Interview mit Saphena

24.02.2011
 

 

Die Fragen beantwortete Axel:

Hallo SAPHENA, zunächst Danke, dass ihr uns die Gelegenheit gebt euch im Rahmen eures ersten Videodrehs zu interviewen. Erzählt doch einfach mal was über eure Entwicklung und wie es kommt, dass ihr erst jetzt euer erstes Video dreht.

Hallo, vielen Dank, dass ihr uns Fragen stellt. Saphena gibt es mittlerweile seit 11 Jahren. Ursprünglich kommen wir aus Chemnitz, sind allerdings jetzt in ganz Deutschland zu Hause. Das aktuelle Album „Das Ende einer Wahrheit“ ist für uns eine Art Neuanfang. Wir haben uns für die Platte viel Zeit gelassen und uns neu gefunden, auch personell. Die Entwicklung empfinden wir aber als komplett positiv und sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Ja, ein Video. Das wollten wir schon immer mal machen und es fragten auch ständig Freunde von Freunden, die jetzt an der Hochschule irgendwas mit Film machen. Letztlich ist es dann einfach an den richtigen Leuten zur Umsetzung gescheitert, gerade wenn man ein begrenztes Budget hat. Jetzt haben wir aber zwei sehr begabte Kollegen gefunden, die sich mit unglaublichem Eifer in das Projekt gestürzt haben. Genauso wie einen Freund, Matthias Pick, der dafür sorgt, dass nicht die ganze Zeit nur unsere Nasen zu sehen sind. Das Video kommt in den nächsten Wochen raus und wir sind hochgradig gespannt.



Wie ist der Albumtitel „Das Ende einer Wahrheit" zu verstehen und welche Rolle spielt der Song "Ich sehe mich" - gibt es bestimmte Gründe warum ihr gerade zu diesem Song ein Video dreht?

„Das Ende einer Wahrheit“ heißt für uns, dass wir eine Wahrheit als festes Konstrukt aus Werten und Grundsätzen nicht mehr einfach so hinnehmen wollen. Wir sind manchmal ziemlich verkopfte Typen und fragen uns ständig, ob wir mit unserem Leben das Richtige anfangen. Das heißt auch, seine eigenen Wahrheiten immer wieder in Frage zu stellen. Wir können uns in der Band mittlerweile darauf einigen, dass Hinterfragen Selbstzweck ist. Demnach ist der Titel eine ganz gute Reflektion unserer aktuellen Stimmung.

Wir finden, „Ich sehe mich“ repräsentiert uns gut als Band, musikalisch wie inhaltlich. Wenn man uns nicht kennt, ist der Song ein guter Querschnitt unserer Platte und natürlich war es auch wichtig, dass er gut nach vorne geht und Potential für eine Story bietet. Grundsätzlich also eher eine pragmatische Entscheidung, wie das so ist bei Single Pop Bands.

Im Song "Ich sehe mich" geht es textlich gewissermaßen um einen Prozess der Selbsterkenntnis. Wird dieser auch im Video visuell umgesetzt?

Durchaus. Wir haben uns eine kleine Storyebene überlegt, die Matthias als Darsteller hervorragend umgesetzt hat. Letztendlich werden wir hier aber nicht zu viel verraten, auch im Video nicht. Wir legen großen Wert darauf, den Hörern ihren Interpretationsspielraum zu lassen und inhaltlich nicht so viel einzuschränken. Jeder erschließt sich ja andere Inhalte aus einem Text, teilweise Sachen, die wir beim Schreiben überhaupt nicht vermutet haben.



Wie entstand die Zusammenarbeit zwischen den Regisseuren und euch? Wenn ich richtig informiert bin, sind die beiden ja eher in der Kurzfilmszene verankert.

Robert, unser Bassist, kennt Patrick noch aus gemeinsamen Schulzeiten. Er hat sich an ihn erinnert, auch weil er gerade zusammen mit Sebastian Ernst einen Kurzfilm rausgebracht hat. Als wir den Trailer dazu gesehen haben, wussten wir, dass wir mit den beiden arbeiten wollen. Dort haben wir genau die Stimmung gesehen, die wir wollten. Für uns war es auch reizvoll, Leute aus der Kurzfilmecke zu holen, die noch nicht so viel Erfahrung beim Musikvideo haben. Gemeinsam haben wir dann ein Konzept gebastelt und das Ganze umgesetzt. Die Zusammenarbeit war übrigens hervorragend, so ein Dreh geht ja nicht ohne Schmerzen und Selbstquälerei ab. Da muss das Menschliche schon stimmen.

Eure Platte inklusive Artwork erweckt bei mir den Eindruck, dass ihr ein zusammenhängendes Konzept verfolgt. Fügt sich hier auch das Video ein? Wo habt ihr gedreht und was erwartet uns?

Wir legen auf jeden Fall großen Wert auf das Zusammenspiel von Musik, Inhalt, Artwork, Bühnenpräsenz usw. Wir wollen ja ein Ganzkörpererlebnis vermitteln und dazu ist uns das Visuelle sehr wichtig. Die Linie hat sich aber eher während der Arbeit am Album entwickelt. Sozusagen ist das ganze hinterher ein Konzept geworden, was wir jetzt aber mit dem Video natürlich weiterspinnen. Das wird im gesamten Look rüberkommen und optisch den Stil der Platte weiterentwickeln. Rein optisch finden wir uns im „Endzeitlook“ ganz gut repräsentiert.

Eure Musik geht ja im ersten Moment ziemlich fies zur Sache und man muss sich schon ein wenig damit auseinandersetzen. Es geht hier und dort ziemlich vertrackt zu, noch gesteigert durch elektronische Einflüsse. Inwiefern spielt ihr damit? Gibt es musikalische Vorbilder oder Einflüsse die ihr habt?

Das ist erstmal nie Planung gewesen. Wir klangen schon immer ein wenig anstrengend und haben gemerkt, dass das einfach so ist, egal mit wem und wo wir aufnehmen. Das ist einfach unser Sound. Es ist auch nicht so, dass wir Songs für die Musikerpolizei schreiben wollen, oder irgendjemandem beweisen müssen, dass wir rechnen können. Unser Gitarrist und Hauptsongschreiber Rob hat solche Sachen einfach im Kopf. Seine Ideen passieren außerhalb der 4/4 Hörgewohnheit. Da muss man auch Meshuggah und Konsorten als Einfluss nennen.

Unser Anspruch ist aber auch, die vertrackten Sachen so zu verpacken, dass am Ende trotzdem ein fließender Song herauskommt. Wir wollen keine Musik spielen, bei der keiner mitzählen kann und die nur auf dem technischen Level begeistert. Das Ziel ist, dass es gut rein geht, aber bei genauerem hinschauen dann doch nicht so einfach ist.

Die elektronischen Einflüsse sind mit unserem Gitarristen Joki gekommen, der seit der letzten Platte auch gleichzeitig als unser Produzent fungiert. Er beschäftigt sich sehr viel mit alten Synthies und tobt sich auch viel in der Richtung aus. Wir fanden geil was er gemacht hat und werden das wohl noch ausbauen. Es bringt einfach eine andere Dimension rein und sorgt auch live noch mal für mehr Druck. Einen direkten Einfluss gibt es da wohl nicht. Wir hören aber auch viel Elektronisches und sind da nicht besonders oldschool, wenn es um Gitarrenmusik geht.




Ihr singt auf Deutsch und habt da euren recht eigenen Stil. Not oder Tugend?

Wir haben vor 10 Jahren mit englischen Texten angefangen, und da sind wir bei der Not. Gute Texte in der Fremdsprache zu schreiben und die dann auch noch akzentfrei vorzutragen, gelingt wenigen deutschen Bands gut wie ich finde. Wir haben das bei uns jedenfalls so gesehen. Uns hat irgendwann ein Freund gefragt, warum wir es nicht auf Deutsch probieren. Wir haben es probiert und wollen das auch nicht mehr ändern. Wir können uns dadurch differenzierter ausdrücken, zumal wir auch viel Wert auf Texte legen. Und unsere Muttersprache passt nun mal sehr gut zu derartiger Musik.

Die etwas eigene Auslegung der Sprache kommt natürlich in erster Linie von Andi, der alle Texte schreibt. Erstmal schreibt er natürlich einfach drauf los, spielt aber auch gern mit Sprache. Wir wollen die Worte nicht allzu einfach und geradeaus wählen, weil das mit brutaler Musik im Deutschen schnell platt rüberkommt. Wir haben schon den Anspruch, die Sprache etwas kreativ zu verwenden, sofern das unser mittelmäßiger literarischer Hintergrund zulässt.

Was macht ihr eigentlich im Privatleben? Rein optisch seht ihr keinesfalls aus als würdet ihr derart zerstörerische Musik machen. Oder ist eure Musik der Ausgleich zum sonst geregelten Leben?

Du hast das ja mit den „Lackaffen“ eingeführt. Wir fanden das super und seitdem ist „Lackaffen“ unser Stilkonsens sozusagen. Da weiß jeder, was er anzuziehen hat. Im Ernst, wir verkleiden uns ja nicht. Wir tragen auf der Bühne und auf Fotos so ziemlich genau das, womit wir auch angereist sind, wenn wir auch hier und dort noch ein wenig überzeichnen. Wir waren nie besonders szeneangehörig und betreiben im normalen Leben überwiegend recht bürgerliche Berufe, die tatsächlich ein gewisses seriöses Auftreten im Alltag fordern. Die Musik ist da natürlich Ausgleich, aber auch mehr als das. Neben dem 9 to 5 gibt es für uns fast nur die Band. Und da wir natürlich überall mal unsere Platte fallen lassen, finden wir auch im Geschäftsalltag Fans. Da kann man schon mal Überraschungen erleben, wenn der 50 jährige Schlipsträger drauf abgeht.

Gibt es neben SAPHENA weitere musikalische Projekte die ihr verfolgt?

Wir konzentrieren uns sehr stark auf saphena, auch weil wir halt außerhalb der Musik gut beschäftigt sind. Allerdings arbeitet Joki gerade daran, sein Soloprojekt „imaginary war“ an die Öffentlichkeit zu bringen. Das geht dann in die Richtung Electro Rock/Pop, um mal eine Bezeichnung zu verwenden. Da werden wir 2011 noch was hören. Ich spiele dann hier und da noch in weiteren Bands, aber die Priorität gehört saphena.




Was sind eure weiteren Pläne für das Jahr 2011? Wird es eine Tour geben oder plant ihr schon die nächste Platte?

Um nicht wieder 5 Jahre vergehen zu lassen, denken wir schon an die nächste Platte. Ende des Jahres sollte da schon ein Gerüst an Songs stehen. Im Moment arbeiten wir natürlich stark daran, unsere Livepräsenz voran zu bringen. Dafür schauen wir uns derzeit auch nach Partnern im Booking Bereich um. Dann schauen wir mal, was mit dem Video passiert und freuen uns drauf, was 2011 noch so geht.


Abschließend noch eine Frage zum Song "Die Last meiner Welt" - der letzte auf "Das Ende einer Wahrheit" - er ist der längste, atmosphärischste und vermutlich verstörendste auf der CD. Die Textzeile "Wo wollte ich einst hin? Ist es doch das wo ich jetzt bin?" hat es mir besonders angetan. Kann das als die Grundfrage der gesamten CD oder vielleicht sogar als Motto von SAPHENA verstanden werden?

Danke, es freut uns sehr, wenn wir ein wenig verstören können. Die Zeile ist eher Grundfrage als Motto. Als ich besagtes Ende das erste Mal im Studio mit Gesang gehört habe, habe ich auch erstmal geschluckt. Der Text dieses Songs reflektiert wohl ganz gut unser Innenleben, jedenfalls im Moment. Wie schon erwähnt, versuchen wir, uns ab und zu mal vor den Spiegel zu stellen und zu fragen, was der Typ da eigentlich macht. Das gilt für uns alle, und demnach kann man es schon als Grundfrage der Band gelten lassen, was übrigens auch musikalisch gilt. Dass wir uns dort alle fünf wiederfinden ist natürlich eine gute und für uns wichtige Sache