ESKALATION aus Bayern spielen knackigen, cleveren und linkspolitischen Skapunk und veroeffentlichten letzten Freitag ihr neues Album "360°" via Uncle M. Anbei stellt die Band ein exklusives Track-by-Track zur Platte vor, in dem sie ueber die Hintergruende zu den Songs sricht. Die Platte kann HIER im Stream angehoert werden.
ESKALATION "360°"
1. "Nicht mehr meine Band"
Der erste Track auf dem Album sollte für uns sowohl stilistisch als auch textlich den neuen ESKALATION Sound einfangen. Es geht vor Allem darum, allen Leuten die das jetzt alles zu poppig und glattgebügelt finden, gleich mal den Wind aus den Segeln zu nehmen - einfach indem wir aus der Sicht unseres größten Kritikers geschrieben haben.
2. "Kleinstadt"
Der Song ist die Ode an unsere Jugend im 7000-Seelen Nest Postbauer-Heng im Nürnberger Hinterland. Wir hatten Fahrräder mit Fuchsschwanz dran, tranken Bier vor dem Netto im Zentrum und kloppten uns mit den Dorfnazis im Bierzelt – der Struggle war real!
3. "Bau dir deine Wahrheit"
Wir haben lange überlegt, ob wir den Text so bringen können. Bei manchen Menschen ist ja bekanntlich der Ironie-Knopf besser versteckt als das Originalrezept von Coca-Cola, aber wer nach dem Musikvideo jetzt immer noch glaubt, wir meinten diesen ganzen Parolen-Scheiß ernst, dem ist glaub ich eh nicht mehr zu helfen. Textlich lösen wir das Ganze übrigens im C-Teil auf. Da heißt es: "Dein Gedanke hat gezündet, was richtest du nur an?" - von der Stammtisch-Stimmung hin zur brennenden Flüchtlingsunterkunft ist es eben gar nicht so weit.
4. "Degeneration"
Bei Degeneration wissen wir manchmal selbst nicht so genau, ob wir bei dem Text lachen oder weinen sollen. Der Song ist der Versuch, ein leicht schizophrenes Lebensgefühl zwischen Punkrock-Attitüde und Netflix&Chill zu verpacken. Wir singen: "Unsere Revolution heißt Online-Petition, gebt mir alles in die Hand nur kein Megaphon" und implizieren dabei, dass wir und unsere wohlstandsbauchgeformte 1990er Geburtenkohorte zwar von unzähligen Möglichkeiten umgeben sind, es aber gleichzeitig verlernt haben konsequent für eine Sache einzustehen und dafür den Mund aufzumachen.
5. "Im Rausch"
Im Rausch beschreibt ein typisches Großstadt-Büroleben, in dem der Protagonist jeden Morgen den selben Weg aus seiner Wohnung im anonymisierten Hochhaus hinein in den immer selben Trott auf sich nimmt. Im Text heißt das dann: "Morgens nicht wissen wie der Nachbar heißt, Rolltreppe, U-Bahn, Achselschweiß." - Hin und wieder kommt es aber vor, dass Menschen dieses Korsett aufsprengen, was wir mit einem möglichst knalligen Refrain versucht haben umzusetzen.
6. "Keine Zeit"
Für Keine Zeit haben wir uns Verstärkung von Ike Aligbe aus den Münchner Weltraumstudios geholt, der mit uns einen mächtigen Synthesizer-Part für den Song gebastelt hat. Es wirkt vielleicht ein wenig unkonventionell, wenn am Ende des Songs urplötzlich Breakbeat-Drums einsetzen - aber für genau diese Art stilistischer Überraschungen sind wir stark zu begeistern.
7. "Görlitz"
Der Refrain zu Görlitz war ursprünglich nur eine schlechte Idee nach einer Flasche Wein und ich (David=Texter) habe nie damit gerechnet, dass wir wirklich einen Refrain umsetzen in dem es heißt: "Du bist ganz okay, doch das wird nichts - Wär ich St. Tropez, dann wärst du Görlitz." Doch letztlich ist es dann doch so gekommen. Geschrieben ist der Text aus Sicht eines Protagonisten des Typs: Sich selbst heillos überschätzender International Management Student mit definitiv zu viel Gel im Haar.
8. "Wandler"
Okay, für die Geschichte hinter diesem Song müssen wir kurz die Klischeekiste öffnen: Wandler entstand zum Teil auf einer Busfahrt durch die Anden in Bolivien, zum Teil auf einer Berghütte in der Schweiz. Es geht um das Reisen und die schiere Unendlichkeit der Welt ("Sieben Kontinente, der Großteil im Meer") - aber noch viel mehr geht es um die menschlichen Begegnungen ("Sieben Milliarden, jeder mehr wert als Gold"), die letztlich doch viel wichtiger sind, als jede abgehakte Bucket-List.
9. "Tanz deine Revolution"
Auch bei Tanz deine Revolution haben wir mit einem unvermittelt kommenden Dubstep-Sample ein kleines stilistisches Goodie verbaut, was insbesondere Live oft zu verwirrten Gesichtern bei Stil-Puristen und eingefleischten Punkrockern führt. Das bisher aber noch niemand Biergläser auf uns geworfen hat sehen wir als Indiz dafür, dass die Leute auf unseren Konzerten zum Glück für derlei Experimente zu haben sind.
10. "Deine Geschichte"
Deine Geschichte ist nicht nur ein Gassenhauer mit viel Gangshouts, verzerrten Gitarren und mitgrölen. Es gibt auch einen wichtigen Background: Wer Menschen nicht nach Talenten sondern nach Herkunft unterscheidet, beweist eine erstaunlich zurückgebliebene Fähigkeit zur Empathie. Und so bitter es ist, Sätze wie: "Ihr habt doch schöne Strände, warum willst du denn da weg?" haben sich sicherlich schon genug Geflüchtete aus den Maghreb-Staaten anhören müssen.