Mit der Berechenbarkeit ihrer Musik hatten BRUTAL YOUTH noch nie ein Problem. "Sanguine" zeigt die positive Entwicklung der Hardcoreband und ist dabei weder Ausnahme noch Offenbarung.
Die Kanadier stellen gerne Beine und Stolperfallen mit Hilfe von Knueppelbeat und Distortionpedal. Ihr angepisster Hardcorepunk missfällt Schwiegermutter ganz bestimmt auch weiterhin. "Denial" oder "Hostile Work Environment" sind wie unvorhersehbare Sommergewitter: Kompromisslos und von null auf hundert, dann eben so fix verschwunden wie aufgetaucht. Gesanglich geht der (urspruenglich bereits im September 2016 erschienende) Nachfolger zu "Bottoming Out" mehr in Richtung PEARS als in Richtung KID DYNAMITE - Wut und duester schnaubende Vocals gewinnen größtenteils gegen Melodie und Harmonien. Dennoch sorgt "The King" für ein angenehmes, fast kalifornisch anmutendes Pendant. Der Kopf wippt mit, statt chaotisch und losgelöst umherzubangen. Die Hookline mach ihrem Namen alle Ehre. "Anger" wirkt anschließend dank Thrash-Riffs, Bassgewitter und gespenstischer Introsirene wie eine schizophrene Schürfwunde und spielt die Qualitäten der Band aus Toronto wunderbar gegeneinander aus. Mit vierzehn Songs in nur dreiundzwanzig Minuten macht "Sanguine" nur kurzweilig, von daher am besten direkt 2-3 mal am Stück hintereinander weg Spaß.
Der Titelsong und "Depression" sind ein genauso empfehlenswertes Doppelpack, hier zeigen BRUTAL YOUTH auf, was sie an Sachen Songwriting und Instrumentierung mittlerweile zu bieten haben. Vorbei am stumpfen Dampfhammerpunk schlaegt die Rhythmusfraktion clevere Haken, die Vocals wackeln erhaeblich weniger als zu den Anfaengen anno 2012. Minuspunkte heimst "Sanguine" in keinster Weise ein - als einziges Manko duerften Engstirnige die "Aufgeraeumtheit" aka Reife der Songs nennen. Die Post-SHOOK ONES - Version von BRUTAL YOUTH allerdings ist ganz sicher alles andere als leicht verdaulich.