Minderjährige hacken sich in die Server von Plattenfirmen. „The pentagon was hacked by a fourteen year old kid“ (“Codebreaker“). Deutschland bemüht sich um eine Abwehr gegen Cyberkriminalität. “Government control, too much government control“ (“Activate”)
Wir sind schon lange im virtuellen Zeitalter angekommen, so wie es sich kaum jemand vor noch fünfzehn Jahren vorstellen konnte. Der Prozess vollzog sich schleichend und nun mittendrin sind Atari Teenage Riot zurück. Die um Alec Empire gescharrten waren vor einigen Jahren und eigentlich auch heute die Einzigen die konsequent Techno und Punk vereinten. Kein House, Downtempo, Chillwave oder Dubstep schallt hier aus den Boxen. Harte, kantige, knarzige, schnelle Beats knallen auf die Ohren. Melodien sind weitestgehend unnötig, solange es lautes Rauschen und verzerrte Gitarren gibt, die wohl als einzige analogen Instrumente auf dieser Platte ihren Platz gefunden haben.
Begleitet wird dieser musikalische Frontalangriff von druckvoll skandierten politischen Parolen. Nic Endo, die auch schon The Dillinger Escape Plan einen Remix verpasst hat, klingt bei ihren aggressiveren Parts dann schon mal wie Karen O zu ihren besten Zeiten. Diesen Charme lässt Alec Empire und vor allem der unnötige MC CX Kidtronik vermissen.
Inhaltlich geht es, wie bereits vor über einem Jahrzehnt, um Aufrufe zur Revolution, Anarchie und ähnlichen linkspolitischen Parolen, nur dass sich das heute vor allem auf das Internet, die Überwachung und das Vernetzsein bezieht – CCTV is watching you.
Ein Problem an der ganzen Sache ist nur, dass das alles genau so unkonkret und phrasenhaft klingt, wie jede zweite Ansprache eines Kommunalpolitikers auf dem nächstbestem Volksfest. So abwechslungsarm wie die Parolen ist dann größtenteils auch die Musik. Kein Spannungsbogen, alles direkt voranpreschend, so dass den Technopunksongs schnell die Luft ausgeht. So machen „Blood In My Eyes“ oder das kompromisslose „Codebreaker“ noch ordentlich Lust mit einem Pflasterstein und schwarzen Klamotten durch die eigene Wohnung zu wüten, jedoch ist danach nicht mehr viel los mit Revolution.
Eine große Ausnahme ist der Titelsong, der sich zunächst zurücknimmt und mit tiefen paukenartigen Trommeln und verstörenden Elektronika versteht Atmosphäre zu schaffen. Etwas Abwechslung schafft auch noch das ziemlich poppige „Collapse Of History“ inklusive Chor, mechanisch-maschinellem Beat und der ältesten und schönsten künstlichen Roboterstimme im Ausklang. Kurzweiliger, großer Spass ist das natürlich alles, hätte auf EP-Länge jedoch sicherlich wesentlich besser funktioniert. Eine Nostalgiepunkt gibt es noch oben drauf.
Tracklist:
1. Activate
2. Blood In My Eyes
3. Black Flags
4. Is This Hyperreal?
5. Codebreaker
6. Shadow Identity
7. Rearrange Your Synapses
8. Digital Decay
9. The Only Slight Glimmer Of Hope
10. Collapse Of History