Welches große Festival ist das Herzensfestival der süddeutschen Allschools Metaller? Richtig, das Summer Breeze im pittoresken Dinkelsbühl. Auch dieses Jahr bot das Festival ein ansehnliches, wie abwechslungsreiches Line-Up, welches auf in Summe vier Bühnen gespielt wurde zusammen. Wie in den Vorjahren setzen die Veranstalter auf kontinuierliche Verbesserungen, die oft auf Basis des Feedbacks der Besucher*innen eingeleitet werden. So durften wir auch in diesem Jahr bei meist gutem Wetter ein perfekt organisiertes Festival mit vielen tollen Überraschungen erleben. [Michael]
Mittwoch
Death Angel
Los ging es am späten Mittwochnachmittag gleich mit einem Urgestein der legendären Bay Area Thrash Metal Szene: mit DEATH ANGEL. Da die Hauptbühne noch nicht bespielt wurde fanden sich zahlreiche Besucher*innen vor der T-Stage ein und erlebten dabei ein von Anfang an energiegeladenes Thrash Metal Set. Leider wollte der Funke nur sehr zögerlich von der Bühne in Richtung Publikum überspringen, was sicherlich nicht der Band zuzuschreiben ist. Die Thrasher rund um Mark Osegueda glänzten mit viel Bewegungs- und Spielfreude, was gegen Ende dann auch zu adäquaten Publikumsreaktionen führte. [Michael]
Hate Squad
Die Hannoveraner Kombo gehört zu den ganz alten Eisen der Metalcore Szene und glänzte vor allem rund um die Jahrtausendwende mit einige beachtlichen Releases. „You Are Not My God“ wurde sogar von HEAVEN SHALL BURN als Cover aufgenommen. Am Summer Breeze präsentierte sich die Band leider nicht in allerbester Verfassung. Das Konzert startete verspätet, der Sound war ziemlich durchwachsen und der Merchandise fand ebenfalls nicht den Weg nach Dinkelsbühl. In Sachen Setlist boten HATE SQUAD eine schön ausgewogene Mischung aus neuen Material und alten Klassikern wie „IQ Zero“ oder „Different From You“. Zum Schluss sollte dann natürlich der Hit „You Are Not My God“ kommen, da war die Spielzeit wegen der Verspätung allerdings schon rum so dass die Band von der Bühne gewunken wurde. Zum Glück für die Band wurde allerdings aufgrund des entspannteren Zeitplans der (nach einem Schnapshersteller mit selten doofem Namen benannten) Party Stage ein Auge zugedrückt und die Band durfte ihren „Hit“ noch spielen. [Michael]
Hypocrisy
HYPOCRISY haben sich in der letzten Zeit ziemlich rar gemacht, desto größer war natürlich die Vorfreude auf das Konzert am Summer Breeze. Mastermind Peter Tägtgren und seine Mannen wurden bereits während dem Intro frenetisch Bejubelt und legten sogleich mit richtig fettem, druckvollem Sound und dem Song „Fractured Millennium“ los. Danach gab es direkt ohne Ansagen „Valley Of The Damned“ und „End Of Disclosure“. Die Band präsentierte sich als perfekt eingespielte Einheit, die an Tightness schwer zu übertreffen ist. Das Publikum dankte mit zahlreichen Crowdsurfern und frenetischem Jubel. Ein Fan schaffte es sogar vorbei an den Securities auf die Bühne und wurde dann - zu Recht - etwas unsanft entfernt. HYPOCRISY bote im weiteren Verlauf des Konzerts einen schönen Überblick über alle Schaffensphasen der Band. Die meisten Alben wie „Into The Abyss“, „End Of Disclosure“, „Virus“ oder „The Arrival“ wurden mit je einem Song bedacht. Nur von „Abducted“ und von „The Final Chapter“ wurden zwei Songs in der zwölf Lieder umfassenden Setlist gespielt. Ein bärenstarker Auftritt bei dem alle gestimmt hat! [Michael]
Soilwork
Wer SOILWORK kennt, weiß, dass die Band für weitaus mehr als teilweise eigenartige Musikvideos bekannt ist. Live jedes Mal wieder ein Augen- und Ohrenschmaus, schwedischer Melodic Death Metal geht anscheinend immer. Die Band um Sänger und Gründungsmitglied Björn “Speed” Strid besteht bereits seit mehr als 20 Jahren. Spätestens mit “The Living Infinite” (2013) wurde der Sound der Schweden in Stein gemeisselt, aber auch das aktuelle Album “Verkligheten” (2019), was so viel wie “Wirklichkeit” bedeutet, spiegelt eine ganz eigene Klangvielfalt wider. In Gegenüberstellung zeigen Songs wie “Stålfågel” (Stahlvogel) oder “Arrival”, dass SOILWORK sowohl ballerndes Riffing wie auch melodische Refrains beherrschen - und beides auch gemeinsam innerhalb eines Songs. Live versteht es die Band, Metal ohne gewaltigen Bühnen-Schnickschnack zu kredenzen. Und das funktioniert jedes Mal wieder aufs Neue dank gutem Sound. [Kristina]
Donnerstag
Avatar
Meine Liebe für schwedischen Metal sei keineswegs unbegründet, vor allem nicht, wenn es um AVATAR geht. Hier gehen Bühnenperformance und Schauspiel mit wahnsinnig guter Livemusik d’accord. Selten habe ich eine Band erlebt, die ihre Zuschauer auch (oder vor allem) in Spielpausen so fesselt, wie die Truppe aus Göteborg. Bereits vor kurzem konnte ich einer quasi identischen Show auf dem Wacken Open Air beiwohnen, dennoch muss ich zugeben, dass das Konzert auch beim zweiten Mal mehr als nur sehenswert war. Frontmann Johannes Eckerström kann neben quietsch-hohen Vocals und brachialen Screams vor allem eines: Entertainment. Zusammen mit seinen Bandkollegen unter Gitarrist und “König” Jonas “Kungen” Jarlsby bereiten AVATAR einem jeden Besucher unglaublichen Spaß dank einstudiertem Set, gutem Sound und großartiger Bühnendeko. Mal abgesehen davon, dass sogar die Crew in AVATAR-Uniform über die Bühne huscht, um Equipment zu bringen. Ach ja: Welcher Sänger benutzt eigentlich sonst einen Benzinkanister zum Trinken auf der Bühne? [Kristina]
Kvelertak
Für ein sehr frühes Festival Highlight sorgten am Donnerstag KVELERTAK, welche ohne großen Schnick Schnack in Sachen Bühnenshow schlicht und ergreifend eine absolut mitreißende Rock & Roll Show ablieferten. Als Aktiv-Posten können die Norweger hierbei ihren neuen Frontmann Ivar Nikolaisen verbuchen, den man mit Fug und Recht als Rampensau bezeichnen kann. Ivar ging während der Show mehrmals Crowdsurfend auf Tuchfühlung mit dem Publikum, welches die Band frenetisch feierte. Natürlich tat die mitreißende Melange aus Black-Metal Riffs und gepflegtem (Punk-)Rock & Roll ihr übriges. Im Laufe des Sets wurden primär Songs der Alben “Kvelertak” und “Meir” gespielt, vom Album “Nattesferd” gab es lediglich “1985” und “Berserkr” zu hören. Die Show von KVELERTAK war eine Machtdemonstration, welche die Band definitiv für höhere Weihen empfiehlt und in meinen Augen unter den fünf besten Konzerten des gesamten Festivals. Absolute Spitzenklasse. [Michael]
Testament
Ganz viel Routine und musikalisches Können betrat dann mit TESTAMENT die Bühne, einer der ganz grossen alten Thrash Metal Bands. Selbige hatten 2016 mit “Brotherhood Of The Snake” ein wahrliches Meisterwerk veröffentlicht, setzten im Jahre 2019 aber auf eine ausgewogene Best-Of Setlist, die alle Schaffensphasen der Band repräsentierte. Über die musikalischen Qualitäten eines Alex Skolnick oder eine Gene Hoglan muss man an dieser Stelle wahrscheinlich nichts mehr sagen. Die Band spielte ihr Set mit einer atemberaubenden Präzision, was dem Konzert aber auch einen etwas zu routinierten und abgeklärten Touch verschaffte. Es wird Zeit, dass TESTAMENT im Januar 2020 ihr neues Album veröffentlichen. [Michael]
In Flames
IN FLAMES durften vor einer prall gefüllten Hauptbühne vor Sonnenuntergang auftreten und legten prompt mit “Voices” von ihrem letzten Album “I, the Mask” los. Wie jedes Album der halbweg jüngeren IN FLAMES Geschichte wurde auch diese Veröffentlichung von hitzig von der Anhängerschaft diskutiert. Die Band polarisiert einfach und zieht dabei ihr Ding durch, was nichts schlechtes sein muss. Das neue Album war dann auch mit sechs Liedern am prominentesten in der Setlist vertreten, aber die Band integrierte auch munter zahlreiche Hits vergangener Tage wie “Colony”, “Leeches” oder “Pinball Map” in ihr Set. Im Bezug auf die Bühnenproduktion boten In Flames ein sehr zurückhaltend gestaltetes Bühnenbild mit einem großen Backdrop und ein paar zusätzlichen Lichtsäulen. Beim Publikum wurde die Show mit viel Begeisterung aufgenommen und die Menge an Crowdsurfern, die in Richtung Graben zu den vorbildlich agierenden Securities getragen wurden, erreichte Rekordzahlen. Selbstredend spielte die Band, bei der inzwischen Chris Broderick (ex-MEGADETH, NEVERMORE, ..) anstelle von Niclas Engelin die zweite Gitarre bedient, wie eine gut geölte Maschine. Trotz all der Lobhudelei muss man jedoch festhalten, dass IN FLAMES zwar ein sehr gutes Konzert gespielt haben aber der von einigen geforderte Headliner Slot auf der Hauptbühne wäre eine Nummer zu groß für das Gebotene gewesen. [Michael]
Deicide
Im Gegensatz zur ausladenden Bühnenpräsenz von Bands wie AVANTASIA oder IN FLAMES setzten DEICIDE auf absolute Reduktion: Die Band stand während ihres grandiosen Best-Of Sets, welches alle Schaffensphasen der Death Metal Könige aus Florida abdeckte, meist stoisch auf der Bühne und spielte ihre Instrumente. Was auf den ersten Blick irritierend klingt macht in einer Live-Situation am späten Abend jedoch absolut Sinn: die Musik stand im Vordergrund und DEICIDE plätteten mit ihrem Doublebass-Drum Gewitter und ihrem Gitarren-Geshredde alles was ihnen (imaginär) im Weg stand. Auch bei den Ansagen schwätzte Glenn Bunton nicht in der Gegend herum sondern beliess es bei punktuellen Songankündigungen so dass DEICIDE sage und schreibe 16 Lieder in 60 Minuten Spielzeit unterbrachten. Gespielt wurden unter anderem “Scars Of The Crucifix”, “Seal The Tomb Below”, “Excommunicated” und mit “Lunatic Of God’s Creation” wurde dann das Konzert beschlossen. [Michael]
Meshuggah
Kaum ein Summer Breeze Debut wurde so sehr herbeigesehnt wie das der schwedischen Dissonanz-Könige von MESHUGGAH. Diese betraten mit wenigen Minuten Verspätung die opulent mit Lichtern und Backdrops bestückte Hauptbühne und legten mit “Pravus” vom Album “ObZen” los. Erste Erkenntnis dabei: der Sound ist herausragend.. druckvoll, dynamisch und perfekt zwischen Höhen und Tiefen ausbalanciert. Nach “Pravus” gab es dann gleich den Klassiker “Born In Dissonance” und spätestens bei diesem Song wurde allen Besucher*innen klar, dass sie heute Teil eines ganz besonderen Konzerts sein werden. Die Band spielte sich und ihr Publikum in eine Trance bestehend aus aberwitzigen Rhythmus-Verschiebungen und fordernden dissonanten Tonfolgen. Das Bühnenbild transportierte die Sound-Landschaft, mit der MESHUGGAH den Acker in Dinkelsbühl durchpflügten, in stets passender und vor allem sehr geschmackvoller Weise. Das Publikum quittierte den bombastischen Auftritt in andächtiger, ja schon fast ehrfürchtiger Weise um dann zwischen den Liedern in tosendem Applaus auszubrechen. Wie zahlreiche andere Bands auf dem Summer Breeze setzten MESHUGGAH auf eine ausgewogene Setlist, die sämtliche Alben der Band berücksichtigte. Schlussendlich bleibt zu sagen: wahnsinns Auftritt bei wahnsinns Sound einer wahnsinns Band. [Michael]
Freitag
Turbobier
Freitag, 11:30 Uhr am Morgen, TURBOBIER betreten als erste Band des Tages die T-Stage. Womöglich würde man erwarten, dass es vor der Bühne um diese Uhrzeit noch eher mau aussieht - weit gefehlt! Wie genau es die Wiener “Arbeitslosen-Band” auch anstellen mag, eine solide bayerische Fanbase ist ihnen so sicher wie eine Stimme für die BPÖ (Bierpartei Österreichs). All-Time-Favorites wie “Insel muss Insel bleiben”, “Die Bierpartei” oder “VHS” schmettern aus der Anlage, die Menge feiert und trinkt sich warm für die anschließende Signing-Session der Jungs. Gag-Einlagen wie schwingende BPÖ-Fahnenträger aus dem Publikum auf der Bühne oder bedruckte Schilling-Scheine mit dem Gesicht von Sänger Marco Pogo, die durch die Luft fliegen, bereiten den TURBOBIER-Anhänger*innen sichtlich Spaß. Jedes Mal aufs Neue eine witzige Show mit Message - Radlertrinker raus! Dicht in die Zukunft! Prost. [Kristina]
Deserted Fear
DESERTED FEAR, oder wie am Freitag auf der T-Stage in besonderer Besetzung “Deserted Five” genannt, überzeugen durch richtig gute Musik und noch besseren Humor. Selten habe ich eine Band gesehen, die so viel positive Energie, Dauergrinser und ernstgemeintes Staunen von sich gab, wie die Truppe aus dem thüringischen Eisenberg. Sänger und Gitarrist Manuel Glatter hatte sich erst kürzlich an der Hand verletzt und stand entsprechend ohne Klampfe auf der Bühne, hat dennoch funktioniert. Dass brutaler Death Metal mit melodischen Elementen und punktgenauem Witz sehr gut funktioniert, weiß man spätestens seit ihrem Musikvideo zu “Open Their Gates”. Für mich trifft die Band das Zahnloch der Zeit: Ausreichend Ernsthaftigkeit gepaart mit genügend Freude an positiven Dingen im Leben. Tipp zum Reinhören: “Drowned By Humanity” (2019), und das bitte am Stück! [Kristina]
King Apathy
Wie bereits mit einem gewissen Vorlauf angekündigt war das KING APATHY Konzert am Summer Breeze auch das letzte Konzert der Band, da sie sich danach auflösen wird. So versammelte sich eine nennenswerte Anzahl von Fans der Band am frühen Nachmittag auf der nach einem Schnapshersteller benannten Party Bühne. Die Band spielte zum Abschied sechs Songs und es gelang ihr trotz des frühen Slots auf einem Open Air eine Menge Atmosphäre zu transportieren. Es war ein schönes Konzert und ein würdiger Abschied für eine tolle Band. [Michael]
Decémbre Noir
Die nächste Gruppe des Lifeforce Label Matinées auf der Party Stage waren nach KING APATHY die Doom Metaller von DECÉMBRE NOIR aus Thüringen. Letztere nahmen im Vergleich zur vorherigen Band erwartungskonform nochmal einen Gang raus und beackerten Gelände und Publikum mit schwerfälligen doomigen Riffs welche durch ein paar schnellere Passagen aufgelockert wurden. Sänger Lars Dotzauer hatte zudem immer wieder ein paar sympathische Worte für die Anwesenden parat. Summa summarum ein guter Auftritt. [Michael]
Une Misére
Rund um die isländische Metalcore Band Une Misére entwickelt sich so langsam ein gehöriger Hype. So steht die Band inzwischen unter den Fittichen des Managements von Bands wie Enslaved, sie wird von Sky van Hoff produziert (der unter anderem an der letzten RAMMSTEIN Platte mitgewirkt hat), das Debut-Album wird von Nuclear Blast rausgebracht und man könnte die Liste jetzt noch bunt weiterführen. Auf dem Summer Breeze spielte die Band am Nachmittag auf der nach einem Werkzeughersteller benannten kleinen Bühne im Infield. Geboten wurde düsterer, walzender Metalcore mit richtig viel Druck, fettem Sound und wohldosierter Dynamik. Man sieht der Band an, dass hier ein sehr ambitionierter und bemüht professionelles Grüppchen auf der Bühne steht. Leider ist das auch die Crux an der Sache: Das ganze wirkte aalglatt und sehr kalkuliert. Leider kann man diese Kritik auch auf das Songwriting der Band übertragen, welches handwerklich absolut solide ist aber keinerlei Überraschungsmomente aufweist. [Michael]
Airbourne
AIRBOURNE aus Australien spielten am späten Nachmittag auf der Hauptbühne schließlich ein Konzert welches man in zweierlei Hinsicht betrachten kann. Einerseits legen die Jünger von AC/DC auf der Bühne eine Spielfreude an den Tag, die ihresgleichen sucht und Frontmann Joel O’Keeffe hat echte Qualitäten als Unterhalter so dass man immer mit einem Schmunzeln im Gesicht vor der Bühne steht. Auf der anderen Seite muss man inzwischen feststellen, dass der Band - die sich musikalisch ohnehin schon in einem sehr engen Korsett bewegt - live eigentlich nichts mehr neues einfällt. So spielen die Australier rund um die O’Keeffe Brüder seit Jahren mit dem gleichen Bühnenbild und liefern zudem immer wieder die identischen “Gags” wie beispielsweise das theatralische Zerdeppern von Bierdosen auf dem Kopf und das Huldigen von Lemmy. Schlussendlich bleibt eine Show, die einerseits viel Spass gemacht hat aber auf der anderen Seite keinerlei Überraschungen aufwies. [Michael]
King Diamond
Über KING DIAMOND muss man eigentlich nicht mehr viele Worte verlieren. Der neben ALICE COOPER unangefochtene Großmeister der Gruselrockshows bot auf dem Summer Breeze ein sehr aufwändiges Bühnendesign, welches einem Haus mit mehreren Stockwerken glich auf denen sich der King und seine Mitmusiker*innen dank Treppen auch bewegen konnte. Der einzige Wermutstropfen bei dem Auftritt war allerdings die Spielzeit, welche noch im frühen Sonnenuntergang begann. Dadurch litt vor allem der visuelle Aspekt der KING DIAMOND Show in der ersten Hälfte des Konzerts. Aber auch das hatte seine Reize: mit untergehender Sonne wirkte die Show immer mehr und je düsterer es am Himmel wurde, desto düsterer wurde auch die KING DIAMOND Show. Die Band präsentierte sich am Summer Breeze in Höchstform und bot neben Klassikern wie “Arrival” oder “Halloween” mit “Masquerade Of Madness” auch einen brandneuen Song. Auf der Bühne selbst gab es viel zu sehen. In Kutten gehüllte Statisten zerrten Abigails Sarg samt Puppe auf die Bühne, eine Frau wechselte laufend zwischen den Songs in neue Kostümierungen und KING DIAMOND selbst strotzte vor Agilität und Spielfreude. Ein absolutes Spitzenkonzert. [Michael]
Parkway Drive
Nach KING DIAMOND wurde es auf der Hauptbühne richtig voll und zwar so voll wie ich es in all den Jahren noch nie am Summer Breeze erlebt habe. Es stand nämlich DIE Headlinershow des diesjährigen Festivals an: PARKWAY DRIVE. Selbige hatten vor drei Jahren noch viel Pech und mussten am letzten Tag nach schweren Regenfällen, die sogar zu einer temporären Evakuierung des Infields führten, auftreten was zu einer sehr geringen Anzahl an Besucher*innen vor der Bühne führte. Dieses Jahr sollte alles anders sein und dank guten Wetters war der Bereich vor der Hauptbühne knallevoll. PARKWAY DRIVE begannen leider mit 15 Minuten Verspätung, während der noch ein Roadie irgendetwas mit einem Hammer auf der Bühne bearbeitete aber dann kamen PARKWAY DRIVE und zwar nicht von hinten sondern von vorne, mitten durchs Publikum begleitet von Fackelträgern auf die Bühne und legten gleich mit “Wishing Wells” los. Der vordere Bereich entwickelte sich dann spätestens bei “Prey” zu einem Hexenkessel. Bassist Jia O’Connor wurde erst nach ein paar Songs im Rollstuhl auf die Bühne gebracht, er hatte sich beim Fussballspielen verletzt. PARKWAY DRIVE boten wie in den letzten Jahren eine Showproduktion, die einerseits absolut bombastisch aber auf der anderen Seite auch immer kreativ und geschmackvoll ist. Hier stand eine Band auf der Bühne, die persönlich noch immer auf den Boden geblieben ist, die noch immer hungrig ist und die mit Sicherheit noch nicht am Ende ihrer Erfolgsleiter angekommen ist. Das Konzert am Summer Breeze war in Sachen Spielfreude, Publikumsreaktionen und Showproduktion eine Machtdemonstration, welche die Band für die allerhöchsten Weihen im Rockzirkus empfiehlt. Ein kleiner Seitenhieb sei mir erlaubt: Im Vergleich zu PARKWAY DRIVE am Summer Breeze verkam die SLIPKNOT Headliner Show bei Rock Im Park zu einer Altherren Rockshow. [Michael]
Zeal & Ardor
Leider musste ich aufgrund der schrecklichsten Überschneidung von Bands auf einem Festival der letzten 10 Jahre die PARKWAY DRIVE Show frühzeitig verlassen denn auf der T-Stage wartete die in meinen Augen heisseste vergleichsweis neue Metal-Band unserer Tage: ZEAL & ARDOR. Letztere konnten bereits wenige Wochen vorher beim beschaulichen Rock Im Wald Festival vor 1.500 Leuten vollends überzeugen und so war die Erwartungshaltung für das Konzert zu später Stunde am Summer Breeze entsprechend hoch. Wir machen es kurz: ZEAL & ARDOR haben an diesem Abend alles getoppt. Die Band kam wie üblich mit einem Dubstep Intro auf die Bühne und legte dann erst Mal mit Vocals los. Was sich auf Platte super anhört, klingt live bei drei Sängern nochmal beeindruckender. Neben Mastermind Manuel Gagneux standen nämlich noch Mar Obrist und Denis Wagner als zusätzliche reine Sänger auf der Bühne und die können alle wirklich richtig gut singen. So war es dann für die einzigartige Mischung aus Black Metal und Gospel angerichtet und ZEAL & ARDOR gelang es über das Ganze Konzert hinweg einen Spannungsbogen und eine Atmosphäre aufrechtzuerhalten, die ihresgleichen sucht. Der Dynamikwechsel zwischen Double Bass Schlagzeuggewitter samt Gitarrengeschredde und ruhigen, besinnlichen Phasen mit verständlichen Lyrics, die zum Nachdenken anregen, zug im Publikum jede*n in den Bann. Passend dazu war dann auch noch der Sound auf der T-Stage bei ZEAL & ARDOR welcher all die Dynamik und die Eindringlichkeit der Musik perfekt in Szene setzte und Höhen wie Tiefen perfekt ausbalanciert darbot. Zudem möchte ich erwähnen, dass Manuel ein total sympathischer Typ ist, der sich beispielsweise beim kleinen Rock Im Wald Konzert ganz viele Bands vom Publikum aus angeschaut hat und dem jegliche Allüren völlig frem zu sein scheinen. Passend dazu auch die erste der zwei Ansagen “Hey, wir sind Zeal & Ardor und wir reden nicht so viel. Ich hoffe das ist ok für Euch”. Bei der zweiten Ansage gegen Ende des Sets bedankte sich Manuel dann noch mit netten Worten beim Publikum. ZEAL & ARDOR haben das in meinen Augen beste Konzert am Summer Breeze und (nach Tool in Berlin) das zweitbeste Konzert des Jahres gespielt. Diese Band ist unfassbar gut und Manuel Gagneux ist in meinen Augen ein musikalisches Genie. Chapeau! [Michael]
Thy Art Is Murder
Erst kürzlich ging Frontmann CJ durch die Meme-Welt mit seiner Hommage an Michael Jackson (Timing 10/10). Die Kings of Deathcore verstehen es in wirklich jeder Venue und auf jedem Festival, eine brutale Show zu liefern, die im Kopf bleibt. Gerade im Dunkeln und nach Mitternacht wird die Geschichte richtig interessant: Hilft zum Wachbleiben in jedem Fall, um seine inneren biergeschwängerten Sorgenkinder herauszumoshen sicherlich auch. Das aktuelle Album “Human Target” (2019) präsentiert sich ähnlich hart und erbarmungslos wie sein Vorgänger “Dear Desolation” (2017). Immer einhergehend mit der doch sehr fordernden Musik bleiben THY ART IS MURDER dennoch bodenständig und sympathisch. Erst kürzlich wurde die HUMAN TARGET EU/UK TOUR 2020, die ab Januar auch in sechs deutsch Städten haltmachen wird, verkündet. Wir freuen uns! [Kristina]
Samstag
Winterstorm
Am Samstag eröffneten WINTERSTORM die T-Stage um 11:30 Uhr. Power Metal am Morgen vertreibt bekanntlich Kummer und Biernot. Oder so. Sichtlich gut gelaunt betraten die Oberfranken die Stage und präsentierten ihre Songs stilsicher. Obwohl das Wetter eher unbeständig war, konnte die Band ihre Fans vor der Bühne halten. Das aktuelle Album “Cube Of Infinity” (2016) mauserte sich nach mittlerweile drei Jahren zu einem allseits bekannten Werk, textsicheres Publikum inklusive. Wir bleiben gespannt, ob die Platte in naher Zukunft einen Nachfolger bekommen wird. In jedem Fall eine solide Show, dem Summer Breeze sind die Bayreuther sicherlich keine Unbekannten mehr, so konnten sie ihr Können bereits 2016 unter Beweis stellen. [Kristina]
Bury Tomorrow
“Wir danken Euch allen, die Ihr jetzt gerade vor der Bühne steht. Ohne diesen Support könnten wir die ganze Geschichte sicherlich nicht stemmen. Wir werden diese Momente niemals als selbstverständlich ansehen!” Diese wichtige Aussage traf Frontmann Daniel Winter Bates während des Sets auf der Main Stage. Kurz vor Ende der Show wurde außerdem angekündigt, dass die Band noch spontan für Fotos an den Bühnenrand kommen würde. Fannähe war BURY TOMORROW offensichtlich schon immer wichtig. Spätestens seit “Black Flame” (2018) konnte sich die Truppe aus Portsmouth/Southampton ein Standing innerhalb der Metal-Community erarbeiten, das so schnell nicht mehr vergehen wird. Mit voller Energie, mehreren Mosh- und Circlepits und ordentlich fliegenden Haaren im Publikum wurde zu Songs wie “Man On Fire”, “Black Flame” oder “Knife Of Gold” gefeiert, live immer wieder schön zu erleben! [Kristina]
Lordi
Den Monsterhaufen von LORDI haben wir uns primär ein wenig von der Seite angeschaut um mal zu sehen, wie die live so sind. Bis dato kannte man die Band zwar, aber das ganze Drumherum wirkte auf mich immer wie ein massenkompatibler GWAR-Abklatsch. Umso überraschter waren wir jedoch vom Auftritt am Summer Breeze. Musikalisch boten LORDI wohlverträgliche Rock-Hausmannskost, die nicht übel aber auch nichts besonderes ist. Live macht die Band aber ziemlich Spass und bot am Summer Breeze einen hohen Unterhaltungswert. [Michael]
Eluveitie
Ein ständiger Festivalbegleiter und immer wiederkehrender angenehmer Zeitgenosse. Die Rede ist von der schweizer Folkmetal-Band ELUVEITIE. Tollerweise können diese neun Musiker*innen weitaus mehr als “nur” Folkmetal. Gerade bei Songs wie “Primordial Breath” oder “Grey Sublime Archon” entdeckt der Hörer recht viele Deathmetal-Elemente, die fast schon ein wenig nach Göteborg-Sound klingen. Dieser Irrglaube relativiert sich allerdings gleich wieder, wenn die Exoten unter den Instrumente einsetzen. Eine Liveshow von ELUVEITIE beinhaltet neben viel sehenswertem Material vor allem drei Dinge: Rauch, Funken und Feuer. Viel Feuer. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine Show der Band gesehen zu haben, die auch nur im Ansatz schlecht war. Jedes Mal aufs Neue eine definitiv sehenswerte Show! [Kristina]
Grand Magus
GRAND MAGUS, die alten schwedischen Haudegen des klassischen, leicht doomigen Heavy Metals, betraten am Spätnachmittag die T-Stage und hatten leider ein wenig Pech im Hinblick auf die Publikumsmenge, die das Konzert der Band besuchte: Das Konzert war leider nur mittelmässig besucht. Die Anwesenden wurden allerdings mit einem soliden, schnörkellosen Auftritt ohne irgendwelchen Firlefanz belohnt. GRAND MAGUS spielten sich quer durch ihren Backkatalog und spielten mit “Dawn Of Fire” und “Untamed” auch zwei Lieder ihres aktuellen Albums “Wolf God”. Ansonsten durften natürlich Klassiker wie “Ravens Guide My Way”, “Steel vs Steel” oder “Iron Will” nicht fehlen. Sänger und Gitarrist Janne Christoffersson wandte sich hier und da immer mal wieder mit sehr bodenständigen, sympathischen Ansagen an das begeisterte Publikum. Abschluss war wie immer “Hammer Of The North”. GRAND MAGUS waren wie immer sympathisch und grundsolide. [Michael]
Bullet For My Valentine
Was als Teenie-Fanband begann, hält offensichtlich bis heute: BULLET FOR MY VALENTINE werden irgendwie nicht älter, Songs und Sound jedoch ausgereifter und besser. Was 2005 noch “The Poison” hieß und mit voller Wucht aus sämtlichen CD-Playern schallerte, findet heute mit “Gravity” (2018) ein runderen, aber dennoch nicht weniger fetten Sound. Man kann sich sicherlich über die aktuelle Platte streiten, über Produktion und Songwriting kann ich mich persönlich nicht beschweren. Live wird mal besser, mal schlechter geliefert - glücklicherweise hatte die Band aus Bridgend, Wales dieses Mal einen guten Tag erwischt. Das Wetter spielte schlussendlich auch noch mit und somit konnten alle Besucher, wenn auch mit einer Schicht Klamotten mehr, Sound und Lichtshow genießen. [Kristina]
Gutalax
Von manchen werden sie schon als “der heimliche Headliner des Summer Breeze” betitelt. So Punkt GUTALAX die Bühne betreten - oder eigentlich schon vorher - ist pure Eskalation vorprogrammiert. Toilettenpapier und Klobürsten, ja sogar Gummibälle und Plastik-Krokodile fliegen durch die Luft, die Menge tobt. Ist das eigentlich Musik oder kann das weg? In jedem Fall handelt das Prinzip dieser Kombo vor allem davon, sich mit Fäkalien zu beschäftigen. Songtitel wie “Anal Error”, “Asswolf” oder “Collective Shit in the Morning Sunrise” umschreiben recht treffend, wie ernst sich diese Band eigentlich nimmt. Wer es bereits geschafft hat, ein Dixie-Klo crowdsurfen zu lassen und dann (neben Grunzgeräuschen) noch nicht einmal Text in seinen Songs zu verarbeiten, hat es auch verdient, einen Slot um kurz vor 20 Uhr auf dem Summer Breeze zu ergattern. Klobrille hoch dafür! [Kristina]
Soen
Wie sagt man immer so schön? “Man soll gehen, wenn es am schönsten ist”. Unter dieses Motto habe ich dann das Konzert von SOEN gestellt und es zu meinem letzten Summer Breeze Konzert auserkoren und ja, ich hab deswegen dann THE OCEAN verpasst. SOEN betraten bei leichtem Regen die T-Stage und umhüllten das zahlreich anwesende Publikum in kürzester Zeit mit einem Schleier der Melancholie. Musikalisch schafften es SOEN auf der einen Seite ein absolut technisch hochwertiges und ausgefeiltes Progressive Metal / Rock zu spielen aber ihnen gelang es auf der anderen Seite auch das Ganze mit einer nahbaren persönlichen Note zu versehen. Schwerpunkt des Sets war das letzte SOEN Album “Lotus”, welches über die Hälfte der gespielten Songs einnahm. Von “Lykaia” spielten die Mannen rund um Joel Ekelöf, Marcus Jidell (Avatarium) und Martin Lopez (ex-Opeth) die Songs “Lucidity”, “Opal” und “Sectarian”. Sänger Joel Ekelöf glänzte während der ganzen Show mit einer astreinen Gesangsperformance und einer sehr sympathischen Bühnenpräsenz ohne jegliche Allüren. Neben der fantastischen ZEAL & ARDOR Show waren SOEN für mich das zweite TOP Konzert des diesjährigen Summer Breeze Festivals. [Michael]
Schlusswort
Jedes Jahr ein bisschen besser, jedes Jahr ein bisschen anders - und genau so soll es auch sein. In den letzten Jahren haben auch wir von Allschools einige Veränderungen mitbekommen. Offensichtlich hat sich die Ficken Party Stage mit angrenzendem Biergarten auf dem Campground auch im zweiten Jahr bewährt, die ehemalige Camel Stage bekam 2019 als Wera Tool Rebel Stage eine etwas größere Überdachung (wir sind dankbar über jede Schattenmöglichkeit) und die Toiletten-Situation war meiner Meinung auch relativ entspannt geregelt. Das VIP-Camping wurde in diesem Jahr an einen anderen Platz verlegt, die Laufwege dorthin waren mehr als in Ordnung. Vor allem die Duschanlage direkt im Camp sowie der separate Eingang mit kaum Wartezeit machte es der Presse in diesem Jahr sehr angenehm und zeitlich wesentlich entspannter als noch im Jahr zuvor. Ein wenig vermisst habe ich die Möglichkeit des Cashless-Systems im VIP-Bereich, das empfand ich 2018 als recht praktisch. Ein Lob auch an Personal und Security, jedes Jahr wieder sehr angenehme Menschen!
Leider blieb aber auch das Summer Breeze nicht verschont von Diebstählen, gefühlt in diesem Jahr auch etwas mehr als sonst. Es wurde jedoch gut darauf reagiert und mehr Kontrollen an den Ausgängen durchgeführt (ein großer Rucksack voller geklauter Handys wurde beispielsweise von der Polizei beschlagnahmt).
Ich freue mich jedes Jahr wieder darauf, Bands zu entdecken. Das Festival schafft einen guten Spagat zwischen Altbewährtem und frischen Acts, das Line Up kann sich hierbei durchweg sehen lassen. Ich würde mir persönlich noch ein paar mehr talentierte Newcomer-Acts für 2020 wünschen, davon kann man sicher nie genug bekommen!
Vielen Dank auch, dass regionales Bier ausgeschenkt wurde, der Camba Bavaria-Truck war eines meiner Highlights im VIP-Areal, die Preise waren gemessen am Festivalstandard vollkommen in Ordnung. Gerne 2020 auch im regulären Infield!
Auf viele weitere Jahre dieses grandiosen mittelfränkischen Festivals! [Kristina]
Nachdem bereits meine Kollegin Kristina ein ausführliches Schlusswort gefunden hat, möchte auch ich (Michael) mein Fazit ziehen. Das Summer Breeze hat im Jahre 2019 wieder einmal unter Beweis gestellt, dass man ein großes Festival so gestalten kann, dass es für alle Beteiligten ein schönes Erlebnis ist. Ein großes Lob geht an die Veranstalter, die immer ein offenes Ohr für Feedback haben und die, wie ich immer so gern sage, auf Augenhöhe mit ihren Besucher*innen kommunizieren. Das führte in diesem Jahr zu rekordverdächtig sauberen Zeltplätzen. Ein Lob geht auch raus an all die fleissigen Mitarbeiter*innen vor und hinter den Bühnen. Die Security am Summer Breeze agiert seit Jahren niemals daneben sondern immer mit dem richtigen Augenmaß und die Reinigungs-Teams am Gelände sorgten stets für ein sehr sauberes Umfeld. Nach den extrem unschönen Auswüchsen in 100 km Entfernung bei Rock Im Park in diesem Jahr (Müll, Sexismus, Toiletten, …) sollte die Stadt Nürnberg die Veranstalter von RIP zu einem Praktikum beim Summer Breeze verdonnern: dort können sie lernen, wie man ein großes Festival richtig aufzieht. Die einzige Kritik, die ich habe ist das vegane Essen bei den Ständen. Da habe ich dieses Jahr kein einziges Gericht gefunden, welches mich überzeugt hat und die Auswahl war zudem nicht dem Jahre 2019 angemessen. Das kann man aber in die Kategorie “Luxusproblemchen” einordnen. Ich bleibe bei meiner Aussage des Vorjahres: das Summer Breeze ist das beste unter den großen Festivals und es ist gelungen, den Abstand zu vergrößern. [Michael]