Das „Ich“ darf im (Musik-)Journalismus nicht fallen. Das wäre ja nicht objektiv und überhaupt total unschön. Doch so wie Kollege Schuh für seine HOT-WATER-MUSIC-Verbeugung keinen anderen Weg sah als dieses hole Konvention mit Füßen zu treten, so geht es bei mir und AUTUMN auch nicht anders. Warum? Weil „Cold Comfort“ zu den Platten gehört, die ich in der Redaktion eigentlich schnellstmöglich abtreten würde. Weil ich mit solcher Musik eigentlich so gar nichts am Hut habe, geschweige denn haben will. „Symphonischer Metal“ (wie man es als Bezeichnung hier und da liest), super poppig, dazu noch female fronted? Keine Chance bei mir. Eigentlich. Und deswegen ist das „Ich“ in dieser Rezension unerlässlich, denn: „Cold Comfort“ gefällt mir.
Das mag unter anderem daran liegen, dass es AUTUMN verstehen, Pathos und Stimmung sehr subtil freizusetzen, es nie mit dem bei mir immer sehr gefährlichen Kitsch zu übertreiben. Viel eher besticht das Album durch eine Bands wie KATATONIA sehr ähnlichen, leicht melancholischen Atmosphäre. Die Herangehensweise der KATATONIA ist AUTUMN dabei im Übrigen verdächtig ähnlich, klingt im Resultat aber dann doch völlig anders – auch wenn das sicherlich hauptsächlich der in der Bandgeschichte mittlerweile dritten Sängerin Marjan Welman geschuldet ist, dessen wunderschöne und sich wie die Instrumentale sehr subtil (und doch emotional) verhaltene Stimme ebenfalls als große Stärke des Albums notiert werden darf. Jedenfalls: Wie auch bei KATATONIA steht stets der klassische, eingängige Refrain im Vordergrund, wie auch bei KATATONIA treffen ruhigere, von einem kühlen Schleier umfangende Momente auf lautere, düstere Akkorde. Vielleicht ist mein Gefallen an der Band ja bei diesen Parallelen zu ergründen. Ist aber auch egal, wenn die erfrischende Art dieses Albums doch auf so einfache Weise so gut gefällt.
Dazu muss man sagen, dass ich und AUTUMN keine Vergangenheit haben, „Cold Comfort“ ist mein erster Berührungspunkt mit der Band. Warum ich das auch erwähnen muss? Weil auch das vielleicht Menschen, die solchen Alben wie ich normalerweise von Vornhinein keine Chance geben ermutigen könnte doch mal reinzuhören. Mag sein dass alles davor besser oder schlechter war (das entscheiden die etwas älteren Fans), doch „Cold Comfort“ ist unabhängig von all dem ein völlig für sich stehendes, (für mich) überraschend stimmiges und (Phrasenschwein, here you go) unter die Haut gehendes Album.
Tracklist:
1. The Scarecrow
2. Cold Comfort
3. Black Stars In A Blue Sky
4. Retrospect
5. Alloy
6. End Of Sorrow
7. Naeon
8. Truth Be Told (Exhale)
9. The Venamoured