Ganze fünf Jahre nach "All We Love We Leave Behind" melden sich Käpt'n Ballou und seine tollkühne Crew lautstark mit frischem Material zurück. Die Rede ist selbstverständlich nicht von einem fliegenden Zeichentrickbären, sondern natürlich von CONVERGE, den Königen des Krachs, die auf ihrem neuen Album "The Dusk In Us" erneut ihre unverwechselbar verschrobene Melange aus Hardcore, Noise, Mathcore, Metal und Punk auf den hartgesottenen Hörer loslassen.
Hatte man auf "All We Love..." von Anfang an keine Gefangenen gemacht, so fällt der Einstieg ins neue Album diesmal für CONVERGE-Verhältnisse regelrecht leichtfüßig aus. Angetrieben wird der überraschend melodische Opener "A Single Tear" von Kurt Ballous typisch frickeligem Gitarrenspiel, bevor das Tempo zum Ende etwas rausgenommen wird und der Song in einen satten, von Jacob Bannons wütenden Shouts begleiteten Breakdown mündet. Erinnert leicht an eine melancholische Version von "Dark Horse" (von "Axe To Fall"). Das hektische "Eye Of The Quarrel" huldigt mit hohem Tempo und kernig gekeiftem Chorus den Punk- und Hardcorewurzeln der Band, bevor man mit dem stoisch riffenden Stampfer "Under Duress" sumpfiges Gelände betritt.
Zwar fallen das mit zahlreichen plötzlichen Breaks versehene "Arkhipov Calm" und das noisige "I Can Tell You About Pain" im Vergleich zum Eröffnungstriplett deutlich wüster aus, bis hierhin macht "The Dusk In Us" aber tatsächlich einen vergleichsweise zugänglichen Eindruck. Wir reden hier natürlich immer noch von CONVERGE, nach wie vor gibt es in einzelnen Songs mehr Tempowechsel als bei anderen Bands auf einem ganzen Album und Jake Bannons "Gesang" springt weiterhin zwischen mal gequälten, mal wütenden Schreien und heiseren Shouts umher, das Chaos wirkt aber gezielter eingesetzt und weniger impulsgesteuert. Dadurch wirkt das Album insgesamt etwas zugänglicher und die Momente, die Menschen mit eher konservativen Hörgewohnheiten nur als Krach bezeichnen können, halten sich in übersichtlichen Grenzen. Dieser Eindruck bestätigt sich auch im weiteren Verlauf des Albums.
Ein Highlight der Platte ist sicherlich das Titelstück, denn hier beschreiten CONVERGE zum Teil ungewohnte Pfade. Wo die Instrumentierung weitestgehend minimalistisch ausfällt, wird die düstere Atmosphäre umso dicker aufgetragen und wirkt regelrecht greifbar. Anfangs nur von der Gitarre begleitet führt Bannon mit überraschend warmem Gesang durch eine Nummer, die fast als verträumter Shoegaze durchgehen könnte, wäre da nicht trotzdem dieses unterschwellige Gefühl der Bedrohung, das sich gegen Ende zwischen mächtigen Riffwänden und heiseren Schreien entlädt. Und wenn Bannon im Refrain "There's monsters among us" singt, dann glaubt man ihm das sofort. Schaurig, emotional, unglaublich intensiv und einfach genial.
Mit "Wildlife" gibt es dann wieder flottes Futter für den Pit, während "Murk & Marro" und "Trigger" schon fast lässig vor sich hin grooven, von dissonanten Wutausbrüchen natürlich abgesehen. Bei den rasanten Prügelorgien "Broken By Light" und "Cannibals" pack Kurt Ballou jeweils gegen Ende fetteste Thrashriffs à la SLAYER aus und es entsteht der Eindruck, dass die zusammen weniger als drei Minuten dauernden Nummern als Doppelpack gedacht sind. "Thousands Of Miles Between Us" begibt sich dann noch mal in melancholisch wabernde Alternativegefilde, bevor "Reptilian" das Album mit wütenden Shouts, enorm drückendem Groove und erneut brachialer Thrashkante beendet.
Was soll man sagen, CONVERGE haben wieder ordentlich abgeliefert und mit "The Dusk In Us" ein Album kreiert, das die gesamte Gefühlspalette zwischen Verzweiflung und Melancholie, unbändiger Wut, aber auch Hoffnung und Euphorie abdeckt. Die Musik ist wie immer auf hohem technischem Niveau, aber nie verkopft und stets roh und brutal vorgetragen. Insgesamt gestaltet sich "The Dusk In Us" zugänglicher als manch andere Scheibe der Bostoner, Easy Listening ist das natürlich trotzdem nicht. Wer aber bisher keinen Zugang zur Musik von CONVERGE gefunden hat, der könnte es jetzt noch mal versuchen. Fans müssen beim Kauf ohnehin nicht lange überlegen.