Vor mehr als 10 Jahren wäre ich, angesichts der Veröffentlichung eines neuen Albums von ALL THAT REMAINS, im Dreieck gesprungen und hätte lechzend das Netz nach Singles, Songsnippets oder dergleichen durchforstet. Die Band aus Springfield waren damals DIE (Underground-) Institution in Sachen Metalcore und veröffentlichten bekanntermaßen zeitlose Meilensteine wie „The Fall Of Ideals“ oder „Overcome“. Bei den Nachfolgewerken „For We Are Many“ und „A War You Cannot Win“ machte sich dann ein Trend bemerkbar, der auf den letzten Werken gipfelte: Less Metalcore, more Stadionrock. So flog ihr letztes Album „Madness“, welches Anfang 2017 erschien, bei mir nach wenigen Durchläufen direkt in die Kiste des Grauens. ALL THAT REMAINS waren zahn-, einfallslos und langweilig geworden. Ihre unfassbare Power früherer Tage war dahin!
Dementsprechend erwartungslos näherte ich mich „Victim Of The New Disease“ und wurde anfangs wiederum enttäuscht. Der Opener „Fuck Love“, bereits in Vorfeld als erste Single veröffentlicht, ist zwar ein übler, in Deathmetalmanier runtergeknüppelter Nackenbrecher, der allerdings auch uninspiriert und höhepunktslos durch die Boxen ballert. Warum hat man einen derartig langweiligen Song an den Anfang eines Albums gesetzt, welches danach richtig Fahrt aufnimmt und zu den besten Outputs der letzten Jahre von ATR gehört?
Das direkt folgende „Everything´s Wrong“ ist nämlich einfach nur Midtempo-Metalcore-Champions-League. Fette Gitarrenarbeit, Groove und ein Phil Labonte in Höchstform – So will man die Amerikaner hören. Weitere Highlights kommen mit „Blood I Spill“, welches als ein Bonustrack von „The Fall Of Ideals“ durchgehen könnte, das treibende „Misery In Me“ oder „Wasteland“ als brachialer Kopfnicker. Auf letztgenanntem demonstriert der oben angesprochene Frontmann endlich wieder seine Ausnahmestellung als Vokalakrobat, der in Sekundenschnelle vom Growlen über Schreigesang auf zuchersüße Melodien umschalten kann. Mega!
Für Fragezeichen sorgen auf „Victim Of The New Disease”, neben dem schlecht gewählten Opener, die beiden Balladen “Alone In The Darkness” und „Just Tell Me Something“ mit Unterstütung vom ASKING ALEXANDRIA-Sänger, welche für sich genommen nicht übel klingen, aber wieder sehr zahnlos rüberkommen. Möglicherweise erhofft man sich dadurch vordere Plätze in den Collegecharts ihres Heimatlandes.
Summa summarum gelingt ALL THAT REMAINS dennoch die Rückbesinnung an alte Tugenden und der 5er hat hier eine gute Handvoll an Killertracks am Start, die allen (älteren) Fans wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern werden.