BRING ME THE HORIZON haben in ihrer jungen Karriere vor allem eines getan: Ihr Publikum bedient! Sie werfen ihrer hungrigen Meute die Brocken zum Fraß vor und diese werden dankend aufgesogen. Natürlich polarisiert ein solches Verhalten und ruft Neider und Disser aus ihren Kellerlöchern hervor. Das trägt aber nur zum zur Zeit gelebten Hype um diese Band bei und verschafft ihr noch mehr Bekanntheit. Aber seien wir mal ehrlich: Was wäre der Musikzirkus ohne solche Bands? Was wäre, wenn es nichts zu lästern oder stänkern geben würde? Wenn alle Bands so glattpoliert wie Meister Proppers Glatze wären? Aber dennoch muss sich auch eine gehypte Band mit ihrer Musik behaupten, ein schlechtes Album und der Ruf ist ruiniert.
Mit "Suicide Season" steht nun der Nachfolger des fetten Debüts "Count Your Blessings" zum Kritisieren an und BRING ME HORIZON können nur bedingt blenden. Zunächst versuchen sie dies durch das Cover. Ein liebliches Maid hält kunstblutgetränkte Grillpimmelchen in den Händen. Wen soll das denn noch schocken? Dann sind da noch Songtitel, die natürlich abgefahren klingen müssen, dies aber nur bedingt, aber eigentlich gar nicht tun. Weitere Scherze sind dann der Hinweis im Booklet, das der Text zu "It Was Written In Blood" vom russischen Poeten Sergei Esenin stammt, der diese Zeilen mit seinem eigenen Blut schrieb. Cooler wäre nur gewesen, die Texte im Booklet mit dem eigenen Blut der Bandmitglieder zu schreiben, aber das gab es in der Geschichte des Metal auch schon. Zumal bei der Statur der Knaben wahrscheinlich auch der Blutverlust zum Tod führen würde. Letztendlich müssen sich die Bengelchen aber an ihrem neuen Songs messen lassen, und die sind ohne wenn und aber großes Tennis.
"Suicide Season" wirkt im Vergleich zum Vorgänger viel gereifter, ausgewogener, homogener, ist besser produziert und somit einfach deutlich besser geworden. Das Album tritt den Beweis an, das ein ausgereifteres Songwriting nicht immer mit Qualitäts- oder Härteverlust einhergehen muss. Verschwunden sind fast die Growls von Mr. Sykes, dafür aber konzentriert sich der Penetrator auf seine Shoutstimme, die auf Albumlänge wie ein sich langsam in das Rückenmark bohrendes Jadgmesser entfaltet. Wenn er mal nicht wie ein abgestochenes Schwein klingt. Melodischer sind sie geworden, das war vorherzusehen, aber ihr Verständnis dafür ist nicht gleichzusetzen mit Kajal und Schminke, sondern mit Feuer und Schwefel, nicht Melodien für Millionen, sondern für Marode. Auch driften die Vorzeigefrisuren fast schon in Post-Hardcore-Sphären ab und erinnern an dieses Genre prägende Bands. Die Breakdowns und Moshparts sind nach wie vor präsent, klar, aber nicht mehr omni, sondern präzise eingesetzt entfachen sie einen unglaublichen Groove, eine bestialische Dynamik. Die Samples bauen eine bedrohliche Spannung auf, die immer wieder durch atemberaubende musikalische Akrobatik entladen wird. "Suicide Season" ist aggressiv, bis auf das Äußerste bissig und ungemein anpissend. Allerdings nicht in einer stumpfen Form (so wie teilweise noch beim Vorgänger), sondern auf einem beeindruckend elegantem Niveau. "Suicide Season" ist zusammengefasst atemberaubend und unglaublich, durchweg clever arrangiert und somit ein Album, das gehört werden muss. Vielleicht können BRING ME THE HORIZON Vorwürfe oder Beileidsbekundungen wegen diverser Vorgehensweisen, Outfits oder anderer belangloser Sachen gemacht werden, musikalisch muss ihnen ein solches Album erst einmal nachgemacht werden. In diesem Sinne:
"AND AFTER EVERYTHING YOU PUT ME THROUGH, I SHOULD OF FUCKING PISSED ON YOU."
Tracklist:
1. The Comedown
2. Chelsea Smile
3. It Was Written In Blood
4. Death Breath
5. Football Season Is Over
6. The Sadness Will Never End
7. Sleep With One Eye Open
8. Diamonds Arent Forever
9. No Need for Introductions, Ive Read About Girls Like You on the Back of Toilet Doors
10. Suicide Season