Kann es eigentlich sein, dass es bei der Frage, welche Musik man macht, es nicht auf die Musik ankommt, sondern darauf, wie man aussieht?
Wuppertal!
Stadt in NRW mit hoher Arbeitslosigkeit, schlechter Infrastruktur und der Schwebebahn, aus der mal ein Elefant in die Wupper gefallen ist. Eingebettet liegt die Heimatstadt von BASF und Vorwerk zwischen permanent überfüllten Autobahnen, Wuppertal ist lang gezogen, dabei schmal und besteht aus diversen Einzelstädten. Gehst du durch Wuppertal, dann fällt auf, dass nichts auffällt. Letztlich liegt der Reiz dieser Stadt im Geizen von funkelnder Pracht, mitunter mutet es ein wenig wie auf einem orientalischem Basar, jede Ecke, andere Sprache. Aber wenn die Sonne scheint und sich ihre warmen Strahlen über die am Hang gebauten, alten Häuser legt, wenn du aus Richtung Elberfeld zur A1 fährst und rechts schaust, kannst du den Vibe dieser oft als trostlos bezeichneten Stadt spüren. Auffällig auch, dass sich Wuppertal oft auf das Wesentliche reduziert und auch das Stadtbild von Meter zu Meter ändern kann. Fast etwas abgehackt erscheinen die Bilder der Straßen, wenn funkelnde Altbauten neben abgewrackten Ruinen stehen, wenn diverse Tante Emma Läden, Trinkhallen und China-Buden neben groß angelegten, sehr teuren Bank-Projektbauten bestehen müssen. Der Ruf von Wuppertal ist fast ausnahmslos schlecht, was bitteschön soll auch an dieser Stadt wohnenswert sein? BUT WE TRY IT transportieren genau dieses Stadtbild in ihre Musik, „Dead Lights“ könnte beispielsweise inspiriert sein vom Groove des Robert-Daum-Platzes und von den Möglichkeiten der Friedrich-Ebert-Straße. Vor allem ließ sich das Quintett vom abgehackten Straßenbild beeinflussen, auf und nieder, immer wieder. Für die Produktion ihres Stadtsoundtrack-Debüts bedienten sie sich keines Geringeren als Waldemar Sorychta (ENEMY OF THE SUN, GRIP INC.), der allerdings zimmerte keinen nach Metropole glänzenden Großstadtsound, sondern garnierte einen zurück genommenen, auf das Wesentliche geschliffenen Bangerfriedhof. Auch schimmert immer wieder das Stop and Go der Rush Hour inkl. des angespannten Nervenkostüms durch, das sich dann zu Hause in Wutausbrüche und Schlagen der Ehefrau/Kinder/Haustiere entlädt. Wuppertal ist eine Arbeiterstadt (wenn denn Arbeit da ist), so sind die Wuppertaler Ärmel aufkrempelnde, ehrliche SPD-wählende Leute, die zupacken können und verbal nicht auf die Schnauze gefallen sind. Wenn sie diese dann blutig aufreißen, verschaffen sie ihrer Unmut schreiend oder grunzend Luft. Aber auch sanfte Töne können ihnen entlockt werden, aufgrund des ansonsten eher harschen Bildes stehen ihnen diese sogar äußerst gut. Alles das ist homogen in „Dead Lights“ implementiert worden. Ebenso wie ihre Stadt sehen BUT WE TRY IT an vielen Stellen wie andere Bands aus, aber an einigen Plätzen strotzen sie nur so mit individuellem Charisma, so dass ein kurzfristiges (bis maximal mittelfristiges) Verweilen versüßt wird.
Woll!
Tracklist:
1. Bloodritual
2. Cruel World
3. The Gift And The Curse
4. City Of Ghosts
5. Everything Falls Apart
6. Remember Me
7. The Great Disaster
8. Embracing Darkness
9. Dead Lights I: The Rising
10. Dead Lights II: The Path To New Hope