Liebe deine Stadt. So proklamieren es die Banner in Köln. Immer wieder. Liebe deine Stadt. Leicht fällt das nicht immer. Zerstörung der eigenen Kultur. Politische Entfremdung von der Jugend. Eindampfung ganzer Viertel. Klüngel und Vermüllung. Wie soll man da seine Stadt lieben? Es ist nicht immer einfach. Hier ein Lichtblick, da ein gutes Gefühl. Das war's dann aber auch schon. ARKTIKA sind ein solcher Lichtblick. Ein Lichtblick für die Stadt und einer für die Szene. Frischer Wind. Der kritische Blick. Auf alles, was das Leben so hergibt. „Symmetry“ macht da keine Ausnahme. Und so ist es auch nicht schwer zu begreifen, dass die gespielte Musik nicht unbedingt eine Fröhliche ist. Der Hoffnungsschimmer weit entfernt, Tristesse im Vordergrund. Warum auch nicht. Es ist eben einfach nicht alles schön. Dann kann es ja wenigstens die Musik sein, die aus dem Herzen kommt und einen Hauch von Melancholie versprüht. Der rettende Anker im Sturm.
Ein solcher Sturm ist „A Praise For Ghosts“. Ungewohnt wirsch und vertrackt zeigt sich die Band währen ihres Openers. Mach's gut Postrock. Hallo Screamo. Extraklasse. Um diesen Charakter zu erreichen, trägt natürlich Marcs verzweifelte Stimme einen hohen Anteil der Schuld. Dennoch lassen sich die Postrock Elemente klarerweise auch hier nicht von der Hand weisen. Verträumte Melodien, in die Länge gezogen. Das repetierende Moment. Klagend und niederschmetternd. Mit Blitz, Donner und Wucht. Sehr schöner Einstieg. „Broken Flowers“ schlägt in eine völlig andere Richtung. Schleppend langsam, ausufernd leise. Bedrückender waren ARKTIKA nie. Sollen es im Verlauf des Albums aber noch werden. Sie haben ein Händchen für Themen, die berühren. Melodiebögen und Songstrukturen, die es schaffen, die Körperhaare zum ewigen Stehen zu verdammen. Bis es zum musikalischen Ausbruch kommt und die Stimme sich quälend verzerrt. „I ran away from a city that died“ - liebe deine Stadt.
„The Living Receiver“ verschafft eine Pause. Eine Pause von all dem Schmerz. Der Hoffnungsschimmer. Das Licht am Ende eines langen Tunnels, den es zu durchlaufen lohnt. So scheint es. „I am happy is something I haven't said in a while. Everything I lost, I found it in you“. Damit ist alles gesagt. Und ist die Hoffnung in diesem Stück noch so groß, ARKTIKA setzen an und zerlegen sie in ihre Einzelteile. Denn ab sofort geht die Stimmung bergab. Es wird gewütet, es wird aufgestampft und zugeschlagen. Aber nicht mit dem Vorschlaghammer. Den brauchen ARKTIKA nicht. Sie haben „Sermon“, das sicher mitreißendste Stück der Bandgeschichte. Da kann „A Fire To Everything“ vom Vorgänger einpacken. Was nicht negativ gemeint ist. Großartiges Stück. Nur das hier ist um Welten besser. Die Herren haben sich weiterentwickelt. Einen Quantensprung gewagt. Ohne dabei abzustürzen. Alle Traurigkeit muss irgendwann ihr Ende finden, aber nicht bevor mit „Bridgeburner“ noch einer oben drauf gesetzt wurde. War „Sermon“ absolut mitreißend, ist das hier zum Abschluss noch einmal mehr als niederschmetternd. Hier werden noch einmal alle Register gezogen, die die Band in petto hat. Von laut bis leise. Vom flüsternden Sprechen, bis leidendem Schreien. Der Text erzwingt das. Die Musik untermalt ihn perfekt. Hier stimmt alles.
Mit „Symmetry“ steigern sich ARKTIKA ein weiteres Mal. Es scheint ein stetiger Prozess zu sein, der unaufhaltsam immer weiter stattfindet. Hier sind Musiker am Werk, die wissen, was sie machen und vor allem was sie wollen bzw. definitiv nicht wollen. ARKTIKA sind der Grund, seine Stadt zu lieben. Für einen kurzen Moment des Lichts, wenn es auch angesichts der verbreiteten Stimmung ein sehr trübes ist. Es passt einfach. Zu der Stadt. Zum Leben. Ein Soundtrack des persönlichen Untergangs, dem vielleicht irgendwann wieder ein Aufstehen folgt. Ein Aufstehen, nur um wieder abzustürzen. Der Lauf der Dinge.
„We are tattered and torn and nothing will remain. We are broken and torn and everything stays the same.“
Tracklist:
01. A Praise For Ghosts
02.Broken Flowers
03. The Livng Reciever
04. Sermon
05. Bridgeburner