Über sechs Studioalben zieht der schwedische Wanderzirkus AVATAR nun schon durch die Metalwelt und machte dabei immer wieder Station bei diversen Subgenres, um sich derer Einflüsse reichlich zu bedienen. Ursprünglich als reine Melo-Death-Band im Dunstkreis von IN FLAMES und DARK TRANQUILITY gegründet reicherte man den Bandsound schnell mit Elementen aus Groove Metal, Prog, klassischem Heavy Metal und Hard Rock an, schwang sich in schnieke Zirkusuniformen und trieb die Metal-Crossover-Verrücktheit stets ein bisschen weiter auf die Spitze. Was auf den bisherigen Alben hin und wieder etwas aus dem Ruder lief und daher nicht immer voll ins Schwarze traf, funktioniert in Verbindung mit der extrovertierten Liveperformance der Schweden großartig und macht Auftritte von AVATAR stets zu einem extrem unterhaltsamen Erlebnis.
Mit "Avatar Country" steht nun seit Kurzem das siebte Album in den Startlöchern und man kann schon nach dem ersten Durchlauf festhalten, dass AVATAR diesmal zwar etwas gradliniger als sonst vorgehen, sich ihre grundlegende Verrücktheit und ihren skurrilen Humor jedoch absolut bewahrt haben. Auch will auffallen, dass man auf "Avatar Country" besonders den melodischen Sektor weiter ausgebaut hat, wohingegen der Death-Metal-Einschlag bis auf einige Shouts quasi komplett verschwunden ist und so vom ursprünglichen Sound nicht mehr viel übrig geblieben ist. Wie schon der Vorgänger "Feathers & Flesh" ist auch "Avatar Country" als Konzeptalbum angelegt, diesmal widmen sich die Herren auf äußerst humorvolle Weise dem fiktiven König des Avatar Country und der Königswürde im Allgemeinen. Dabei mimt Zirkusdirektor Johannes Eckerström den Hofmarschall und fordert das Volk unter anderem zum königlichen Wehrdienst oder zum Bestaunen der frisch enthülten Königsstatue auf.
Der Achtminüter "The Legend Of The King" eröffnet die Scheibe mit großem Augenmerk auf abwechslungsreicher Gitarrenarbeit, unverschämt melodische Leads treffen auf treibend flotten Groove und die Nummer schraubt sich zum Ende zu einer Orgie zwischen ausufernder Rock-Epik und gediegener Melancholie hoch. Diesen Stimmungswechseln passt sich Johannes Eckerström perfekt mit leidenschaftlichem Gesang und kernigen Shouts an genau den richtigen Stellen an, im Rampenlicht steht hier aber die Instrumentalfraktion. "The King Welcomes You To Avatar Country" dagegen macht danach eine stilistische Kehrtwende und präsentiert sich als lässiger Hard Rocker zwischen AC/DC und DIRE STRAITS, inklusive Mitklatschpart am Schluss.
Mit "King's Harvest" folgt der (für mich) schwächste Song des Albums. Der etwas eintönige Stampfer wird zwar immer wieder von wunderbaren Melodien aufgelockert, so richtig mag der Funke aber nicht überspringen. Das kann man von "The King Wants You" nicht behaupten, denn die leichtfüßig groovende Nummer erinnert mit einer den Bewegunsdrang fördernden Dynamik und variablem Gesang latent an alte FAITH NO MORE und setzt sich zudem schnell im Hirn fest. Mit "A Satue Of The King" wird es dann AVATAR-typisch verrückt, hier dominieren schnelle Tempowechsel und aggressive Riffs treffen auf verspielte Passagen, während Eckerströms Gesang neben den anfeuernden Shouts schon fast Musicalcharakter entwickelt. Der Abgesang "King After King" fällt schließlich deutlich melancholicher als der Rest des Materials aus, zeigt aber noch einmal das großartige Verständnis der Band für dynamischen Groove und den Einsatz toller Gitarrenmelodien an den richtigen Stellen.
Mit den beiden Instrumentalstücken "Silent Songs Of The King" (Pt. 1 & 2) klingt das Album dann leider etwas unspektakulär aus und offenbart gleichzeitig seine größte Schwäche: den Umfang. Einem Intro, einem zugegebenermaßen sehr lustigen Interlude und zwei Instrumentals, von denen man eines getrost als Geklimper bezeichnen kann, stehen lediglich sechs vollwertige Nummern gegenüber, von denen nur eine Überlänge hat. Ich bin zwar kein Freund von ausufernden Konzeptalben mit über 90 Minuten Spielzeit, "Avatar Country" ist aber tatsächlich etwas kurz geraten. Ein bis zwei Songs mehr hätten es also schon sein dürfen. Andererseits geht das Album runter wie Öl, das Konzept funktioniert, unterhält und man lässt textlich wie musikalisch so gut wie keine Langeweile aufkommen. In diesem Sinne, GLORY TO OUR KING!