Plattenkritik

CALLEJON - Hartgeld im Club

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 04.01.2019
Datum Review: 18.01.2019
Format: CD Vinyl Digital

Tracklist

 

1 Von Party zu Party
2 Schlechtes Vorbild
3 Kids (2 Finger an den Kopf)
4 Palmen aus Plastik
5 Was Du Liebe nennst
6 Willst du
7 Arbeit nervt
8 Urlaub fürs Gehirn
9 So perfekt
10 Bros
11 Ich rolle mit meim Besten
12 Hartgeld im Club
13 Porn from Spain 3

Band Mitglieder

 

Bastian "BastiBasti" Sobtzick – vocals
Bernhard Horn – guitar
Christoph "Kotsche" Koterzina– guitar
Thorsten Becker– bass
Max "Kotze" Kotzmann – drums

CALLEJON - Hartgeld im Club

 

 

CALLEJON eröffnen das noch frische Jahr 2019 lautstark mit ihrem bereits zweiten Cover-Album. Konnte man 2013 mit "Man spricht deutsch" im Grunde jeden zum mitgrölen animieren, der als Heranwachsender in den 90ern und frühen 2000ern mal eine Disko besucht hat, so gestaltet sich die ganze Angelegenheit diesmal vielleicht etwas problematischer. Auf "Hartgeld im Club" schwelgen die Düsseldorfer nämlich keinesfalls in seeliger Bravo-Hits-Nostalgie und nehmen sich stattdessen den deutschsprachigen Hip Hop der letzten zehn Jahre vor.

 

Dass CALLEJON eine gewisse Affinität für das Genre mitbringen ist durch "Porn From Spain 1 & 2" und die damit einhergehenden Kollaborationen mit den Berliner Rappern K.I.Z ja hinreichend bekannt. Selbst recht tolerante Metaller dürften mit der Songauswahl aber relativ wenig bis gar nichts anfangen können, so dass die direkte Zielgruppe hier wohl vor allem die etwas jüngeren Fans sind. Für einen alten Sack wie den Rezensenten, der sich vom deutschen Hip Hop spätestens mit der Aggro-Berlinisierung und Verprollung des Genres kopfschüttelnd abgewandt hat, bedeutet das Verfassen einer Kritik zu "Hartgeld im Club" jedoch erstmal eine Recherche der Vorlagen, die Geduld, Nerven und Sinn für Geschmack teilweise auf eine harte Zerreißprobe gestellt hat.

 

Das Schöne daran ist, dass sich die Cover-Versionen von CALLEJON aus Metaller-Sicht danach fast durchweg wie hundertprozentige Verbesserungen der Vorlagen anhören. Einzig die dumpf stampfende Neue-Deutsche-Härte-Version vom DEICHKINDs "Arbeit nervt" und die leicht angeschlagerte Neueinspielung von CASPERs "So perfekt" wollen nicht recht ans Original heranreichen. Dafür verwandeln Basti und Co. "Palmen aus Plastik" (BONEZ MC & RAF CAMORA) von einer verkifften Prollo-Ode in eine eingängige Modern-Metal-Hymne mit Hitpotenzial und BAUSAs Autotune-Overkill "Was du Liebe nennst" wird zu einer flotten, fast schon punkigen Metalcore-Nummer mit schunkeligem Refrain, der von der Machart Erinnerungen an eine andere Band aus Düsseldorf weckt. Bei "Willst du" (ALLIGATOAH) wird der ohnehin schon vorhandene Mitgrölfaktor nochmal etwas angehoben und die fröhliche Drogensause vom Strand in die große Halle verlegt, während "Von Party zu Party" (SXTN) an den Trancecore der Kollgegen von ESKIMO CALLBOY erinnert. "Urlaub fürs Gehirn" von CALLEJON-Kumpels K.I.Z macht als treibendes Crossover-Brett ebenfalls keine schlechte Figur und erinnert dezent an die vorherigen Kollaborationen der beiden Bands.

 

Natürlich werden die Texte auch nach der Behandlung der Songs durch die umtriebigen Rheinländer für viele ein ziemlicher Streitpunkt bleiben. Das ist aber vermutlich auch genau so gedacht, tanzen die beiden Eigenkompositionen am Ende der Platte doch nicht im Geringsten aus der Reihe und setzen in Sachen Prolligkeit sogar teilweise noch einen drauf. Der Titelsong knüpft als asoziale Moshpit-Granate inklusive rotzigem Feature der Rapperinnen ANTIFUCHS und PILZ direkt an die ersten beiden "Porn-From-Spain"-Teile an. "Porn From Spain 3" kann danach trotz ICE-T und (wie immer) K.I.Z im Gepäck leider nicht ganz mithalten und entpuppt sich als unspektakulärster Teil der Reihe.

 

Fazit: "Hartgeld im Club" wird nicht jedem schmecken, so viel dürfte klar sein. Bewusst ist das wohl besonders CALLEJON selbst, die diesen Umstand aber mit einem schelmischen Grinsen und ausgestrecktem Mittelfinger hinnehmen, ist der Gag doch insgesamt recht gelungen. Für alle CALLEJON-Fans interessant ist allerdings die Tatsache, dass die Jungs das Metal- und Core-Ventil hier wieder ordentlich aufgedreht haben und sich stilistisch irgendwo zwischen "Blitzkreuz" und "Wir sind Angst" platzieren. Spannend bleibt daher die Frage, ob man sich auch mit dem nächsten regulären Langspieler wieder in diese Richtung bewegt oder ob man den düster-poppigen Pfad des zwar mutigen, aber zumindest am Autor dieser Zeilen komplett vorbei komponierten "Fandigo" weiter verfolgt.

 

Autor

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Hans

Autoren Bio

Meine großen Leidenschaften: Literatur und laute Musik. Plattenkritiken liegen nahe.