Verständlich, wer mit ATTACK IN BLACK nach „Marriage“ nichts mehr anfangen konnte. Aber irgendwie auch bedauerlich. Nicht für ATTACK IN BLACK, vielmehr für den Hörer. Wer sich in das musikalische Kleinod dieser Band nicht einarbeitet, keinen Zugang findet und die Harmonie aus Schläfrigkeit und gezügelter Euphorie schlichtweg nicht versteht, der wird wohl bei den WEAKERTHANS bleiben müssen. Die Landsmänner von ATTACK IN BLACK jedenfalls können mehr.
Zugegeben: Auch der Verfasser dieser Zeilen hatte Probleme mit „Years“. Als die Platte zur US-Veröffentlichung (wir wollen uns hier nicht mit dieser kruden Veröffentlichungspolitik beschäftigen) bei mir eintraf war ich geschockt. „Marriage“ war so schön euphorisch, eine der besten Platten auf diesem Feld und vielleicht sogar insgesamt, „The Curve Of The Earth“ war der extrem ruhige Gegenpol, das All-Time-Favorite des Verfassers. Und dann „Years“. Das Teil irgendwo dazwischen mit dem Hang zur BEATLES-Essenz, die man bei ATTACK IN BLACK schon immer hörte. Aber irgendwie gab es keinen Zugang. Er blieb verwehrt. Was tun? Die Platte lag ca. ein halbes Jahr auf Seite, verstaubte und eines regnerischen Tages musste sie erneut her. Und dann passte es. „Years“ und ich, wir wurden Freunde. Den musikalischen Diskurs, den ATTACK IN BLACK auf „Years“ eingehen, er wird andauern, die Hörer werden sich ein weiteres Mal spalten. Glück für jene, die hier ihre Perfektion finden. Songs – Nein! – Lieder, die so unvergesslich schön wie „Leather Jacket“ oder das nachfolgende „Messenger Bird“ sind, die können nicht einfach als „langweilig“ abgestempelt werden. Die benötigen Zeit, die wollen gehört und erkundet werden. Da möchte jeder Ton, jedes Instrument, jede Gesangsspur auf ihre eigene Art und Weise erobert werden. Auch textlich bewegen sich ATTACK IN BLACK wieder auf dieser unbekümmerten Schiene, die stets die Hoffnung aufgreift, immer das Verderben kennt, aber nie plakativ nach vorn schaut. Dabei sind es immer die Songs, in denen fabelhaft traurige Geständnisse gemacht werden („I Could Turn“) oder die, die von jenem textlichen Scharfsinn zwischen Egal und Erinnerung taumeln („Blood (In The Tracks)“), die am meisten verzücken. Auch außergewöhnlich wird es. Zumindest im Anfangsgerüst verzückt „Slender Loris“ mit diesem herrlich verzückendem Piano-Geklimper, dass man sich ernsthaft überlegen muss, in welcher uralten Dylan-Aufnahme man sich befindet. Für all jene, die der Euphorie von „Marriage“ nachtrauern haben ATTACK IN BLACK aber vielleicht DEN Schlüsselsong überhaupt aufgenommen. Gewürzt mit dieser unverwechselbaren Folk-Note kommt das großartige „I’m A Rock“ mit soviel Frohsinn, Euphorie und Freude daher, dass hiermit endlich der Zugang gelangen könnte, für all jene, die in perfektionistischen Songs wie „Birmingham“ nicht ihr persönliches Meisterwerk finden.
ATTACK IN BLACK bleiben mit „Years“ jedenfalls weiterhin Eigen und pfeifen auf die Meinung anderer, was die Anhänger dieser Band nur weiterhin auf Spannung hält: Denn es wird spannend bleiben. Großartig.
1. Years (By one thousand fingertips)
2. Leaving your death in a flowerbed
3. Birmingham
4. The greater Niagara circle route
5. Liberties
6. I could turn
7. Beasts
8. Leather jacket
9. Messenger bird
10. Seeds
11. Slender loris
12. I'm a rock
13. Blood (In the tracks)
14. Moon of day
15. Browness of her curls
16. The surface I would travel