form auf einem Albumcover haben. Daraus ist dann der Jesus im Pontiac auf dem 2011er Album "Wheels of Purgatory" geworden. Der kommt einfach jetzt immer wieder vor. Es passt halt gut zum Thema. Im privaten Bereich fahren wir ganz normale Autos, meiner ist zumindest ein familientauglicher Ford. Nicht so eine Mörderkarre…..Hehe. Aber wenn ich mal Geld zuviel hab, wäre so ein Ford Taunus ganz geil.
Wo Du eben Dein Privatleben ansprichst: Obwohl die Band in Deutschland erfolgreich unterwegs ist, habt Ihr sicherlich ja noch “normale” Jobs. Womit genau verdient Ihr Eure Brötchen?
Wir sind teilweise selbständige Graphikdesigner oder arbeiten als Pfleger in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung. Reich wird man leider mit Schweinerock heutzutage nicht mehr. Aber wir machen das ja auch mehr für den Spaß an der Sache.
Kommen wir nochmal zum neuen Album zurück: Der schmucke Digipack empfängt einen mit einem Ausschnitt eines Bildes von Sebastian Jerke. Das Cover zeigt ein Autorennen mitten in der Hölle und ist für mich eines der gelungensten dieses Jahres. Wie kam es zu diesem zeichnerischen Meisterwerk und wer ist der Künstler?
Sebastian Jerke ist ein sehr guter Illustrator aus dem Raum Münster. Er hat z.B. schon für Bands wie AHAB oder LONG DISTANCE CALLING gearbeitet. Wir hatten die Idee mit dem Albumcover aber selbst und hatten ihm schon rudimentäre Skizzen vom Artwork geschickt, die er dann auch genauso umgesetzt hat. Auch dieser Comicstil war von uns so gewünscht. Er hat es absolut super umgesetzt.
Das Booklet von „Race To Resurrection“ ist gespickt mit Livefotos, u.a. eine Aufnahme bei der mehrere 1000 Fans die Arme in die Höhe reißen. Wo genau ist das Bild entstanden und was waren die Auftritte, die Euch in den letzten Jahren im Gedächnis geblieben sind?
Die Fotos sind von unterschiedlichen Festivals wie dem Rock-Hard-Festival oder dem Summer-Breeze, wo wir in den letzten Jahren gespielt haben. Das waren schon so Highlights in der bisherigen Bandkarriere, aber wir zocken auch gern in kleinen Clubs, das hat alles seinen Reiz. Wir freuen uns jetzt auf die kleine Clubtour, bei der wir das neue Album stärker in den Vordergrund bringen wollen und hoffen natürlich nächstes Jahr wieder auf ein paar größere Festivals zu kommen. Live spielen ist so das was ich am liebsten mache bei der ganzen Musikgeschichte.
Damit man als Band neue Freunde gewinnen kann, lohnt es sich ab und zu Referenzbands für seinen Sound zu nennen. In einem meiner früheren Reviews habe ich mal folgenden Satz verwendet, um den Leuten Eure Gangart zu beschreiben: “METALLICA auf der Zunge und Rock’N Roll im Herzen”. Wie würdet Ihr den eigenen Stil charakterisieren?
Lustigerweise ist gerade METALLICA bei uns eigentlich ein recht geringer Einfluss, aber ich kann den Vergleich schon verstehen. Wir haben eher Bands wie CORROSION OF CONFORMITY , GLUECIFER, ENTOMBED, PANTERA oder MOTÖRHEAD, die wir so direkt als Einflüsse nennen würden. Wir versuchen aber immer unser eigenes Süppchen daraus zu kochen. Da ist aus vielen Rock- und Metalgenres was drin verbaut.
Eure Heimatstadt Mönchengladbach habt Ihr auf ebenfalls auf “Race To Resurrection” verewigt, da der eben angesprochene MOTORJESUS-Wagen mit amtlichen MG-Nummernschildern ausgestattet ist. Was verbindet Euch mit Mönchengladbach? Seid Ihr auch eingefleischte Borussenfans und seit früher schon auf den Bökelberg gepilgert?
Mit Fußball haben wir eher weniger zu tun, aber wir waren früher immer Teil der Mönchengladbacher Musikszene und haben dort in sämtlichen Jugendzentren gespielt. Daher fühlt man sich der Stadt immer noch verbunden und wir versuchen auch einmal im Jahr in der Gegend zu spielen. Jetzt im Oktober wird in einem Gladbacher Club mein Geburtstag mit ner coolen Pantera-Cover-Band gefeiert. Und geprobt wird nach wie vor auch in Mönchengladbach.
Chris, an dieser Stelle „Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen“ und wie immer gehören die letzten Worte Dir:
Vielen Dank für das Interview! Außerdem hoffe ich, dass einige von Euch mal ins neue Album reinhören würden! Es wäre auch schön, Euch mal bei einer Show zu treffen. In diesem Sinne – Rock on!