Die besten Ideen kommen Gaesten oder Gastgebern von WG's-Parties grundsaetlich in der Kueche. Selten sind diese wirklich gute Ideen, wenn sie auch am naechsten Morgen noch relevant erscheinen. Am Beispiel von "Sweet Harm" gemessen konnten ganze fuenf lohnenswert Jahre in ein durchaus fruchtbares Vorhaben investiert werden.
BERLIN SYNDROME stammen aus Magdeburg und Berlin, eigentlich aber auch zu einem nicht unerheblichen Teil aus Manchester. Beinahe wie die Triste eines regnerischen Tages in der Blue-Collar-Stadt klingen einige der Stuecke auf dem Debutalbum der Indierockband. Die Gitarren kreisen unter Twang und Hall, wenn das Anfangsriff zu "Morning Doris" erklingt. Schnell wird klar, wer das Quintett und seinen Sound inspiriert hat. Duester aber melodisch geht es bei "City Lovers" zu. Hier ein Verweis an INTERPOL, dazu eine oft basslastige Stimme, die an THE NATIONAL erinnert. BERLIN SYNDROME allerdings fahren mit ihren Songs eine stets neblige, geheimnisvolle und eher wavige Strasse herunter, an der es kaum Laternen zu geben scheint. "Voices" schwebt so zu Anfang direkt auf die spaetabendliche Festivalbuehne und wirkt praesent aber nuechtern. Leider aber schaffen Frontmann Graeme Salt und seine Band es nicht, diese Spannung beizubehalten. "Lords" verlaeuft sich trotz markanter Vocals und auch der Titelsong kann letztlich nicht viel mehr als stets die selbe Stimmstruktur und zu monotone Gitarrenarbeit fuer sich beanspruchen.
Dabei ist "Sweet Harm" aufmerksam produziert und enthaelt liebevolle Details. Statt diese auszuarbeiten und die Summe anschliessend zu ihrer melancholischen Geheimwaffe heranreifen zu lassen, bespielen BERLIN SYNDROME lieber die Buehnen der Republik. Verzaubern koennen die baertigen Musiker mit Songs wie "Lemonade" oder dem eleganten "Hips" live sicherlich alle Male, fuer den Genuss zu Hause darf es aber gern eine Spur mehr Finesse und Vielschichtigkeit sein.