Diesmal haben sie es übertrieben. Nein, nicht musikalisch. Da ist bei ANAAL NATHRAKH so sehr alles beim Alten, dass man sich fragen muss, warum diese beiden Herren überhaupt noch neue Alben rausbringen. Da wird jetzt zum mittlerweile sechsten Mal (diverse EPs noch nicht einmal mit eingerechnet) die Apokalypse vertont, wird der Teufel in schier unglaublich schnellen Blastbeats aus der Reserve gelockt und dabei auch das eine oder andere richtig gelungene Riff verbraten. Nur: warum sollte ich mir das noch anhören, wenn „Passion“ doch musikalisch nahezu wie eine Eins-zu-Eins-Kopie des letzten Albums daher kommt? Und der beiden Alben davor.
Man muss den Briten ja lassen, dass sie in der Tat einen sehr eigen- und auch einzigartigen Sound fabrizieren, der zu Zeiten insbesondere von „Eschaton“ und „Hell Is Empty, All The Devils Are Here“ vorzüglich funktioniert hat. Doch mit „Passion“ ist nun der Punkt erreicht, an dem die Band endgültig zur puren Kopie ihrer Selbst verkommen ist. Sicher: niemand erwartet von einer Band wie ANAAL NATHRAKH einen kompletten U-Turn in musikalischer Hinsicht, aber selbst die wenigen Momente der Experimente fallen dieses Mal weniger überraschend, als vielmehr ausgesprochen nervig aus.
Woran das liegt? Vor allem an der Produktion. Vor allem an den Vocals. Denn die sind so dermaßen laut abgemischt, dass all das sicher nicht originelle, aber zumindest abermals grundsolide Geschrote auf „Passion“ in einem einzigen Chaos aus Gebrüll und dem charakteristischen Gekreische untergeht. V.I.T.R.I.O.L. gehört mit Sicherheit nach wie vor zu den technisch versiertesten Vokalisten im extremen Metal, doch das alles hilft wenig, wenn er dies hinter einem durchgehend eingesetzten Rauscheffekt versteckt, der eben nicht mehr so psychopathisch wie noch auf den vorherigen Alben klingt, sondern vielmehr höchst Kopfschmerz-induzierend wirkt. Nahezu unmöglich, dieses Album ohne eine Familienpackung Aspirin durchzuhören. Und das kann ja nun wahrlich nicht der Weisheit letzter Schluss sein.
Ganz schlimm wird es, wenn sich mehrere Vocalspuren übereinander schichten und dabei wie im extrem anstrengenden „Tod Hütet Übel“ dafür sorgen, dass außer einem einzigen kakophonischen Chaos wenig übrig bleibt. Und das kann angesichts der sehr straight und natürlich technisch mal wieder einwandfrei eingespielten Musik nun auch nicht das Ziel gewesen sein. Dass sich selbst die abermals eingesetzten cleanen Vocals, stets ein Alleinstellungsmerkmal der Band, mittlerweile gefährlich nahe am Rande zum unhörbaren Soundmatsch befinden ist dann das i-Tüpfelchen auf „Passion“, einem Album von dem ich zwar keine großen Überraschungen, aber doch zumindest keine anhaltende Migräne erwartet hatte. Ihre besten Tage scheinen ANAAL NATHRAKH hinter sich zu haben. Die Zeit wird zeigen, ob „Passion“ der Sargnagel, oder doch nur einfach das schlechteste Album einer einstmals wirklich interessanten Band bleiben wird.
Tracklist:
1. Violenti Non Fit Iniura
2. Drug-Fucking Abomination
3. Post Traumatic Stress Euphoria
4. Le Diabolique Est L’Ami Du Simple
5. Locus Of Damnation
6. Tod Hütet Übel
7. Paragon Pariah
8. Who Thinks Of The Executioner
9. Ashes Screaming Silence
10. Portrait Of The Artist