Manchmal kommt es für den Genuss eines neuen Albums nicht unwesentlich auf das Managen von Erwartungshaltungen an. Erwartet man z.B. auf dem zweiten Album von ANY GIVEN DAY ein innovatives, progressives Ideenfeuerwerk mit Überraschungen an jeder Ecke, so wird man sicherlich entäuscht sein. ANY GIVEN DAY spielen typischen, ja geradezu klassichen Metalcore in der Schnittmenge aus CALIBAN, THE SORROW und BURY TOMORROW, inklusive aller Trademarks, die scharfe Kritiker des Genres sofort in die Flucht schlagen dürften.
Es dominiert Stakkato-artiges, manchmal djentiges Riffing, angereichert mit melodischen Leads und dezent eingestreuter Elektronik, dazu ein Wechselspiel aus Shouts und Klargesang sowie natürlich obligatorische Breakdowns in fast jedem Song. Wer sich sich in den letzten Jahren ein wenig mit Metalcore beschäftigt hat, der wird im Songaufbau der Gelsenkirchener quasi keine Überraschungen antreffen, dafür aber viele alte Bekannte. Dass man auch aus so typischen Zutaten ein sehr schmackhaftes Süppchen kochen kann, haben BURY TOMORROW in diesem Jahr bereits sehr eindrucksvoll bewiesen. Obwohl ANY GIVEN DAY nicht an die Klasse der Briten herankommen, kann man mit "Everlasting" durchaus Spaß haben. Das liegt nicht zuletzt daran, dass ANY GIVEN DAY mit Dennis Diehl einen begnadeten Frontmann in ihren Reihen haben. Dessen Shouts klingen zwar manchmal etwas eintönig, dafür brilliert er mit sehr warmem und kräftigem Klargesang, der mitunter ein wenig an MERCENARY erinnert.
So spielt sich die Band wie gesagt routiniert und ohne große Überraschungen durch die bekannten Gefilde des Metalcore, aber eben auch ohnen nennenswerte Patzer. "My Doom" eröffnet das Album mit ordentlich Druck nach vorne und "Endurance" wird von ein einem fetten Stakkato-Beat der Marke SLIPKNOT eingeleitet, bevor auch hier wieder die typischen Metalcore-Trademarks dominieren. Nummern wie "Mask Of Lies", "Sinner's Kingdom" und "Farewell" kommen dagegen eher melodisch getragen und mit einem leichten Touch von KILLSWITCH ENGAGE daher, hier kann besonders Fronter Dennis mit erwähntem Klargesang punkten. Das leicht djentige "Masquerade" bleibt wegen seiner düsteren Hintergrundsamples im Ohr und für "Arise" hat man mit Matt Heafy von TRIVIUM sogar richtige Prominenz als Gast verpflichten können. Dieser liefert zwar einen ordentlichen Gesangspart ab, man wird aber das Gefühl nicht los, dass die Nummer auch ohne ihn genauso gut funktioniert.
Insgesamt liefern ANY GIVEN DAY hier ein solides und rundes Metalcore-Album ab, das bei Freunden des Genres und besonders oben genannter Bands sicherlich auf offene Ohren stoßen dürfte. Dabei wagen die Gelsenkirchener relativ wenig, machen aber eben auch nicht viel falsch. Besser gut kopiert als falsch erfunden oder wie war das noch gleich? Mit etwas eigenständigerem Songwriting könnten ANY GIVEN DAY in Zunkunft sicherlich auch zu den bekannteren Vertretern des Genres aufschließen, einen Trumpf haben sie mit Fronter Dennis jedenfalls schon jetzt an der Hand.