CALIBAN dürften sich mittlerweile längst ihrer Stellung in der deutschen Metalcore-Szene bewusst sein. Sie müssten es gewohnt sein, mit jedem Album aufs Neue zu polarisieren. Der Zug um ernst genommen zu werden ist ja eh seit der „Shadow Hearts“ abgefahren, und so stört sich der stereotypische Szenegänger an einem neuen CALIBAN-Album schon aus Prinzip – und das auch, wenn zwischendurch mal ein richtig gutes Album wie „The Awakening“ noch zu Tage gebracht wird. Jedenfalls ist ihre neue EP „Coverfield“ fast schon so etwas wie eine Provokation, oder zumindest ein bewusstes Spiel mit den teils doch recht lächerlichen Reaktionen auf diese Band in den letzten Jahren. Schließlich sind alle vier „geehrten“ Bands auf der EP Legenden im Musikgeschäft, oder zumindest ganz große Tiere – oder (wie im Falle RAMMSTEIN) nicht weniger polarisierend. Und vor allem sind es – wie im Beispiel „Helter Skelter“ – völlig neue Interpretationen klassischer Songs, die beim Ziehen durch den CALIBAN-Kakao beinahe trashig anmuten. CALIBAN schießen sich damit also auch in gewisser Weise selbst ins Aus, sodass sie es spätestens jetzt selbst Schuld sind, wenn man sie nicht mehr ernst nimmt.
So ist schon das Cover des alten RAMMSTEIN-Gassenhauers „Sonne“ wie geschaffen für die nächste Bad-Taste-Party. Die Mischung aus Andreas Dörners typischen Scream- und Shout-Einlagen und Gesangs- und Keyboard-Samples, die aufgrund ihrer Ähnlichkeit wie direkt aus dem Original-Songs importiert wirken (und es wahrscheinlich auch sind) sind vielleicht im Proberaum mal ganz lustig, oder höchstens für eine einmalige Live-Einlage. Auf Platte wirken CALIBAN damit hingegen eher albern. Ähnlich verhält es sich mit dem TYPE-O-NEGATIVE-Cover zu „My Girlfriend’s Girlfriend“, für das sich Peter Steele sicher im Grab drehen würde, würde er diese „Interpretation“ seines Songs hören müssen. Generell wirken CALIBAN mit ihren Coverversionen überhaupt nicht so, als meinten sie all das Bitterernst. Vielleicht ist man auch damit falsch beraten, diese EP so stark auf die Goldwaage zu legen.
Etwas versöhnlicher wirkt die Band hingegen mit „Blinded By Fear“, weil die Band für dieses AT-THE-GATES-Cover nicht viel am alten Sound rumschrauben musste. Vielleicht kann man CALIBAN immerhin hier etwas Ernsthaftigkeit zusprechen: Nämlich für eine Verbeugung vor den (Mit-)Schaffern ihres Sounds. Das abschließende BEATLES-Cover zu „Helter Skelter“ wirkt ebenfalls weniger trashig als man zunächst vermuten könnte. Zwar bleibt das Original unerreicht, jedoch kann man sich durchaus eingestehen dass CALIBANs-Version mit ihren Spoken-Word-Einlagen und Metal-Gitarren ihren ganz eigenen Reiz hat.
So bleibt mit „Coverfield“ vor allem ein gemischter Eindruck und die Frage, wie man das alles nun wirklich aufnehmen soll. Aber mit diesem Maß an angerichteter Verstreuung haben CALIBAN wohl genau ihr Ziel erreicht – und dazu mit einem kleinen Augenzwinkern eine nette Antwort auf all die vorangegangenen Reaktionen der Szene gegeben. Genauso gut kann man „Coverfield“ aber auch einfach als eine knappe Ansammlung größtenteils eher durchwachsener Cover ansehen, die für mehr als den einmaligen „Witz" kaum etwas taugt.
Tracklist:
1. My Girlfriend’s Girlfriend (Type O Negative Cover)
2. Sonne (Rammstein Cover)
3. Blinded By Fear (At The Gates Cover)
4. Helter Skelter (The Beatles Cover)