Mit ihrem Debüt "Litourgiya" kamen die Polen BATUSHKA 2015 quasi aus dem Nichts und begeisterten die Metal-Gemeinde mit einer originellen Mischung aus atmosphärisch angelegtem Black Metal und orthodoxen Kirchengesängen, die dem Ganzen eine sehr erhabene und gleichzeitig majestätische Stimmung verliehen. Abgerundet wurde das Konzept durch das anonyme Auftreten der Musiker in finsteren Mönchskutten und den mystischen Ritualcharakter ihrer Liveshows. Nach der öffentlich ausgetragenen Schlammschlacht zwischen Gitarrist/Bassist und Bandgründer Krzysztof Drabikowski und Sänger Bartłomiej Krysiuk war es dann Ende 2018 schlagartig vorbei mit der Mystik und die Band trennte sich mit einem Medienecho, das angesichts der gegenständlichen Musikrichtung schon etwas absurd wirkte. Im Ergebnis stehen wir nun ob des noch immer laufenden Rechtsstreits mit zwei BATUSHKAS da.
Drabikowski hat seine Version der Fortsetzung von "Litourgiya" bereits im Mai via Bandcamp veröffentlicht und der Fairness halber soll auch dazu noch eine Rezension folgen. Krysiuk dagegen konnte sich den Vertrag mit Metal Blade sichern, mit ein paar Videoauskopplungen die Neugier wecken und nun legt er mit "Hospodi" nach. Konzeptionell befasst sich Krysiuk mit der orthodoxen Totenmesse und den dazugehörigen Ritualen, entprechend andächtig wird das Album dann auch mit Glockengeläute und einer Art Gebet eröffnet.
Beim ersten Blick auf die Trackliste fällt gleich ein Unterschied zum Debüt und Drabikowskis Album auf. Sind die Songs auf "Litourgiya" und "Panihida" lediglich durchnummeriert, haben die Stücke auf "Hospodi" eigene Titel, was sich auch mit dem ersten Eindruck der dargebotenen Musik deckt. Wo "Litourgiya" besonders als zusammenhängendes Gesamtwerk seine volle Wirkung entfaltet hat, wirkt die Herangehensweise auf der vorliegenen Scheibe etwas songorientierter. "Dziewiatyj Czas" präsentiert sich als überraschend treibener Opener, der bei Gitarrenarbeit und Rhythmik schon fast post-schwarzmetallisch wirkt, die üblichen BATUSHKA-Trademarks aber dabei nicht vernachlässigt. "Wieczernia" erinnert mit seinen sich auftürmenden Riff-Wänden, rasendem Tremolo und erhabenen Möchsgesängen schon eher an das Material von "Litourgiya", zumindest bis ein fetziges Black 'n' Roll-Riff der Marke SATYRICON oder VREID mitten in die Messe grätscht und die andächtige Atmosphäre für einen kurzen Moment mit gerecktem Mittelfinger unterbricht. Cool!
"Powieczerje" und "Polunosznica" machen weitestgehend erfolgreich Gebrauch von den üblicherweise mit der Band verbundenen Trademarks und dürften Freunde des Debüts problemlos zufriedenstellen. Das nachfolgende "Utrenia" kann mit einem saftigen Groove-Part sogar nochmal ein richtig fettes Ausrufezeichen setzen. Und hätten Kryiuks BATUSHKA hier aufgehört, dann wäre auch alles in Ordnung gewesen. "Hospodi" wäre ein zwar etwas kurzes aber durchaus gelungenes Album geworden, welches zwar den homogenen Ritualcharakter des Debüts vermissen lässt, den bekannten Stil aber um ein paar coole Nuancen erweitert hat.
Leider mussten Krysiuk und seine Betbrüder aber nach "Utrenia" noch vier Nummern dranhängen. Ob ihnen hier urplötzlich sämtliche Ideen ausgegangen sind, der Zugzwang der Veröffentlichung eingesetzt hat oder ob sie schlichtweg keinen Bock mehr hatten bleibt unklar. Was folgt wirkt jedenfalls dermaßen belanglos, dass recht schnell Erinnerungen an die sonntäglichen Kirchenbesuche der Kindheit wach werden. Spätestens nach der Hälfte kehrt gähnende Langeweile ein und man möchte am liebsten einfach aufstehen und gehen. Dummerweise blubbert der Priester unermüdlich weiter und fromme Senioren in Sonntagskleidung werfen einem abschätzende Blicke zu.
Auf "Hospodi" wird jedenfalls in der zweiten Hälfte fast durchgehend ziemlich gelangweilt runtergezockter, meist schleppender Black Metal geboten, der lieblos mit den obligatorischen Sakralgesängen zugekleistert wird, dabei aber jedes Gefühl von Erhabenheit vermissen lässt. Die doomige, frech "Liturgiya" betitelte Schlusspredigt stellt zwar nochmal eine Art letztes Aufbäumen dar, bis hierhin haben aber vermutlich nur die frommsten Kirchgänger durchgehalten ohne schnarchend von der Bank zu rutschen.
Und so ist "Hospodi" leider ein sehr zweischneidiges Schwert, unabhängig davon auf welcher Seite man im Streit zwischen den ehemaligen Bandgenossen steht oder ob einem dieser gar vollkommen egal ist. Drabikowskis "Panihida" hat zwar auch seine ganz eigenen Problemchen, bietet aber wenigstens Konsistenz. Krysiuk hingegen steigt zwar ziemlich stark ein und hat einige gute Ideen, setzt in der zweiten Hälfte seines Albums dann allerdings zur gestreckten Bauchlandung an. Das zieht den Gesamteindruck natürlich ziemlich runter. "Hospodi" ist deshalb zwar kein schlechtes Album, verschenkt aber viel Potenzial und kann bei weitem nicht mit "Litourgiya" mithalten.
Wer also mit einem Black-Metal-Highlight gerechnet hat, der wird leider entäuscht sein. Genre-Ausrufezeichen setzen in den letzten Monaten andere Bands, z. B. die alten Recken von KAMPFAR mit dem überraschend starken "Ofidians Manifest", die Irren von BETHLEHEM mit ihrem kranken Nihilismustrip "Lebe Dich Leer" oder die kanadischen Kriegsberichterstatter PANZERFAUST mit "The Suns Of Perdition – Chapter I: War, Horrid War".