Wenn man möchte, könnte man CALIBAN mit dem Triumvirat „I Nemesis“, „Ghost Empire“ und nun „Gravity“ attestieren, (endlich) ihren eigenen Sound gefunden haben: Brachialer Gitarrensound, Schrei-Gesang an der Front und antreibendes, druckvolles Schlagzeug im Hintergrund.
Wobei wir damit schon beim ersten Problem von „Gravity“ angekommen wären, dem Soundbild. In diesem gibt es quasi keine Vorne und Hinten, der Hintergrund ist fast genauso laut wie die restlichen Instrumente. Das mag dem Werk ordentlich Schmackes geben, auf Dauer wirkt diese Herangehensweise aber furchtbar anstrengend.
Dazu kommt dass das Riffing der Band teilweise unter dieser Produktion leidet, die oft dominanten, aggressiven Shred-Passagen dadurch vollkommen in die Beliebigkeit abgleiten.
Des weiteren mögen viele Lieder CALIBANs zwar „funktionieren“, betrachtet man die Möglichkeiten, die eine Band mit dieser Erfahrung mittlerweile im Repertoire haben sollte, wirkt alles wie Malen nach Zahlen. Brutale Strophen werden noch immer viel zu häufig durch melodische Refrains gebrochen („Paralyzed“ sei als langweiliges Negativbeispiel genannt, am besten funktioniert das Ganze dank starker Gesangsharmonien noch in „Inferno“ oder „Walk Alone“). Mit dieser Formel konnte man 2006 vielleicht noch überraschen, heute lockt sie nur noch wenig hinter dem Ofen hervor.
Als kleine, angenehme Überraschungen kann man das balladesk anmutende, melancholische „brOKen“ und das mit weiblichem Gesang versehene „The Ocean’s Heart“ nennen. Hier weicht man glücklicherweise etwas vom Baukastenprinzip ab.
Der fast schon obligatorische deutsche Track darf mit „Mein schwarzes Herz“ natürlich auch nicht fehlen. Noch mehr als in den fremdsprachigen Nummern fällt hier die „Reim-dich-oder-ich-fress-dich“-Devise negativ auf. Auch stellt man sich die Frage, warum CALIBAN davon immer nur genau eine Nummer unterbringen – Ein gesamtes Album in Muttersprache wäre durchaus mal interessant.
Positiv zu werten ist der finstere Vibe, den die Essener über die gesamte Spielzeit aufrecht halten und der durch die melodischen Einschübe, als Quasi-Lichtblicke, angenehm aufgehellt wird. Dies funktioniert gut und verleiht „Gravity“ eine dunkle, aber nicht hoffnungslose, Atmosphäre.
Festzuhalten bleibt am Ende, dass CALIBAN auf „Gravity“ auf der Stelle verweilen. In Sachen Songwriting herrscht seit Jahren Stagnation. Live mögen viele Songs sicher wohlwollend aufgenommen werden, auf Platte wirkt das Schaffen der fünf Musiker anno 2016 arg altbacken und vorhersehbar.
Man weiß mittlerweile einfach schon vorher was man von CALIBAN erwarten kann und was nicht, wirklich schade!