Wo heutzutage fast jede Band das Label "progressiv" aufgedrückt bekommt, sobald sie ein paar polyrhythmische Riffs und ein wenig Djent-Gegniedel in ihren Sound einbaut, sind BETWEEN THE BURIED AND ME eine der wenigen Formationen, auf die diese Bezeichnung auch tatsächlich zutrifft. Seit jeher strotzen die Amerikaner nur so vor Ideenreichtum und entlocken ihrer Musik, die man grob als modernen Metal(core) + X bezeichnen kann, stets neue Facetten. Der Bandsound scheint sich trotz gewisser Kernmerkmale in einem stetigen Prozess der Weiterentwicklung zu befinden, ständig passiert etwas und Stillstand kennen die Jungs aus North Carolina auch auf ihrem bereits achten Album " Automata I" nicht.
Mit etwas über 35 Minuten Spielzeit wirkt die neue Scheibe vielleicht auf den ersten Blick etwas kurz für ein Progressive Metal Album, in diesem knapp bemessenen Zeitraum bringen BETWEEN THE BURIED AND ME allerdings mehr Ideen unter als so manch andere Band in der doppelten Spielzeit. Zudem suggeriert der Titel "Automata I" ja bereits eine Fortsetzung und tatsächlich ist das Teil auch als zweiteiliges Konzeptalbum angelegt. Die Verabreichung in Einzeldosen macht dabei insofern Sinn, da sich Teil 1 schon anfühlt wie eine prall gefüllte Wundertüte unbändiger Kreativität und den Hörer in doppelter Länge womöglich doch erschlagen könnte. In der vorliegenden Form ist die Wirkung schlichtweg gezielter.
Inhaltlich liefern BETWEEN THE BURIED AND ME eine dezent an "The Truman Show" erinnernde Dystopie; knapp zusammengefasst folgt "Automata" einem Protagonisten, dessen Träume von einem Medienkonzern als Entertainment ausgestrahlt werden. Der Protagonist weiß davon nichts und hät seine Träume für real. Passend zu diesem düsteren Zukunftsszenario eröffnet "Condemned To The Gallows" das Album entsprechend schwermütig, baut sich mit sphärischen Keyboards und frickeligen Gitarren langsam auf, verfällt zur Mitte hin in todesbleierne Raserei und klingt zum Ende hin fast schon hoffnungsvoll melodisch aus. "House Organ" verwandelt sich in nur 3:40 Minuten fließend von einem Industrial-lastigen Stampfer in eine Pianoballade, klingt mit hypnotischem Alternative Rock aus und zeigt, dass ein abwechslungsreicher Song nicht zwingend eine lange Spielzeit voraussetzt.
"Yellow Eyes" kommt einem Roundhouse Kick gleich, der in seinen knapp neun Minuten Ansätze von Death Metal, chaotische Mathcore-Ausbrüche, elektronische Ambient Klänge und erneut kühl stampfenden Industrial tangiert. Danach plätschert das weitestgehend von Klargesang begleitete "Millions" nahezu entspannt, nicht jedoch langweilig dahin, bevor nach dem kurzen Interlude "Gold Distance" mit "Blot" das furiose Finale der ersten Hälfte von "Automata" folgt. Hier ziehen BETWEEN THE BURIED AND ME noch mal alle Register und lassen über wahnwitzige Gitarrenläufe, intensiven Klargesang, Ruhephasen mit gefühlvollem Keyboardeinsatz, gefolgt von hartem Riffstakkato und garstigen Shouts einen Spannungsbogen entstehen, der perfekt zur düsteren Erzählung des übergreifenden Konzeptes passt.
"Automata I" ist ein Album geworden, zu dem man trotz seiner Komplexität problemlos Zugang finden kann. Die dargebotene Musik ist vielschichtig, aber nicht übermäßig verkopft oder gar sperrig; die Atmosphäre düster, aber nicht ohne einen Schimmer von Hoffnung. BETWEEN THE BURIED AND ME spielen damit weiterhin in ihrer ganz eigenen kleinen Liga, in der vor ihrer Auflösung höchstens noch THE DILLINGER ESCAPE den Platz mit ihnen geteilt haben. Nun darf man gespannt sein, ob "Automata II" die Qualität des ersten Teils wird halten können.