Plattenkritik

Macbeth - Gotteskrieger

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Release Date: 24.07.2009
Datum Review: 23.07.2009

Macbeth - Gotteskrieger

 

 

...und ein Mädchen singt "Maikäfer flieg, dein Vater ist im Krieg, deine Mutter ist in Pommerland, Pommerland ist abgebrannt"...


Es gibt Alben, die dürfen einfach nicht unter den Tisch gekehrt werden. Eines davon ist das zweite Machwerk der Erfurter MACBETH, die von sich behaupten kann, eine der ersten Heavy Metal Bands der ehemaligen DDR gewesen zu sein. Bis gegen sie nach einem Konzert im Herbst 1986 durch die höchste Ebene ein Spielverbot auf unbestimmte Zeit ausgesprochen wurde. Nach Umbenennung, Irrung, Wirrung und Auflösung (Wittenburg, "charismatischer Frontmann, der entscheidend zum Erfolg der Band beitrug", saß wegen einer Bagatelle von 1988 bis 1989 über ein Jahr im Knast, und erhängte sich im Dezember des Mauerfalljahres) nahm die Band im Frühjahr 1993 wieder Aktivitäten auf. Nachdem sich dann aber der Schlagzeuger das Leben nahm, indem er von einem Hochhaus sprang, wurde die Band abermals auf Eis gelegt. 2006 schließlich erschien der erste, selbstbetitelte Longplayer MACBETHs, so dass dem Tape Trading endlich Ende gesetzt wurde.

Der zweite Output "Gotteskrieger" ist straighter, teils sehr drückender, tempomäßig variabler Heavy Metal mit leichten Thrash Anbiederungen, der durch deutsche Texte geprägt ist. Diese gehen unter die Haut, da sie vollgepackt sind mit düsteren Erzählungen vom Krieg, vom verblendet sein, vom abrichten und vom Tod. Erzählt werden diese vom Sänger Olli Hippauf, der thüringisch üblich fast jedes rrrrr rrrrrollt. Mal abgesehen davon besitzt er eine packende, angeraute Stimme, die die inhaltlichen Abgründe authentisch transportiert. Bekanntestes Mitglied ist Produzent und Sessionmusiker Patrick W. Engel am Schlagzeug, der wie der Rest der Band technisch nicht über den Wolken wohnt, aber mit beiden Beinen ordentlich den Boden zum Vibrieren bringt. So ist "Gotteskrieger" weiterhin gekennzeichnet durch relativ simplen Songaufbau und in den Refrain laufende Songstrukturen, die immer wieder die Pelle gefrieren lassen. Vor allem aber lassen sich MACBETH kleine Schmankerl einfallen, um dem Hörer immer wieder ein Schmunzeln zusammen mit einem Schauer zu entlocken, mithin Abwechslung zu bieten. So gibt es "New York, New York" auf der Miniatur Drehorgel, "Das Boot" zeigt zu Beginn und am Ende eine Metalversion des Soundtracks zum legendären Film, um dann mit "Lilli Marleen" gesungen von Marlene Dietrich (die inoffizielle Hymne der Soldaten an sämtlichen Fronten) auszuklingen, ein Mädchen sing traurig den oben beschriebenen Schwur des letzten Hitler-Jugend-Jahrgangs vom April 1945 ("Maikäfer flieg...").

Grundsolider Metal, der jederzeit durch die Gitarrenriffs aggressiv ist, nie aufgesetzt wirkt, und dabei Geschichten erzählt, ist eine Seltenheit geworden. MACBETH bilden auch deshalb eine Ausnahme, da sie nicht schwammig sind, sondern in festen Strukturen ihr Antikriegs-Ding durchziehen. Somit ist "Gotteskrieger" eine kleine Überraschung und eine klare Kaufempfehlung an all diejenigen, die trotz eines rollenden "R" Metal lieben. Und die Frage, ob dieses Album eine Chance hätte, wenn es nicht von einer Band kommen würde, die eben diesen Kultstatus genießt, muss ganz klar mit JA beantwortet werden (siehe diesbezüglich den letzten Absatz HIER).

Tracklist:
1. Unter dem Beil
2. Hunde wollt ihr ewig leben
3. Das Boot
4. Golgatha
5. Vater
6. Gotteskrieger
7. Maikäfer flieg
8. Mein kleiner Soldat
9. Totentanz
10. Am Grab

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Clement

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Ich fühle mich zu alt