Nachdem ich ihr letztes Album ‘A Death-Grip On Yesterday’ gruselig fand, da gerade zu unheimlich eintönig, war ich etwas gespannt auf die neue CD. Würde sie in die ‚rauhe’ Gangart der Anfangstage zurückgehen, wie man sie auf den ersten beiden EPs oder dem Debutalbum ‚Suicides Notes And Butterfly Kisses’ forciert hatte? Oder zurück zu der grandiosen Gradwanderung zwischen Pop und Metal, die unter dem Namen ‚The Curse’ firmiert?
" Doomsday" ist DER perfekte Opener für eine Band, wie ATREYU. Er lässt hoffen, dass sich hier ein Song darbeitet der die Qualitäten von ‚The Curse’ locker wieder aufnimmt. Etwas befremdend die Tatsache, dass Alex´ Schreigesang recht nuanciert eingesetzt wurde und er sich eher an halbmelodiösen Shouts probierte, die zumindest auf der Platte gut klingt (oder es ist Basser Marc; das konnte ich leider noch nicht ausmachen).
"Honor" ist dann eine weitere eingängige Radiohitsingle mit Jingle-Effekt – ‚Fight, fight till the break up dawn!’, die allerdings im Mittelteil einen etwas düsteren Touch bekommt und etwas hinter dem Funken versprühenden Vorgänger zurückbleibt.
"Falling Down" hat mich dann wahrlich aus dem Stuhl gehauen. Hier gehen sie so unverschämt chartstauglich zu Werke, dass es mir die Sprache verschlug. Á la MY CHEMICAL ROMANCE, (für einen Amerikaner wohl wenig, bis gar nicht bedeutsamer Vergleich) BEATSTEAKS oder FALL OUT BOY. Ein geniales Solo und eingesetzte Bläser wechseln für großes Hörvergnügen und Drummer Brandon schwingt sich in (für mich) ungeahnte Höhen hinauf.
"Becoming The Bull" ist ihre erste Singleauskopplung und auch auf LieSpace zu hören. Diesmal ein eher mäßiger äußerst melodischer Hook und bis auf den Teil im letzten Drittel des Songs, in dem alle drei Sänger auf den Plan treten, etwas öde. Das Arrangement kann mich an dieser Stelle nicht überzeugen, zumal sich das Grundriff mich irgendwie an die Trickfilmtype ‚Inspector Gadget’ erinnert, warum auch immer.
"Two Become One" ist ein Song bei dem ich unwillkürlich lachen musste. Der Anfang klingt als wolle man den traditionellen Metal auf die Schippe nehmen, aber das denke ich ehrlich gesagt nicht. Zweistimmige Hook, etwas lächerliches Gitarrenzwischenspiel und dann wieder diese Anfangslinie. Ein Genuss, auch wenn er irgendwo im Mittelteil anfängt abzuflauen und mich nicht mehr wirklich bei der Stange halten kann.
"Lose It" erinnerte mich zu Anfang an BON JOVIs ‚Dead Or Alive’. Ein recht typischer Song für den Emo/Screamo Bereich und hätte auch von STORY OF THE YEAR sein können. Nicht schlecht, aber auch nichts überragendes, wenn man mal von der ‚Bombombom’ Linie des Gesangs und dem spärlichen Einsatz von Streichern am Ende absieht.
"No One Cares" ist ein Song, bei dem man das Gefühl hat, dass er sich derart nahtlos in das Albumkonzept führt, dass man ihn ein paar Stücke vorher schon gehört hat. Der Piano unterstützte Song kann nicht in dem Maße wie seine Vorgänger überzeugen.
"Can´t Happen Here" hat den Beigeschmack eines Anit-Kriegliedes. Eine Marschsnare gibt den Auftakt zu einem der härtesten Stücke auf „Lead Sails Paper Anchor“.
"Slow Burn" beginnt mit einem entrückten Part aus Keyboard und versetztem Schlagzeug und reiht sich dann wieder in die Linie von GOOD CHARLOTTE, BILLY TALENT und FALL OUT BOY ein absoluter Genussong für jeden MTV-Rocker mit schwarz-roten Stulpen an den Unterarmen und kuppenlosen Handschuhen.
"Blow" erinnert an Bands, wie TURBONEGRO oder BACKYARD BABIES – dreckiger Rotz-Rock´n´Roll, der mit kratzigem Gesang und Kuhglocke beginnt und in achtziger Jahre Manier begeistert. Für mich mein Lieblingsstück auf ATREYUs neuem Album. ‚So fucking blow those words out the back of your head, I've heard it all and I'm done with that shit, You tell me lies and you get what you get so blow those fuckin' words out the back of your head.’ – herrlich, wieviel Wahres in dieser Aussage steckt.
Kommen wir zum letzten Song: Der Titelsong zum Album erinnert an die Gesangsarrangements der BEATLES und die Steelgitarren an einen typischen Countrysong. Die Gitarren treten hier in den Hintergrund, um die Gesangsarbeit, die mehrere Tonspuren umfasst nicht zu behindern. Grandios, wenn auch etwas…reibungslos.
Das neue Album wandert irgendwo zwischen 7 und 8 Skulls hin und her. Es fehlt mir der letzte Kick, das gewisse Etwas. Aber die poppige Note steht ATREYU gut zu Gesicht und wenn „Lead Sails Paper Anchor“ auch kein ‚beinhartes Album’ geworden ist, denke ich, dass es bei ATREYU mehr oder minder seit ‚The Curse’ auf der Hand lag, dass sie immer melodiöser werden und sie schaffen es dennoch druckvolle Songs zu schreiben. Allerdings sind jene (trotz aller Stadion-Radio-Singalong-Ohrwurm-Refrains) auch etwas konvergent gestaffelt und so wirkt das Album im Ganzen etwas arg kongruent.
Tracklist:
1. Doomsdays
2. Honor
3. Falling Down
4. Becoming The Bull
5. Two Become One
6. Lose It
7. No One Cares
8. Can´t Happen Here
9. Slow Burn
10. Blow
11. Lead Sails (And A Paper Anchor)